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46 Paare zogen im Drömling 91 Jungvögel groß/Wetter führte zu Totalausfällen in Breitenrode und Oebisfelde Störche behaupten sich gegen Kälte im Frühjahr

Von Siegmar Riedel 05.08.2013, 03:26

Allen Befürchtungen zum Trotz: 2013 wird als ein mit Blick auf die Wettersituation gutes Storchenjahr in die Statistik eingehen. Darüber informierte Wolfgang Sender von der Naturparkverwaltung Drömling. Kälte und Regen hatten den Adebaren im Frühjahr zu schaffen gemacht.

Oebisfelde l Der Bestand an Störchen im Drömling hat sich den Umständen entsprechend gut entwickelt. Dieses Fazit zog Wolfgang Sender von der Naturparkverwaltung angesichts der in diesem Jahr aufgezogenen Jungvögel. Der Storchenexperte ist darüber sehr erfreut, denn wegen der im Frühjahr anhaltenden Kälte und wegen des vielen Regens war dieses gute Ergebnis keinesfalls zu erwarten gewesen. Im Gegenteil. "In anderen Landesteilen, beispielsweise in der Milde-Niederung, kam es wegen des Wetters zu starken Einbrüchen bei der Aufzucht der Jungstörche, teilweise bis zu 50 Prozent", berichtete Wolfgang Sender.

Im Drömling konnten sich die insgesamt 46 Storchenpaare gegen das schlechte Wetter behaupten. 91 junge Adebare sind aufgezogen worden. "Für die Umstände ist das noch ein sehr gutes Ergebnis", resümierte Sender. 2012, das zu den fünf besten Storchenjahren seit Beginn der Zählungen gehört, waren es nur 9 Junge mehr.

Allerdings musste Wolfgang Sender dennoch empfindliche Einschränkungen feststellen. "12 Paare blieben ganz ohne Nachwuchs", bedauerte der Naturparkmitarbeiter und erklärte: "Das waren Westzieher, also Vögel, die über die westliche Route in ihr Winterquartier in Spanien fliegen." Weil die Strecke kürzer ist als die der Ostzieher, die bis nach Afrika fliegen, kamen sie sehr früh wieder im Drömling an und begannen auch früher mit dem Brüten. "Doch Ende Mai/Anfang Juni war das Wetter sehr kalt und nass", erinnerte Wolfgang Sender. Die Folge: "Die Störche konnten ihre Jungen nicht ausreichend wärmen." Einige Jungstörche starben. In Breitenrode, Oebisfelde und Elsebeck (bei Calvörde) kam es sogar zu Totalausfällen. Auf Horsten in Jahrstedt, Dannefeld und Köckte, wo die Störche normalerweise mit vielen Jungvögeln glänzen, wuchs in diesem Jahr jeweils nur ein kleiner Adebar auf.

"Angesichts dieser empfindlichen Ausfälle waren die anderen Störche bei der Aufzucht doch sehr fleißig", fasste Wolfgang Sender zusammen. "Wäre das schlechte Wetter im Frühjahr nicht gewesen, hätten wir 2013 wahrscheinlich wieder ein Rekordjahr bekommen."

Als positiv wertete "Storchenvater" Sender auch, dass es bisher kaum verletzte Störche gab und ihm keine Jungvögel zur Pflege gebracht worden sind. "Das ist ein Zeichen dafür, dass die Störche mit dem schlechten Wetter doch noch ganz gut klargekommen sind", sagte Sender. So hätten sechs Paare je vier Junge aufgezogen und 13 Paare jeweils 3 Jungstörche.

Erste Ergebnisse liegen auch für ein im vergangenen Jahr begonnenes Forschungsprojekt vor. Dafür sind zu Beginn 13 Störche mit Sendern bestückt worden, dieses Jahr noch einmal weitere 8 Jungstörche. Sie liefern Daten per Satellit über die Zugwege der Störche, wo sie sich aufhalten, Fressplätze und anderes mehr.

"Von den Störchen mit einem Sender sind drei sogenannte Westzieher. Sie beziehen ihre Winterquartiere in der Nähe von Madrid", nannte Wolfgang Sender erste Ergebnisse des Forschungsprojekts. Die anderen Störche mit Sender fliegen über die Ostroute nach Zentralafrika und verbringen den Winter im Tschad. Ein besenderter Storch aus dem Drömling ist inzwischen tot in Ägypten gefunden worden, ein anderer Drömlingsstorch ist offenbar in die Region Brandenburg umgezogen.

Das vom Max-Planck-Institut für Verhaltensforschung in Potsdam initiierte Forschungsprojekt läuft noch mehrere Jahre. Die Ziele sind sehr komplex. Die gewonnenen Daten sollen klären, wo die Störche genau überwintern, welche Wege sie nehmen und anderes. Im Ergebnis sollen Schutzmaßnahmen ergriffen werden, überall, wo sich die Störche aufhalten, und nicht nur in Deutschland.

Bei diesem Projekt gebührt dem Drömling übrigens eine Sonderstellung, weil hier Ost- und Westzieher unter den Störchen aufeinandertreffen und sogar Paare bilden. "Das wirft interessante Fragen auf", verdeutlichte Sender und nannte Beispiele: "Welchen Weg nehmen die Jungen von Ost- und Westziehern in ihr Winterquartier? Ist das genetisch vorbestimmt?" Mit Hilfe der Sender soll auch die Sterblichkeit der Störche ermittelt werden. "Denn ihren ersten Geburtstag schaffen nicht viele Störche, da es große Verluste auf dem Flug in den Süden gibt", erläuterte Wolfgang Sender.

Einige Störche sind mit einem preiswerteren Datenlogger ausgestattet worden. Bei diesen Geräten müssen die Daten, im Gegensatz zu einem teuren Sender, der die Daten per Satellit übermittelt, mit Antenne und Laptop in der Nähe des Vogels ausgelesen werden. Die Daten haben gezeigt, dass die Störche wegen der Trockenheit weite Wege in Kauf nehmen müssen, um an Futter zu kommen. Begonnen wurde, Horste von Störchen mit Datenloggern mit Kameras auszustatten.