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Altmärker Orgelbauer begutachtet Instrument in der Schlosskirche 300-jährige Herbst-Orgel soll wieder erklingen

28.05.2011, 04:27

Seit Jahren schon bemüht sich der Förderkreis Schlosskirche Erxleben um die wertvollen Kulturgüter im Gotteshaus. In diesem Jahr ist es Ziel, die seltene Herbst-Orgel wieder zum Klingen zu bringen. Mit Jörg Dutschke hat ein Fachmann die Bestandsaufnahme des Zustandes des königlichen Instrumentes begonnen.

Erxleben (cbo). Neben vielen anderen Kunstwerken birgt die Erxleber Schlosskirche noch einen ganz besonderen Schatz: die über 300 Jahre alte Barockorgel von Heinrich Herbst d. Ä.

Die Familie Herbst war im 17. und 18. Jahrhundert in drei Generationen eine erfolgreiche anerkannte Orgelbauerfamilie im mitteldeutschen und norddeutschen Raum. Von ihrem Wirken gibt es heute nur noch zwei erhaltene und sanierte Instrumente: die Orgel in Basedow/Mecklenburg und die Schlossorgel in Lahm/Bayern. Der Magdeburger Musikwissenschaftler Dr. Wolf Hobohm erforscht die Geschichte der Orgelbauerfamilie Herbst seit langem genauer.

Über die repräsentative Brüstungsorgel mit einem Prospekt von Thomas Wilhelmi d.J. von 1710 in Erxleben existieren leider keine Orgelakten. Sie sind höchstwahrscheinlich mit dem Archiv von Schloss I untergegangen.

Nur wenige Belege für den Orgelbau konnten in den Gutsakten von Schloss II im Landesarchiv von Sachsen-Anhalt in Wernigerode gefunden werden, sogar eine datierte Originalrechnung vom 24. April 1710. Eine Bestandsaufnahme vom Ist-Zutand ist sehr wichtig, denn im 19. und 20. Jahrhundert wurden durch Reparaturen auch Veränderungen vorgenommen. Dann wurde die Orgel 1945 stark beschädigt und ist seit der Zeit nicht mehr spielbar.

Der Förderkreis ist froh darüber, dass der Salzwedeler Orgelbaumeister Jörg Dutschke die Bestandsaufnahme am 3. Mai beginnen konnte. Fachkundig und erfahren hatte er bereits bei der bedeutenden Harbker Orgel und der in St. Marien in Stendal entsprechende Untersuchungen durchgeführt. Im letzten Jahr sanierte er die Orgeln in der Magdeburger Ambrosiuskirche und in der Ottersleber Kirche, zuletzt die Orgel in St. Marien zu Haldensleben.

Bei einer Bestandsaufnahme sind Gründlichkeit und Genauigkeit wichtig, genauso wie Kenntnisse über historische Orgeln und die Eigenheiten der jeweiligen Orgelbauer. "Für die Herbst-Orgel sind auch Vergleiche mit noch existierenden Instrumenten oder Fragmenten sehr wichtig, um Antworten auf die vielen Fragen zu finden", berichtet Hildegard Bernick, Vorstandsmitglied des Förderkreises der Schlosskirche. Es gibt in den Archivunterlagen (Hausbuch von 1682) den Hinweis auf eine frühere Orgel von 1664/66, der um 1677 noch ein weiteres Stimmwerk hinzugefügt wurde.

"Ob Herbst Teile davon mit eingebaut hat, ist schwer zu beantworten. Die dendrochronologischen Untersuchungen der Holzteile könnten Aufschluss über vieles geben", meint Hildegard Bernick. Ohne dem Ergebnis der Bestandsaufnahme vorgreifen zu wollen, bekräftigte Jörg Dutschke, dass der Grundbau (Hauptwerk, Pedal, Windladen usw.) aus einem Guss konstruiert und gebaut wurde, das heißt im Original von Heinrich Herbst stammt.

Bei dieser Bestandsaufnahme wird auch der hölzerne Prospekt begutachtet, der ebenso wie das gesamte Orgelwerk dringend restauriert werden muss.

Die Arbeit des Altmärker Orgelbaumeisters legt die Grundlage für den Sanierungsplan dieser bedeutenden Barockorgel, der dann mit Orgelwissenschaftlern, Orgelbauern und Denkmalschützern beraten werden muss.

"Um dieses Orgelprojekt zu realisieren, ist die Unterstützung von kirchlicher und staatlicher Seite notwendig, dazu bedarf es aber auch vieler Sponsoren und Helfer, damit die Herbst-Orgel wieder erklingen kann", bittet Hildegard Bernick um Unterstützungen für das ehrgeizige Sanierungsprojekt ihres Förderkreises.