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Nabu-Mitglieder waren acht Wochen auf der Havel unterwegs / Buch erscheint zur Buga Floßtour endet in Havelberg

"Das blaue Band der Havel" lautet das Motto der Bundesgartenschau. Die
Havel als Fluss erkundeten jetzt Mitglieder des Naturschutzbundes Nabu -
und zwar auf einem Floß. Heute ist Endstation in Havelberg.

21.06.2014, 01:16

Havelberg/Strodehne l "Es war ein Eldorado der Artenvielfalt, unser Team entdeckte allein über 100 Vogelarten", schwärmte Organisatorin Jasmin Singgih vom Nabu-Bundesvorstand von der 370 Kilometer langen Fahrt. Acht Wochen war das Floß unterwegs, eingesetzt wurde am 28. April im Labussee bei Weseberg. Jede Woche war Besatzungswechsel, immer vier Naturfreunde waren an Bord, insgesamt waren es 34. Bewerben konnten sich im Vorfeld auch alle Nabu-Mitglieder, es gab 200 Kandidaten.

"Wir wollten zeigen, wie wichtig lebendige Flüsse als Lebensräume für Tiere und Pflanzen sowie die Menschen sind", sagte Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller beim großen Finale bei Fischermeister Wolfgang Schröder auf dem Gahlberg in Strodehne. Die Havel sei ein gutes Beispiel dafür, was möglich ist, wenn Bund und Länder unter der Federführung eines Umweltverbandes ein Naturschutzgroßprojekt umsetzen. Damit gibt es ein Modell, das Vorbild für andere Flussprojekte sein kann und internationale Bedeutung hat.

Die Besatzungen zählten nicht nur die Vogelarten - sogar der seltene Kampfläufer sowie kurz vor Schollene eine Bekassine wurden gesichtet -, sondern führten auch ausführliche Gespräche mit den Bewohnern am Fluss. Dabei wurden regionale Rezepte und Ausflugstipps gesammelt, alle Entdeckungen rund um die Havel sollen zur Buga in einem Buch gebündelt herausgegeben werden. "Nur was der Mensch kennt, wird er auch schützen und bewahren", so die Motivation von Jasmin Singgih.

Der Name "Havelberry-Finn-Tour" für das Projekt war eine Wortspiel-Hommage an Mark Twains "Huckleberry Finn". Dieser sagte einst: "Menschen mit einer neuen Idee gelten so lange als Spinner, bis sich die Sache durchgesetzt hat."

Auch Rocco Buchta, geistiger Vater der Havelrenaturierung - und Mark-Twain-Fan - musste lange dicke Bretter bohren, bis das Naturschutzgroßprojekt in trockenen Tüchern war. Mitte der 1980er Jahre hatte er erste Ideen dazu, 1997 folgte sein erstes Konzept, 2005 stand dann der Pflege- und Entwicklungsplan, den die Kreistage in Rathenow und Stendal bestätigten. Ihre Zustimmung mussten im Vorfeld immerhin 127 Körperschaften geben, 126 sagten Ja, das Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA)reichte seine Zustimmung nach einer Absprache nach.

Derzeit laufen etliche Planfeststellungverfahren, das Land Sachsen-Anhalt verzichtete bei einigen Vorhaben sogar darauf, lobte Rocco Buchta. Somit war der Landkreis zuständig, der nur acht Wochen zur Bearbeitung benötigte. Nächste Woche werden die Baugenehmigungen für die Komplexe 3 und 4 erwartet: Das sind die Bereiche zwischen dem Gülper See und Schollene sowie um Kuhlhausen.

Im Juli wird bei Vehlgast ein Auwald begründet

Im Juli sollen zudem erste Auenwaldbegründungen nahe Vehlgast erfolgen. Rocco Buchta hatte bei den Vorbereitungen erfahren müssen, dass viele Bäume an der Havel Bastarde sind, die sich nicht selbst vermehren können. Für die Neuanpflanzungen sind nunmehr "zertifizierte Mutterbestände" vonnöten. In Vehlgast wird zudem einer der ersten Altarme wieder an den Fluss angeschlossen, das Geld dazu kommt komplett vom Land Sachsen-Anhalt.

In Havelberg war vor einigen Jahren ein 100 Meter langes Stück Deckwerk am Ufer abgetragen worden. Das Areal stand seitdem unter Beobachtung des WSA. "Es ist alles genau so gelaufen, wie wir zuvor berechnet hatten", erklärte Rocco Buchta - hydraulische Modellierungen sind schließlich sein Fachgebiet.

Er hatte in der Planungsphase lernen müssen, dass man in einer gewachsenen Kulturlandschaft Kompromisse eingehen muss. Viele Gespräche und Veranstaltungen in den Kommunen waren vonnöten, um Vertrauen bei den Anrainern aufzubauen. "Ich verspreche, dass wir als Naturschutzbund bis zum Ende seriös an diesem Projekt arbeiten werden", schloss der Projektleiter seinen Vortrag.

Die Energie auf dem Floß wurde umweltfreundlich solar erzeugt. Nötig war sie für den Laptop, mit dem im Internet Tagebuch geführt wurde, das (B)Logbuch wurde über 10000 Male angeklickt. Zu Gast in Zehdenick war Tatort-Kommissar Mario Kopper alias Andreas Hoppe, der mit Blick auf den "Neubürger" Wolf das Märchen vom Rotkäppchen vorlas.

Beim Büfett in Strodehne wurden auch einige der regionalen Spezialitäten aufgetischt. Wie zwei Torten aus Ribbeck - natürlich mit Birnen.

www.havelberry-finn-tour.de