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Schollener Heimatverein organisiert einen informativen Nachmittag rund um die Pelose, die aus dem See gefördert wird Pelosetag: Heilschlamm ist ein Wunder der Natur

Von Anke Schleusner-Reinfeldt 14.07.2014, 03:38

Weit mehr als nur nutzloser Modder ist der Schlamm des Schollener Sees. Wie wertvoll der Heilschlamm bei der Behandlung von sämtlichen entzündlichen Erkrankungen ist, erfuhren am Sonnabend die Besucher des Pelosetages.

Schollene l Als "Geschenk der Natur" oder gar "Wundermittel" wird die Pelose bezeichnet. Die Schollener schwören auf die Kraft ihrer Pelose, von der Physiotherapeuten und Ärzte in ganz Deutschland und auch Frankreich überzeugt sind und sie bei der Behandlung von allen entzündlichen Erkrankungen einsetzen. Und das schon seit vielen Jahren. Denn in den 20- er Jahren entdeckte der ortsansässige Arzt Dr. Michaelis die heilsame Wirkung. Er stellte wissenschaftliche Untersuchungen an. Die Zusammensetzung des Schlamms öffnet die Zellen und Kapillaren (kleinste Blutgefäße), fördert die Durchblutung und regt den Stoffwechsel an. Wann die Pelose warm oder kalt angewendet wird, erklärten die Physiotherapeuten Sophie Eisermann von der örtlichen Praxis Ritter sowie Diana Peuker. Man kann für eine schnelle, saubere Anwendung Kompressen nutzen, "aber am besten ist die Wirkung, wenn der Heilschlamm direkt auf die Haut aufgetragen wird".

Entsprechend der Wünsche ihrer Abnehmer wird die Pelose auch verpackt. Das berichtete Karl-Heinz Repp den zahlreichen Teilnehmern der Führung durch den Betrieb zum Auftakt des Pelosetages. Gefördert wird der Schlamm wie eh und je: Einst war es Fischer Seelow, der mit dem Kahn raus auf den See fuhr und die Pelose an Land brachte. Vor allem in Berlin fand sie guten Absatz. Weil die Nachfrage stieg, musste eine professionelle Förderung her - der Pelose-Betrieb entstand. Einer, der hier einst Ende der 60-er Jahre arbeitete, ist Dietmar Beese aus Molkenberg. Er erzählt, dass die Arbeit körperlich sehr schwer war. Abgepackt wurde die Pelose überwiegend in großen Holzfässern.

Natur pur: Schlamm wird nur gesiebt und verpackt

Heute erleichtert Technik die Arbeit. Dennoch erfolgt die Förderung ganz simpel, wie Karl-Heinz Repp berichtet. Mit dem Motorboot und zwei Kähnen voller Behälter geht es raus auf den See zur Förderstation (ein Floß), die derzeit unterhalb des Gütschow liegt. Hier wird zweimal an einer Stelle - in sechs und in acht Metern Tiefe - gestochen und der Schlamm nach oben geholt. Mit den vollen Behältern geht es zurück zum Betrieb. Ein Gabelstapler bringt die Behälter zum großen Sieb. Und das ist auch schon das Einzige, was mit dem Schlamm gemacht wird. "Zusatzstoffe gibt es nicht, es handelt sich um ein reines Naturprodukt", erklärt Karl-Heinz Repp. Er ist seit 1999 Vorarbeiter, ist inzwischen in Rente, aber arbeitet noch ein paar Stunden im Betrieb. Derzeit gibt es sechs Angestellte.

Im vergangenen Sommer, als die Flut das benachbarte Elbe-Havel-Land bedeckte, lösten sich vom Ufer des Sees große Landstücke. Das ist auch früher schon passiert. Diese schwimmenden Inseln veränderten den See, sie hatten sich auch vor die Zufahrt zum Betriebsgelände geschoben. Ein Schwimmpanzer machte zumindest eine schmale Zufahrt wieder frei. Nach einer Woche konnte die Förderung weitergehen.

Auch für Fischer Michael Ebel hatte die Verlagerung der schwimmenden Inseln Folgen. Er kann seitdem nicht mehr durch den Seestrang auf den See fahren, sondern macht sein Boot nun am Pelose-Betrieb fest. Zu fischen gibt es genug, auch wenn der See nur sehr flach ist. Er freut sich, dass es in diesem Jahr wieder mehr Möwen gibt, die auf einer schwimmenden Insel brüten. Nesträuber wie der Mink haben die einst große Kolonie zerstört.

Von der einzigartigen Natur des Schollener Sees berichtete Bürgermeister Armin Wernicke, der im Biosphärenreservat Ferchels arbeitet und mit den Gegebenheiten bestens vertraut ist. Alte Bilder, ausgehängt an der Halle, erinnerten an den Beginn der Pelose-Förderung.

Wer bei der Führung und dem Vortrag gut aufgepasst hatte, dem fiel die Lösung des Quiz etwas leichter. Wie tief und wie groß der See ist und welchen Spitznamen er trägt, wie alt der Heilschlamm ist, welcher Konzern in den 30er Jahren die medizinische Wirkung untersuchte oder welche Algen hauptsächlich im See wachsen waren einige der 23 anspruchsvollen Fragen. Mit lediglich einem Fehler waren Armin Wernicke und Ronald Koch die Sieger. Als Preis haben sie eine Schlammpackung gewonnen. Bei den Kindern gewann Leandro Berger, der fünf Fehler gemacht hatte.

Apropos Kinder: Ihnen wurde beim Pelosetag einges geboten: Büchsenwerfen, Gokart-Fahren, Basteln mit Naturmaterial an der Station des Biosphärenreservats - alles machte ihnen Spaß. Eher weniger Gebrauch machten sie von dem Angebot, in den mit Schlamm gefüllten Wannen so richtig zu moddern. Dafür stampfen die Erwachsenen etwas später durch den Schlamm

Im Angebot: Kuchen, Kräuter, Cremes und Salben

Die Erwachsenen genossen den Tag, ließen sich Kuchen schmecken und probierten die Angebote der Kräuterfeen Karin Wesche und Viola Wartke, die Liköre, Öle und Salben aus Kräutern zubereitet haben. Testen konnte man auch die ebenfalls aus Kräutern hergestellten Cremes und Seifen von Carmen Marks aus Klietz.

Wer all das organisiert hat? Der Schollener Heimatverein. Die rührigen Mitglieder um den Vorsitzenden Fred Bebenroth hatten den Tag lange vorbereitet, waren beim Betrieb und den Physiotherapeuten auf offene Ohren gestoßen. Jugendklub und Biosphärenreservat halfen ebenfalls mit.

Die Besucher, mit wertvollen Informationen ausgestattet und das Wissen um die heilsame Wirkung des Schlamms aufgefrischt, nahmen so manche Pelose-Packung mit nach Hause. Es wurde in Erinnerung gerufen, welchen Schatz der Schollener See birgt...