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Quempas-Aufführung in diesem Jahr vom Pfarrerpaar vorbereitet / Ernst Busse mit Präsent verabschiedet Sandauer halten uralte Tradition am Leben

Von Ingo Freihorst 27.12.2014, 02:14

Seit Jahrhunderten halten die Sandauer eine Tradition am Leben: den Quempas. Erste Quellen berichten darüber im 15. Jahrhundert - womöglich ist der lateinische Wechselgesang aber noch älter.

Sandau l "Quem pastores laudavere" - mit diesen lateinischen Worten beginnt die erste Strophe des Quempas, deren erste sieben Buchstaben dem Ganzen den Namen verschafften. Deutsch heißt dies "den die Hirten lobeten sehre". Einst sangen ein Knaben- und drei Mädchenchöre, wobei die Jungen vorm Stimmbruch bei den Mädchen mitsangen - erst danach durften sie mit auf die hölzerne Empore. Hier stehen heute die Männer, vorm Altar singen Frauen und Kinder, in der ersten Bankreihe singen die älteren Frauen.

In diesem Jahr war es auf der Empore rappelvoll, an der Orgel saß wie schon in den Vorjahren Sebastian Schulz. Erstmals hatte das Pfarrerpaar Catharina und Hartwig Janus in diesem Jahr die organisatorischen Fäden in der Hand. Ernst Busse, der das Amt seit 43 Jahren ausübte, hatte sich zurückgezogen - er ist immerhin auch schon 82 Jahre alt. Nach dem Quempas wurde er vom Pfarrer mit einem Präsent verabschiedet - dieser überreichte ein Buch über Kirchenchoräle mitsamt CD.

Viele ehemalige Sandauer lassen es sich nicht nehmen, extra wegen des Quempas in ihre alte Heimatstadt zu reisen und in den Chören mitzusingen - allerdings fehlen sie bei den Proben, was bei der Aufführung für geschulte Ohren manchmal zu hören ist. Doch was soll`s - schließlich ist es ein Laiengesang, übrigens der einzige Quempas im Norden des Bundeslandes. In der benachbarten Prignitz wird der Quempas in Perleberg und Klein Gottschow gesungen - allerdings erst am 1. sowie am 2. Weihnachtsfeiertag.

Fliegergefahr zwang zur Verlegung auf Heiligabend

Ursprünglich hatte auch die Sandauer Aufführung am 1.Weihnachtsfeiertag früh um 6 Uhr stattgefunden. Im Anschluss folgte die Bescherung, denn während des Quempas brachte der Weihnachtsmann die Geschenke - so erzählten die Eltern es ihren Kindern. Der 2. Weltkrieg zwang zur Terminverschiebung: Weil die Kirchenfenster zur morgendlichen Aufführung wegen der Fliegergefahr hätten verdunkelt werden müssen - was damals mangels Materials undurchführbar war -, wichen die Sandauer auf den Heiligen Abend aus.

Mit in Sandau waren auch Gäste aus der evangelischen Partnergemeinde in Hamburg-Neugraben, die einstige Sandauerin Ursula Dasse war mit ihrer Tochter im Wohnmobil angereist. Weiter ging ihre Fahrt nach Schönhausen - der dortige Pfarrer Ralf Euker stammt aus der norddeutschen Gemeinde. Ursula Dasse sorgt übrigens seit Beginn des Turmbaus für einen steten und hohen Spendenfluss nach Sandau - in der einige tausend Mitglieder starken Gemeinde werden dafür Basare organisiert.

In Sandau predigte Pfarrer Hartwig Janus nach dem Quempas aus aktuellem Anlass gegen Fremdenfeindlichkeit und die damit verbundene Pegida-Bewegung. Nicht nur in der Weihnachtszeit soll schließlich Frieden auf Erden herrschen.