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Havelberger Sechstklässler probten mit Domkantor Mike Nych den Wechselgesang Nach 200 Jahren wieder Quempas-Gesang im Dom

Von Ingo Freihorst 23.12.2011, 05:22

In den Tagen vor den Ferien absolvierten die drei 6. Klassen der Havelberger Sekundarschule "Am Weinberg" ein dreitägiges Weihnachtsprojekt. Es wurde allerhand gebacken, gebastelt, aber auch gewichtelt.

Havelberg l Als Höhepunkt standen ein Besuch im Dom und im Prignitz-Museum auf der Tagesordnung. Klassenlehrerin Ute Seemann hatte das organisiert. Im Mittelpunkt stand zu dieser Jahreszeit natürlich der Quempas. Das ist eine alte Tradition, die heute in der Region nur noch in Sandau und Perleberg fortgeführt wird.

Museologin Antje Reichel informierte die Schüler darüber, dass der Domherr und -dekan Matthäus Ludecus besonderen Anteil am Erhalt dieser Tradition hatte. Denn 1589 schrieb er zwei Bücher über die Lithurgie am Havelberger Dom - über das Missale, das Vesperale und das Matutinale. Im Missale enthalten war auch der Text des Quempas, ein Wechselgesang mehrerer Chöre, der auf lateinisch und deutsch gesungen wird. Der Beginn "Quem pastores laudavere" (den die Hirten lobten) gab dem frühneuzeitlichen Werk - einer Zusammenstellung zweier Weihnachtslieder - seinen Namen. Antje Reichel nimmt an, dass der Quempas einst auch im Dom aufgeführt wurde. Doch König Friedrich II., der "alte Fritz", hatte im 18. Jahrhundert die Aufführung lateinischer Gesänge verboten. Die Havelberger hielten sich daran, die Sandauer wohl nicht.

Zusammen mit Museologin Sabine Ball bastelten die Schüler Quempas-Kerzen. Auch wurden sie über die Gregorianik und mittelalterliche Noten informiert. Sogar das alte Messbuch von Mathäus Ludecus wurde den Kindern gezeigt.

Anschließend ging es in den Dom, wo Kantor Mike Nych mit den Kindern die erste Strophe des Quempas probte. Dabei fiel auf, dass die Sechstklässler für diese Quempasaufführung wohl noch etwas zu jung waren, denn viele nahmen die Sache kaum ernst.

Die Aufführung durch vier Chöre fand dann im Chorraum hinter dem Lettner statt. So erklang nach einer Pause von etwa 200 Jahren wieder einmal ein Quempas im Havelberger Dom - wenn auch recht leise. Zum Abschied setzte sich der Domkantor an die Orgel und intonierte das bekannteste Orgelwerk, die Toccata von Johann Sebastian Bach.