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400 Jahre Compenius-Orgel in der Niederndodeleber Peter-und-Paul-Kirche - war die Feier berechtigt? Heutige Orgel vielleicht von anderem erbaut

Von Constanze Arendt 13.07.2011, 04:29

Am vergangenen Wochenende gab es in Niederndodeleben Grund zum Feiern. Die einst hier von Heinrich Compenius dem Jüngeren erbaute Orgel wäre in diesem Jahr 400 Jahre alt geworden. Doch sind in der Orgel, die heute in der Peter-und-Paul-Kirche im Unterdorf erklingt, überhaupt noch Teile der einstigen Compenius-Orgel enthalten? Selbst der Orgelbaumeister Jörg Dutschke hegte zum Orgelfest Zweifel daran.

Niederndodeleben. "Die Orgel ist ein Wunderding, schon vor hunderten Jahren haben die Menschen über das Brausen der Töne gestaunt", sagte Pfarrer Peter Herrfurth, als am Sonntag in der Niederndodeleber Peter und Paul-Kirche ein Festakt für die Compenius-Orgel stattfand. Er erinnerte an die Zeit, als die Orgel 1611 für 150 Taler von Heinrich Compenius dem Jüngeren errichtet wurde. Der 30-jährige Krieg habe bevorgestanden. Berühmte Komponisten wie Händel, Bach und Telemann seien noch nicht geboren gewesen, aber Orgeln habe es schon gegeben.

Leider führen fehlende Dokumente oder gefundene Eintragungen in Unterlagen der Kirche zu Zweifeln. So hat der Orgelbaumeister Jörg Dutschke, der sich intensiv mit der Niederndodeleber Orgel befasst hat, in Unterlagen dokumentierte Ausgaben für die Orgel aus den Jahren 1724 bis 1727 in Höhe von 62 Talern entdeckt, die wohl auf eine Reparatur der Compenius-Orgel schließen lassen. Auch dass ein Orgelbauer Hartmann die Orgel umgebaut hat, ist erwiesen.

Allerdings hat der Orgelbaumeister auch Vergleiche mit anderen Orgeln angestellt, um so auf den Orgelbaumeister, der hier Hand angelegt hat, schließen zu können. Holzproben, die auf die Entstehungsjahre und Umbauten der Orgel hindeuten sollten, geben weitere Rätsel auf. "Wir vermuteten, dass Compenius die Orgel gebaut und Hartmann sie umgebaut hat, nach den Holzproben ist es aber fraglich, ob Matthias Hartmann überhaupt an der Orgel gebaut hat", so Dutschke. Er geht mit seinen Vermutungen sogar noch ein bisschen weiter. Demnach hat Compenius 1611 hier eine Orgel gebaut, und später kam eine neue Orgel eines Unbekannten, die Johann-Georg Hartmann später umgebaut hat. "Wir sind mit unseren Erkundungen noch nicht am Ende", beendete Jörg Dutschke seinen Vortrag.

So ließ er dann auch Pfarrer Peter Herrfurth die Frage aufwerfen, ob es überhaupt einen Grund zum Feiern gab. Die Anfänge der Orgel, die auch zum Festakt spielte, standen so schließlich erst einmal im Dunkeln. Doch der guten Laune in der Kirche tat das keinen Abbruch. Im Gegenteil: Das Orgelfest gab nicht nur Gelegenheit, die klangliche Vielfalt der Orgel zu hören, sondern auch dazu, einmal ein bisschen weiter in die Geschichte der Orgeln einzutauchen.

Im neunten Jahrhundert verbreiteten sich die ersten Orgeln in den Bischofskirchen, später auch in anderen Kirchen. Die klanglichen und spielerischen Möglichkeiten wurden in den folgenden Jahrhunderten verbessert. "Ende des 16. Jahrhunderts waren sie so, wie sie auch heute noch gebaut werden", berichtete Peter Herrfurth, der in der Niederndodeleber Compenius-Orgel auch eine Verbindung zu Magdeburg sieht. Compenius hatte die Domorgel gebaut, die 1945 von Bomben zerstört wurde. "Auch was mit unserer Orgel passiert ist, wissen wir nicht", so Herrfurth weiter, der betonte, dass Orgeln nicht nur aus Prestigebewusstsein gebaut wurden.

"Orgelmusik ist himmlisch, und wir haben Grund, dankbar zu sein, dass wir eine Orgel haben, die spielt", so der Pfarrer. Pünktlich zum Jubiläum der Compenius-Orgel konnte er auch eine CD mit dem Titel "Himmelsklänge" vorstellen, die dank der Unterstützung von Sponsoren aufgenommen werden konnte. Für zwölf Euro gibt es nun fast 80 Minuten Orgelwerke von Bach, Krebs, Kuhnau, Böhm und Walther. Die Musikstücke wurden im April von Domorganist Kirchenmusikdirektor Barry Jordan auf der Niederndodeleber Orgel eingespielt. Das Booklet enthält Fotos der aus Niederndodeleben stammenden Fotografin Anita Lüders. "Die neue CD ist ab sofort im Evangelischen Pfarramt erhältlich sowie jeweils mittwochs von 16 bis 18 Uhr in den geöffneten Kirchen St. Stephanus und St. Peter und Paul", sagte Peter Herrfurth.

Nach dem Festakt und dem "Orgelschmaus" gehörte die Orgel am Sonntag Emily Woock aus den USA, die ihr zauberhafte Klänge entlockte.