1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Osterburg
  6. >
  7. Junker Jürgen: "Gehenkt wurde immer!"

Stadtinfo Seehausen lädt zum Mittelalterspektakel / "Wundersames & Narretey" von Türmern und Eulenspiegel. von Astrid Mathis Junker Jürgen: "Gehenkt wurde immer!"

22.09.2014, 01:19

"Nun spielt noch einen auf", ertönte am Sonnabend zur siebenten Abendstunde die kräftige Stimme von Junker Jürgen. Das 7. mittelalterliche Spectaculum der Stadtinformation Seehausen hatte begonnen. Ausverkauft!

Seehausen l Mit Dudelsack und Halunkenlied geleitete die Gruppe "Hinterhof" aus dem Mecklenburgischen das Volk von der Salzkirche durch das Beustertor. Jürgen Schmidt meinte noch: "Wer seine Alte loswerden will, kann sie hier abgeben." Dann ging es ins Historische. Das Beustertor im Rücken sagte der Junker: "Seehausen war reich, in seiner Zeit bedeutend! Es geht die Sage, hier sollen fünf Tore gewesen sein. Wittenberge hatte nur zwei und war keine deutsche Hansestadt wie Seehausen."

Jämmerliches Bier

Die Ackerbürger waren eine Besonderheit des Ortes. Während Wittenberge im Mittelalter 400 Einwohner zählte, waren es in Seehausen 1120. Der Aland diente zur Verteidigung und zum Bierbrauen. Allerdings war es "ein jämmerliches Bier", schließlich hielt sich irgendein Vieh ja doch nicht vom Wasser fern, wenn es ans Brauen ging. Auf dem Weg zur Steintorbrücke hatte der Tross den besten Blick auf die St. Petri Kirche mit ihren zwei Türmen, um die es an diesem Abend immer wieder ging.

Jahrhundertelang, bis 1957, um genau zu sein, gehörte der Türmer zu St. Petri. Mit Familie und Viehzeug. Er hatte die Aufgabe eines Feuerwehrmanns, aber anfangs auch kirchliche Aufträge zu erfüllen. Als einer 1722 wegen dieser Pflichten nicht am Platz war, wurde der Brand zu spät entdeckt. Seither hatten die Pfaffen ihm nichts mehr zu sagen, klärte Junker Jürgen auf. Von ihm erfuhren die Mittelalterfreunde an der Steintorbrücke dabei auch, dass Henker zu jener Zeit vor der Stadt wohnten und Hinrichtungen wahre Volksfeste auslösten, denn "gehenkt wurde immer". Ein Festschmaus für Kolkraben. Letzte Station vor der Petri-Kirche war ein leerer Fleck unweit der Straße Am Kaland, vor den Resten der Stadtmauer.

Rentner gab es nicht

Ein Hospital oder Siechenhaus, hatte dort gestanden, als Aderlass als Allheilmittel galt, Mädchen mit neun versprochen und mit zwölf Jahren verheiratet wurden. Die Sterblichkeit war hoch, Rentner gab es nicht. Auf Trippen, Holzblöcken, waren die besseren Leute durch die miefige Enge gestakst. Wenig später demonstrierte das Till Eulenspiegel (Kathleen Zimmermann). Eine Woche zuvor hatte sie das Stück in die Hände bekommen, das Gerhard Grützmacher 2001 für die 850 Jahr-Feier schrieb und das Publikum nun ein zweites Mal zum Lachen brachte.

Kantor Friedemann Nitsch sorgte mit seinem Chor für Gesangseinlagen. In dem Lied von "Peter und Paul" waren die zwei Türme gemeint, die Till Eulenspiegel den Seehäusern abluchsen wollte, nachdem er die Osterburger um ihren Schatz betrogen hatte.

Die Theatergruppe "Hahn im Korb" spielte. Bauer Leberecht (Claudia Preuschoff), Küster (Christiane König) und Bürgermeister (Christin Hamann) schlagen sich mit Würmchen (Michaela Friedrich) und Türmchen (Christin Schulz) beim Reimen tapfer, sagen aber doch: "Wir wollen die Türme nicht länger haben."

Am Ende siegte die Komik, ab ging es zum ersten Feuer-Spektakel von "Malabrista" aus Magdeburg. In der Salzkirche lockten die Biermönche und Kurt Wohlfahrt mit Thüringischem Mutzenbraten nach mittelalterlichem Rezept.

Mehr Bilder vom Spektakel unter www.volksstimme.de