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Bürgerinitiative Pro Jeetzetal "Ich höre nur noch Schall, keine Singvögel"

Die sechs geplanten Windkraftanlagen stehen noch nicht zwischen Püggen
und Siedenlangenbeck, rufen aber bereits zahlreiche Gegner auf den Plan.
Am Freitag lud die Bürgerinitiative Pro Jeetzetal zu einer
Informationsveranstaltung ein.

Von Uta Elste 24.11.2014, 02:20

Siedenlangenbeck l "Ich habe Angst": Enrico Lehnemann von der Bürgerinitiative (BI) Pro Jeetzetal brachte das im Gemeindehaus Siedenlangenbeck mehrfach zum Ausdruck und nannte Gründe, warum die Aussicht auf sechs Windkraftanlagen (WKA) im Jeetzetal bei ihm schlimmste Befürchtungen auslöst: Lärm- und Schattenbelästigung, die langfristig Folgen für die Gesundheit haben, Wertverlust der Grundstücke, negative Folgen für eine außergewöhnliche Landschaft.

Nachfragen unerwünscht

Der von der Firma Enercon GmbH anvisierte Standort für sechs WKA mit einer Nabenhöhe von 136 Metern (Rotorhöhe über 180 Meter) ist als Vorranggebiet III Siedenlangenbeck mit einer Größe von 22 Hektar im Regionalen Entwicklungsplan ausgewiesen. Vertreter der Enercon GmbH stellten ihre Pläne Anfang Oktober während einer Einwohnerversammlung, danach während einer Sitzung des Gemeinderates in Kuhfelde vor (Volksstimme berichtete). Enrico Lehnemann und seine Mitstreiter fühlten sich dennoch unzureichend informiert, sahen eine echte Bürgerbeteiligung nicht gewährleistet. "Nachfragen waren unerwünscht, bislang wurden sämtliche Einwände vom Tisch gewischt", stellte er am Freitag vor etwa 70 interessierten Zuhörern fest. Vor knapp einem Monat gründeten sie daher die BI Pro Jeetzetal und begannen selbst Informationen zusammenzutragen.

Dass bei Siedenlangenbeck überhaupt ein Vorranggebiet für Windenergie ausgewiesen wurde, sei auf die Ablehnung eines solchen Areals durch die Gemeinde Rohrberg zurückzuführen, erinnerte Günter Serien, Vize-Bürgermeister der Gemeinde Kuhfelde. Die Rohrberger hatten mit ihrer Ablehnung Erfolg. Auf der Suche nach Alternativen fiel der Blick auf Siedenlangenbeck und Jübar. Als Enercon im September 2012 sein Projekt vorstellte, seien eine Unterschriftenaktion gestartet und Einwände zusammengetragen worden. Die Stellungnahme an die Regionale Planungsgemeinschaft enthielt einige dieser Einwände, die jedoch als gering eingestuft wurden. Danach habe man bis Ende September dieses Jahres keine weiteren Informationen erhalten - bis eben zur Bürgerversammlung und der Gemeinderatssitzung.

Erhard Wiewall berichtete von seinen Gesprächen mit Enercon-Projektentwicklerin Angelika Kobold, nach denen er seine Befürchtung, dass das Projekt kaum noch zu stoppen sei, bestätigt sieht. Zumal auch seine geäußerten Bedenken, dass der Windpark über die sechs geplanten Anlagen hinaus erweitert werden könnte, nicht abgestritten worden seien. Dass auch die Bauphase mit zahlreichen tonnenschweren Transportfahrzeugen eine Belastung für Anwohner und Straße wird, machte Daniel Mindach mit Hochrechnungen deutlich.

Amtsblatt-Lektüre

Kay Dammholz aus Liesten bestätigte die Befürchtungen der Windpark-Gegner. 18 WKA mit einer Höhe von jeweils 176 Metern stehen vor ihrer Haustür, die nächste Erweiterung ist absehbar.

Als der Windpark errichtet wurde, habe man sich von den Einnahmen die Möglichkeit erhofft, das Waldbad zu erhalten. Doch jetzt würde sie am liebsten die Zeit zurückdrehen wollen. Wegen der Lärmbelästigung müsse sie sich inzwischen wegen Tinitus behandeln lassen. Die Lautstärke würde höher als die angekündigten 40 Dezibel liegen. "Ich höre nur noch Schall, keine Singvögel."

Der Dauerstress würde sich erst nach Jahren bemerkbar machen. Inzwischen habe sie auch die Bestätigung erhalten, dass der Wert der Grundstücke in Liesten von 15 auf 5 Euro pro Quadratmeter gesunken sei

Zudem sei keineswegs sicher, dass man sein Geld immer pünktlich bekomme. Eines habe sie inzwischen gelernt, machte Kay Dammholz deutlich: Sie lese jedes Amtsblatt, in dem die einzelnen Schritte des Genehmigungsverfahrens veröffentlicht werden, um die Widerspruchsfristen nicht zu verpassen.

Aufgrund der Anzahl der geplanten WKA nahe der B 248 werde es ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren geben, das keine Bürgerbeteiligung vorsehe, hieß es am Freitag. Die BI will trotzdem einen Weg finden, den Windpark zu verhindern. "Wir haben viele Ideen", kündigte Enrico Lehnemann an.