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Pro und contra zur Frage, ob Daten zum Grundwasserpegel umfangreich gesammelt werden sollen Braucht Schönebeck ein Messsystem?

Von Ulrich Meinhard 12.02.2014, 02:18

Der umstrittene Plan eines Grundwassermessnetzes ist im Hauptausschuss diskutiert worden. Es gab pro und contra. Über die Vorlage wird morgen im Stadtrat abgestimmt.

Schönebeck l Braucht Schönebeck ein automatisches Grundwassermessnetz mit Datenfernübertragung oder ist das nur rausgeworfenes Geld? In der jüngsten Sitzung des Hauptausschusses des Schönebecker Stadtrates ist dieses Thema am Montagabend im Rathaus noch einmal kontrovers diskutiert worden.

"Ich halte das für Unsinn", sagt Stadtrat Arnold Krüger (UWG/Grüne). Er führt an die Adresse der Verwaltung weiter aus: "Ich weiß nicht, was Sie damit anfangen wollen. Es sollen Pumpen eingeschaltet werden, wenn das Grundwasser eine bestimmte Höhe erreicht hat. Aber ich habe noch keine Zahlen gesehen, bei welcher Höhe. Wer bezahlt denn die Pumpen? Und ist das wasserrechtlich überhaupt erlaubt?"

Die Vertreter der Verwaltung, in Person von Baudezernent Guido Schmidt und dem Beauftragten für das Grundwasserproblem, Hendrik Scheffler, bemühen sich erneut, die Vorteile eines Grundwassermessnetzes anzupreisen (die Volksstimme berichtete zum Thema mehrfach).

"Wir müssen in das Grundwasser eingreifen."

Baudezernent Guido Schmidt

Schmidt: "Wir müssen in das Grundwasser eingreifen." Das Messnetz sei keineswegs etwas Theoretisches, sondern müsse im Zusammenhang gesehen werden mit den ganz praktischen geplanten Maßnahmen wie dem Abfanggraben an der Ortsumgehung und den ebenfalls geplanten Hebestellen, sprich Pumpen. Die bereits vorhandenen Messstellen würden nicht ausreichen, deshalb sind fünf neue vorgesehen. So ließe sich vorhersagen, wie sich das Grundwasser unterhalb der Stadt verhält, etwa auch bezüglich des geplanten Baugebietes Am Stadtfeld.

"Dieses Regime ist nötig, um in das Grundwassersystem wirksam eingreifen zu können", betont der Dezernent. Seiner Ansicht nach hätte ein solches Messnetz schon viel früher realisiert werden müssen. Es sei zudem eines der Vorschläge der Arbeitsgruppe Grundwasser II, in der der Magdeburger Professor Frido Reinstorf mitgearbeitet hatte. Zudem würde die Maßnahme eine 80-prozentige Förderung bekommen, der Eigenanteil der Stadt liege bei etwa 28 000 Euro.

Auf die bereits erfolgten Meinungsäußerungen in der Bevölkerung, die sich auch in der Volksstimme widerspiegelten, macht Stadtrat Reinhard Banse (FDP/Schall) aufmerksam. Das Gros der Reaktionen war kritisch bis ablehnend. Das sollte ernst genommen werden, so Banse. Er meint, dass das Geld sinnvoller eingesetzt werden kann.

Das bringt Stadtrat Markus Baudisch (CDU) geradezu in Rage. "Wir sind nicht gewählt, um dem Volk nach der Schnauze zu reden", widerspricht der Stadtratsvorsitzende. Wozu Stadträte gewählt sind, fügt er sogleich an: "Um Fragen zu klären, die man nicht am Stammtisch beantwortet." Grundwasser, so Baudisch, sei ein komplexes System, dass man verstehen lernen muss. Deshalb sei eine Datenerhebung als Grundlage nötig.

Das überzeugt Stadtrat Manfred Pöschke (Fraktion Rettet die Altstadt) keineswegs. An Schmidt und Scheffler gewandt sagt er: "Sie können uns nicht erklären, wazu das gut ist. Sie können es nicht plausibel machen." Pöschke nimmt das Wort "Erklärungsnotstand" in den Mund. Und weiter: "Sie sprechen von Pumpen und Abfanggraben. Beides gibt es doch noch gar nicht."

"Sie können es uns nicht plausibel erklären."

Stadtrat Manfred Pöschke

Anders die Einschätzung von Stadtrat Torsten Pillat: "Wir als CDU haben verstanden. Es ist nötig." Dem pflichtet Stadtrat Steffen Behm (SPD) bei: "Ich persönlich sehe die Notwendigkeit, aufgrund von Daten zielgenau zu agieren." Wie die SPD-Fraktion in der morgigen Stadtratssitzung stimmen werde, könne er aber nicht vorhersagen.

Auch Stadträtin Sabine Dirlich (Die Linke) sieht eine Logik darin, mit einer Messung zu beginnen und nicht mit einer pauschalen Absenkung des Grundwassers. Sie verstehe aber auch die Kritik aus der Bevölkerung: "Die Leute wären, glaube ich, glücklicher über Maßnahmen, die das Grundwasser absenken, statt nur den Spiegel zu messen."

In die Vergangenheit schaut in dieser Diskussion Stadtrat Krüger. Bis zu 5000 Kubikmeter Wasser seien zu DDR-Zeiten von Betrieben und Trinkwasseraufbereitungsanlagen aus dem Grundwasser entnommen worden und es gab keine Vernässungsprobleme, sagt er. "Vielleicht müsste diese Menge wieder abgepumpt werden."

Viel zu viel, befindet Stadträtin Dirlich. "Wir hatten damals Absenkungen bis zu zehn Meter. Das brauchen wir nicht."

Bei der Abstimmung zur Vorlage stimmen zwei Räte dagegen, zwei enthalten sich. Trotzdem dürfte sich im Stadtrat eine Mehrheit für das Grundwassermessnetz finden.

Nach der Hauptausschuss-Sitzung lehnt Stadtrat Christian Jung (Rettet die Altstadt), der die Debatte als Gast verfolgt hat, den Plan gegenüber der Volksstimme ab. Grundwasser sei ein viel zu komplexes System, um sich auf diese Weise behandeln zu lassen, sagt er. Er bedauert, dass in Schönebeck Fachleute aus seinem Haus (Jung arbeitet im Landesbetrrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft) gar nicht gehört worden seien. In diesem Punkt sollten doch am besten Hydrologen zu Wort kommen.