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Granatsplitter, Hakenkreuz und SS-Runen beim Brennholzhacken in Barby gefunden Baum "verschlingt" Nazi-Symbole

Von Thomas Linßner 19.12.2014, 02:15

Eine makabere Entdeckung machten Anwohner des Colphuser Damms in Barby, als sie abgestorbene Bäume fällten. Im Inneren eines etwa 80 Jahre alten Laubbaums kamen ein Hakenkreuz und eine SS-Rune zum Vorschein.

Barby l Frank und Toni Müller zählten zu einer von zehn "Parteien", die am Colphuser Damm 31 abgestorbene Bäume fällen durften. Sie waren nach dem Hochwasser 2013 eingegangen und zum Teil bis zu 80 Jahre alt. Die Interessenten hatten Lose gezogen, wer welchen Baum verwerten darf. (Zeitgleich wurden 42 neue Bäume gepflanzt.)

Die Müllers zogen unter anderem einen stattlichen Eschen-Ahorn. Nachdem der Baum in Stücke geschnitten war, begannen Vater und Sohn das Holz zu spalten. Ein Hieb des Spalthammers versetzte die Müller im wahrsten Sinne schlagartig in Deutschlands dunkelste Zeit zurück. Etwa acht Zentimeter von der Stammmitte, wo sich der erste Jahresring befindet, kamen ein Hakenkreuz und eine SS-Rune zum Vorschein. Sie waren eingewachsen; der Baum hatte sie regelrecht verschlungen. "Die sehen aus, als hätte sie jemand rein gebrannt", vermutet Franks Ehefrau Petra Müller.

Damm war Gefechtslinie

Der junge Laubbaum muss damals schon einen Stamm-umfang besessen haben, der derartige "Verzierungen" gestattete. Vermutlich war es ein vom nationalsozialistischen Geist verführter Jugendlicher, der Hakenkreuz und Runen in den Baum schnitt. Damals war es für viele Jungen der größte Wunsch, in die Reihen der SS aufgenommen zu werden.

Bereits 1925 wurden Bewerber im Alter von 23 bis 35 Jahren in die neu zu formierende Schutzstaffel aufgenommen. Sie mussten gesund und kräftig gebaut sein. Wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Bewerbung war der kleine Ariernachweis, in dem der Antragsteller seine lückenlose arische, vor allem nichtjüdische Abstammung bis zu seinen Großeltern nachweisen musste. Für Führer oder Führeranwärter wurde der große Ariernachweis verlangt, der bis 1750 zurückreichte.

Ein Nachbar der Müllers stieß beim Sägen des Holzes sogar auf Granatsplitter. Auch sie waren eingewachsen und im Laufe der Jahre "unsichtbar" geworden. An Barbys westlichem Ortsrand spielten sich in den letzten Kriegstagen 1945 heftige Kampfhandlungen ab. Dort hatte die Wehrmacht einen Sperrriegel gegen die vorrückende 83. US-Infanterie-Division angelegt. Wie Heinz Ulrich in der "Kriegschronik Barby/Elbe" schreibt, bauten die Amerikaner im Zuge des weiteren Kampfgeschehens eine Gefechtslinie am Colphuser Damm auf.

Fahrrad einverleibt

Bäume können im Lauf der Jahrzehnte nahezu alles umwachsen, was sich ihnen in den Weg stellt. Im Schwarzwald hat sich eine Buche eine Christusfigur einverleibt. Die Kalksandsteinfigur stammt vermutlich aus spätgotischer Zeit und wurde von dem Baumriesen so umwachsen, dass inzwischen nur noch der Kopf zu sehen ist. Fachleute sprechen von "Umwallungen". Der wohl spektakulärste Fund stammt aus den USA. Vor rund 50 Jahren ließ ein Junge im Bundesstaat Washington sein Fahrrad an einem Baum stehen und konnte es anschließend nicht mehr finden. Ein halbes Jahrhundert später wurde es entdeckt und fotografiert: Es guckten nur noch Hinterrad, Vorderrad und der Lenker aus dem Stamm. Das gesamte Mittelteil war vom Holz des Nadelbaumes "aufgefressen" worden.