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65 Menschen folgen der Einladung zum ökumenischen Feldgottesdienst zwischen Güsten und Osmarsleben Vom Reiz eines Gottesdienstes auf dem Stoppelacker

20.08.2014, 01:17

Güsten/Osmarsleben (fro) l Die Saat scheint aufzugehen, die der Pfarrer der evangelischen Gemeinde, Arne Tesdorff, mit den Gottesdiensten unter freiem Himmel auf einem Feld zwischen Güsten und Osmarsleben zelebriert.

Zumindest waren 65 Menschen einschließlich Tesdorffs katholischer Amtsbruder Johannes Zülicke, Christen beider Konfessionen - und auch Interessenten ohne - der Einladung am Sonntagnachmittag gefolgt. Mehr als vergangenes Jahr.

Nach seiner Lesung über die Mühen des "Sämanns", Halt für seine Saat zu finden, schilderte Tesdorff wieder in "berühmt-berüchtigter Art" eigene Erlebnisse - im Bemühen, Menschen für die Kirche zu interessieren. Und auch darüber, warum man sich für den Gottesdienst unter freiem Himmel entschieden habe.

"Wir haben ja eigentlich unsere Kirchen, da stehen die Orgeln drin, da kann man bequem sitzen und hat ein Dach überm Kopf. Warum also nun auf dem Stoppelfeld?", erzählte er von einem Telefonat mit einem Fernseh-Redakteur, dem er erklären sollte, warum nun gerade auf dem Stoppelacker...

"Es hat seinen Reiz", meinte der Pfarrer weiter und schränkte ein: "Solange das Wetter mitspielt. Und es hat noch einen anderen Reiz: Ich habe gelernt, dass es für - ich sage mal Kirchenprofis - eben schön bequem ist, wenn der Gottesdienst oder die Messe in der Kirche stattfindet. Aber für die, die sich damit nicht so auskennen, ist allein schon diese große, schwere Kirchentüre ein Bollwerk - wie eine Festung. Darf ich da reingehen, obwohl ich kein Mitglied bin?"

Er sei von einer "recht offenherzigen jungen Dame" gefragt worden, wann denn in der Ilberstedter Kirche immer die "Vorführung" ist, ob man da einfach so kommen könne und wie viel das "Eintritt" kostet? "Manch alter Hase mag jetzt schmunzeln. Aber das waren ehrliche Fragen."

Arne Tesdorff kam auf den Sämann zurück. Er beschrieb, welche Bedingungen herrschen müssten und welche Hindernisse zu überwinden wären, um Erfolg mit der Ernte zu haben, und verglich es mit der klassischen Deutung, bei der es um den Glauben an Gott gehe.

"Es ist wie ein Hamsterrad: Du kommst nicht zur Ruhe, paddelst an der Oberfläche des Lebens rum"

"Und der Acker - das sind wir Menschen. Da gibt es welche, die sind so dicht und zu wie ein Feldweg - da kommt nichts rein: Und das, was hängen bleibt, wird von schrägen Vögeln schnell wieder weggepickt. Da gibt es welche, die sind ganz schnell Feuer und Flamme - aber sie können irgendwie keine Wurzeln schlagen und verabschieden sich bald wieder. Dann gibt es welche, die sind so eingespannt in Beruf, Alltag, Familie, Kinder, Hausbau, Schrebergarten, Fußballverein, das ganze Sortiment - es ist wie ein Hamsterrad: Du kommst nicht zur Ruhe, paddelst an der Oberfläche des Lebens rum, und diese ganzen Sachen nehmen dir eigentlich die Luft zum Atmen und der Seele das Licht zum Wachsen. Und schließlich gibt es auch noch die, bei denen die Saat des Glaubens langsam aufgeht, stetig wächst und irgendwann Frucht bringt."

Über Erfolg oder Misserfolg des Sämanns nach Firmungs- oder Konfirmandenunterricht würde jedenfalls nicht der Pfarrer entscheiden, schloss Tesdorff den Bogen.

Er rief die Gemeindemitglieder auf, Ansprechpartner in Sachen Glaube zu sein - über solche Fragen hinaus wie, ob ich zufrieden bin mit Beruf, Familie oder dem letzten Spiel des Sportvereins Rathmannsdorf oder der diesjährigen Tomatenausbeute.