Aus dem Gerichtssaal Kriminelle Karriere

Von Detlef Valtink 19.11.2010, 04:16

Immer wieder eine letzte Chance! In den letzten drei Jahren hat sie der 29-jährige Ascherslebener Benjamin H. mehrfach von Richtern eingeräumt bekommen. Der Arbeitslose, der sich momentan auf den Start in eine Lehre vorbereitet, hat seit 1995 eine kriminelle, auf Befriedigung seiner Drogensucht beruhende Karriere hinter sich.

Aschersleben/Staßfurt (mz). Mehrfacher Diebstahl, Hausfriedensbruch, Beleidigung, Handel mit Betäubungsmitteln, fahrlässige Körperverletzung, Nötigung, räuberische Erpressung, Hehlerei, Beihilfe zum Betrug und Trunkenheit im Straßenverkehr – die Liste der Straftaten ist lang und summiert sich auf insgesamt 15 Einträge im Bundeszentralregister.

Und die Gerichte ließen Benjamin H. immer wieder mit einem blauen Auge davonkommen. Ließen den Ascherslebener auf freien Fuß und sprachen die Strafen zur Bewährung aus. Diese summierten sich auf insgesamt vier Jahre und vier Monate Freiheitsentzug, wenn Benjamin H. sich in der Bewährungszeit etwas zu schulden kommen lässt. Und genau das geschah am 25. Mai, als er im Penny-Markt Waren im Wert von 29,98 Euro einsteckte und von einem Detektiv überführt wurde. "Ich weiß nicht, was da in mich gefahren ist. Ich habe bis dahin immer die Finger still gehalten", erklärte Benjamin H. Richterin Elke Plaga.

Vermutlich war es der Frust über einen Streit mit seiner Freundin am Vorabend, der Benjamin H. den Diebstahl begehen ließ. "Sie hatte mich aufgefordert, endlich Arbeit zu suchen", erinnert er sich. Wobei die Auseinandersetzung es nicht rechtfertige, rückfällig zu werden. Dass er mit dem Diebstahl sich der Gefahr aussetzte, endgültig in den Abgrund zu stürzen, ist Benjamin H. bewusst. Er wolle sein Leben verändern. Holt sich regelmäßig psychologische Hilfe, geht zur Drogenberatung und lässt sich von einem Arbeitsberater unterstützen. Nachdem zahlreiche Bewerbungen erfolglos blieben, arbeitet er auf 100-Euro-Basis als Hausmeister und hegt die Hoffnung, nach dem Vorbereitungslehrgang auch eine Lehrstelle zu finden. Der Ascherslebener wolle das "voll durchziehen" und ohne Kriminalität und Drogen leben. "Ich möchte für mein Kind und meine Freundin da sein", sagt Benjamin H., der sich auch von seinem ehemaligen "Freundeskreis" fernhält.

Und auch darum stellt ihm sein Bewährungshelfer vor Gericht eine günstige Sozialprognose, räumt aber auch ein, dass es noch Defizite in der Akzeptanz von Werten und Regeln gibt. Hoffnung, dass sein Mandant endgültig die Kurve kriegen könnte, hegt auch der Verteidiger nicht, für den es für die Akzeptanz einer weiteren Bewährungsstrafe keinen Unterschied macht, ob Benjamin H. vier oder fünf Jahre ins Gefängnis muss. Er sei auf einem guten Weg und um ihn auf diesem zu halten, sollte das Gericht über die Möglichkeit nachdenken, den Ascherslebener für die Zeit ohne Ausbildung oder Arbeit mit Arbeit von 500 bis 600 Stunden zu beauflagen. Dem wollte sich die Staatsanwaltschaft nicht anschließen, forderte eine Freiheitsstrafe und zweifelte an der Entwicklung, da Benjamin H. erst nach der Anklageerhebung aktiv geworden sei.

Das sah auch Richterin Elke Plaga so: "Sie haben schon dreimal eine letzte Chance bekommen und können nicht immer wieder auf Milde hoffen." Sie verurteilte den Angeklagten zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe. Der Ascherslebener kann Berufung einlegen.