1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. "Es lohnt sich, das Wagnis einzugehen"

Stendal gehört mit "Hospiz macht Schule" zu Vorreitern / Gundis Gebauer gibt Erfahrung weiter "Es lohnt sich, das Wagnis einzugehen"

Von Nora Knappe 10.07.2013, 03:18

Das Stendaler Hospiz hat Vorbildfunktion für Salzwedel, Ballenstedt und Magdeburg. Das Konzept "Hospiz macht Schule" stößt dort auf Interesse. Ein Arbeitswochenende in Stendal brachte die Akteure zusammen.

Stendal l Vor einem Jahr hat sich das Evangelische Hospiz Stendal in die Bilinguale Grundschule begeben: Eine Woche lang haben Ehrenamtliche dort mit Viertklässlern über Krankheit, Sterben, Tod, Trauer und Trost gesprochen. Schon diesen Herbst soll das wieder geschehen. Gewagt? Die Erfahrung von Gundis Gebauer, Koordinatorin im Ambulanten Hospizdienst, sagt eindeutig: Nein! "Es ist gut, in diesem Alter anzusetzen, weil Kinder oft schon früh Erfahrungen mit dem Sterben machen: sei es durch den Tod eines Verwandten oder", und das meint Gundis Gebauer durchaus ernst, "durch den Tod eines Tieres."

Viel zu wenig werde in Familien über das vermeintlich heikle Thema Tod gesprochen. Dabei stellten Kinder von Natur aus viele Fragen zum Thema Tod und Sterben, ist die Erfahrung der Hospiz-Mitarbeiter. "Wenn dann aber doch ein Todesfall im Leben der Kinder auftritt, wissen sie oft nicht, wie sie damit umgehen sollen."

Erste Erfahrungen mit Tod schon als Kind

Das zu ändern und den Kindern ihre offenen Fragen nicht abzugewöhnen, sondern sie im Sprechen über das Sterben zu bestärken und so auch ihre Eltern zu ermuntern, ist Ziel von "Hospiz macht Schule". Vor gut einer Woche fand dazu ein Arbeitswochenende in Stendal statt, bei dem 22 in Hospizen haupt- oder ehrenamtlich tätige Frauen und Männer von den Stendalern und von der Referentin Bettina Hagedorn aus Düren lernen wollten. Darunter auch Teilnehmer aus Salzwedel, Ballenstedt und sogar Magdeburg, wo es solch ein Schulprojekt auch noch nicht gibt. Der Ablauf einer Projektwoche, wie sie bei "Hospiz macht Schule" für Dritt- und Viertklässler entworfen wurde, wurde gemeinsam durchgespielt.

"Dabei ging es auch um die eigene erste Erfahrung mit dem Tod", sagt Gebauer. "Durchschnittlich wurde diese Erfahrung im Alter von sechs bis zehn Jahren gemacht." Und bei allen kristallisierte sich eine wichtige Erkenntnis heraus, die Uta Bolze von der Deutschen Hospiz- und Palliativstiftung in Worte fasst: "Wenn Kinder aktiv sein können, eine Aufgabe haben, wenn die Erwachsenen mit ihnen sprechen, ihre Fragen beantworten und die Kinder ihre Gefühle ausdrücken dürfen, dann ist dieses Erlebnis nicht negativ oder gar tragisch." Mit dieser Erkenntnis werden die Workshop-Teilnehmer nun daran gehen, "Hospiz macht Schule" in ihren Orten umzusetzen.

Für Gundis Gebauer und die derzeit 13 speziell für "Hospiz macht Schule" ausgebildeten Ehrenamtlichen im Landkreis Stendal hat sich durch den gemeinsamen Austausch bestätigt: "Kinder brauchen gar nicht viel Input, im Gespräch kommt vieles von allein. Man muss sie nur ermutigen. Uns jedenfalls hat die Projektwoche voriges Jahr in der Bilingualen Grundschule sehr bereichert, und Eltern, die vorher skeptisch waren, hatten am Ende keinerlei Bedenken mehr, waren regelrecht erleichtert. Es lohnt sich also, dieses Wagnis einzugehen."