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TV-Shows und Fernsehfilme: Ulf und Elke Seibicke sind dank ihrer Kleinwüchsigkeit sehr gefragt Kleine Altmärker groß im Showgeschäft

Von Florian Schillat 24.07.2013, 01:13

Stendal/Bismark l Ulf und Elke Seibicke verdienen als Kleindarsteller ihre Brötchen. Ob als "Bärenmarke"-Bär oder Minion in "Ich - einfach unverbesserlich 2": Ihre Kleinwüchsigkeit hat ihnen schon viel ermöglicht - aber auch einiges verwehrt.

Unaufgeregt setzt sich Ulf Seibicke an den Küchentisch und greift nach einer Tasse Kaffee. Er sieht müde aus. "In sechs Wochen war ich nur sieben Tage zu Hause", sagt er und blickt nachdenklich an die Decke. Das Wochenende hat er in Berlin verbracht - ein Kellner-Job. "Na ja, die Sommermonate sind nunmal stressiger". Fast schon fahrlässige Untertreibung: Der 47-Jährige, der seine Kindheit in Kalbe (Milde) verbrachte, zog schon Werbedeals mit Universal Pictures oder Bärenmarke an Land, spielte sogar Seite an Seite mit Schauspiel-Star Götz Otto ("Cloud Atlas") - und das mit einer Größe von 1,38 Metern. Ulf Seibickes Kleinwüchsigkeit hat ihm viel ermöglicht - allerdings auch viel verwehrt.

"Für Kleinwüchsige gibt es einen Markt"

Nach einem Auftritt in der Talkshow "Arabella" 2002, nahm das Leben von Ulf Seibicke und seiner Frau Elke, etwa 1,27 Meter groß, eine drastische Wendung: Sie waren gefragt. Aus dem gelernten Elektromaschinenbauer und der Wirtschaftskauffrau wurden über Nacht Kleindarsteller, ihre Promo-Website "zum Selbstläufer". Schweiz, Venedig, Finnland: Ulf und Elke Seibicke werden auf der ganzen Welt gebucht. "Da kommen im Jahr auch mal 40.000 zurückgelegte Kilometer auf den Tacho", sagt er und schmunzelt.

Im TV-Spektakel "Entern oder Kentern" saß Ulf Seibicke schon mit "James Bond"-Bösewicht Götz Otto in einem Boot, kellnerte für die Hamburger Drag-Queen Olivia Jones und spielte im Fernsehfilm "Das Morpheus-Geheimnis" (2008) einen bösen Zwerg. "Es gibt für Kleinwüchsige wie uns einen Markt: Ich kann unterhalten, die Kunden möchten unterhalten werden - also mache ich fast jeden Spaß mit". Heißt allerdings im Klartext: Entweder werden er und seine Frau gebucht oder nicht - viel Spielraum bliebe da nicht.

"Es ist ein echter Knochenjob"

Seit Anfang des Jahres arbeitet Ulf Seibicke zwei bis drei Mal die Woche in Kaufhäusern - als "Bärenmarke"-Maskottchen. "Es ist ein echter Knochenjob", berichtet er. Für den Hollywood-Blockbuster "Ich - einfach unverbesserlich 2" schlüpften er und sein Sohn Jan, etwa 1,33 Meter groß, in die Rolle der quietschgelben Minions und tourten durch ganz Deutschland."

Und das tut er: "Ich erzähle gern von meinen Aufträgen." Ein Kleinwüchsiger, der ihm das Wasser in Sachen Entertainment reichen wolle, müsse "noch gebacken werden", sagt er voller Stolz. Dabei sah er seine Kleinwüchsigkeit nicht immer als seine größte Stärke an.

Als Ulf Seibicke zum ersten Mal einen anderen Kleinwüchsigen sah, war er geplättet. "Ich wusste, warum die Leute lachen". Er habe in den Spiegel gesehen und gesagt: "So bin ich nicht." Dank seiner Frau lernte er, seine Achondroplasie, die häufigste Form von Kleinwüchsigkeit, zu akzeptieren. "Ich bin froh, dass es meine Frau gibt". Die gemeinsame Krankheit habe sie noch enger zusammenrücken lassen.

"Man sagte mir, ich soll keine Familie gründen "

Im Jugendalter lernten sie sich kennen und lieben, zogen 1999 in Leipzig zusammen - haben zwei Söhne und seit 2004 ein eigenes Haus. "Man legte mir ans Herz, keine Familie zu gründen. Doch dann das: Ich lernte meine Frau kennen." Eine Liebesgeschichte aus dem Bilderbuch - die oft für Verwunderung sorgte: "Die ersten zwei Jahre in Bismark waren schwierig, wir haben alle Blicke auf uns gezogen", sagt Elke Seibicke. Oft hätten die Leute auf sie gezeigt, eine Mutter wäre sogar extra zu ihrem Haus gefahren, um ihren Kindern die "Lilliputs" zu zeigen. "In DDR-Zeiten war es noch schlimmer. Es gab uns, aber es gefiel nicht jedem", erzählt die gebürtige Leipzigerin. Heute haben sie Freunde in der Stadt, gehen oft raus - werden von den meisten akzeptiert. "Wir sind glücklich", sagt die 46-Jährige mit einem Grinsen im Gesicht.

Dieses Wochenende geht es für Ulf Seibicke nach Bottrop - eine Diskothek hat ihn gebucht. Ist er sich für manche Jobs nicht zu schade? "Keinesfalls: Sonst würde ich das ja nicht machen. Ich freue mich richtig drauf!", sagt er und kann sich ein schelmenhaftes Grinsen nicht verkneifen. Vorher geht er seinen zwei Hobbys nach: Seiner Holzarbeit und die Familie. "Hier in der Altmark kann ich endlich abschalten", sagt er, blickt wieder an die Decke, leert seine Kaffeetasse und schließt kurz die Augen.