1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. 300 Quadratmeter Glück

Aus der Projekt-Tafelgärtnerin wurde die Vereins-Kleingärtnerin Marion Thomalla 300 Quadratmeter Glück

Von Egmar Gebert 13.06.2015, 03:24

Der Gartenwettbewerb ist in jedem Jahr auch Gelegenheit, Menschen kennenzulernen und vorzustellen, die eine besondere Kleingärtnergeschichte zu erzählen haben. Die Tangerhütterin Marion Thomalla ist eine von ihnen.

Tangerhütte l Es ist einer dieser Junitage 2015, die nach Sommer schmecken. Schon am Morgen scheint die Sonne und hat keine Lust, den Tag über etwas daran zu ändern. "Bei so einem Wetter bin ich schon morgens um 8 hier. Zu tun gibt`s ja immer was", sagt Marion Thomalla, während sie den Blick über das Grün ihrer 300 Kleingarten-Quadratmeter schweifen lässt. Die Tangerhütterin lächelt ein zufriedenes Lächeln. Eines, das mit einer Prise Stolz darauf gewürzt ist, dass sie den kleinen Garten recht gut in Schuss hat. Obwohl: "Mit den Bohnen bin ich ein bisschen spät dran. Die habe ich gerade erst gelegt. Dafür stehen die Tomaten wie eine Eins und die Kartoffeln wachsen richtig gut." Obwohl Marion Thomalla auch die Blumen liebt - besonders die Amaryllis, die sie von der Tochter zum Muttertag bekam und die direkt neben der Laube ihr Sommerquartier bezogen hat - , gibt die Kleingärtnerin zu, "mehr der Gemüse-Fan" zu sein. Das, was sie erntet, kommt fast alles frisch auf den Tisch. Die Kartoffeln reichen bis in den Winter hinein. "Dieses Jahr sollen sie besonders groß werden. Ich habe Stalldung vom Bauern mit untergegraben." Von Marion Thomallas Ernteerfolgen "profitieren" übrigens auch die Tochter und die Enkelin. Ist ja alles Bio und gesund.

Apropos Enkelin. Derzeit ist sie fast täglich bei Oma im Garten. Nach dem Kindergarten führt der Weg schnurstracks hier her. Seit einigen Tagen beflügelt das Wissen darum, dass ein Planschbecken samt Sonnenschirm und Badeball auf dem Rasen wartet, die Schritte des Mädchens. Und das Abendbrot mit Oma schmeckt an der frischen Luft ja auch viel besser als Zuhause.

Die Idylle scheint perfekt. Marion Thomalla ist glücklich, sie erleben zu können. Im vierten Jahr ist sie Vereinsmitglied bei den Tangerhütter "Freundschaft"-Kleingärtnern, beackert eine der Parzellen. Früher hatte sie auch schon einen Garten. Zu jener Zeit, als sie noch Arbeit in der "Holzindustrie" hatte. Der Tangerhütter Traditionsbetrieb überlebte zwar die Wende, durchlebte dann jedoch turbulente Zeiten. Bis dann Schluss war und Marion Thomalla arbeitslos wurde - mit Anfang 40.

"Ich durfte mein Hobby zum Beruf machen, sozusagen"

Marion Thomalla

Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Ein-Euro-Jobs, so sah die Zukunft für die Tangerhütterin aus. Vom Jobcenter kam 2009 schließlich das Angebot, ins Projekt "Garten 2000" einzusteigen. Ein Bildungsträger hatte vier Jahre zuvor gemeinsam mit dem Kreisverband der Gartenfreunde damit begonnen, über dieses Projekt in Vereinsanlagen leer stehende Gärten wieder nutzbar zu machen. Die in diesem Fall wörtlich zu nehmenden Früchte der Arbeit gingen und gehen an Kindereinrichtungen und an die Tafel. Der Name Tafelgärten hat sich inzwischen etabliert. Marion Thomalla war eine der Tafelgärtnerinnen und sie war es sehr gern.

"Ich durfte mein Hobby zum Beruf machen, sozusagen", denkt sie an diese Zeit zurück. Doch die ist für jeden Tafelgärtner, jede Tafelgärtnerin begrenzt. Kurz bevor die "Maßnahme" für die Tangerhütterin zu Ende ging, spielte ihr, die weiter gärtnern wollte, der Zufall in die Hände. Beim Plausch übern Gartenzaun erfuhr sie vom Vorbesitzer dieses (jetzt ihres) Gartens, dass der sich ein Haus gekauft hatte und den Garten in der Vereinsanlage abgeben wollte. Marion Thomalla bewarb sich beim Vereinsvorstand darum. Aus der Tafelgärtnerin wurde die Kleingärtnerin Thomalla. Manchmal muss man einfach auch mal ein bisschen Glück haben. Marion Thomalla sei es gegönnt.