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Eine Exkursion in die Geschichte der Festtage Wo wohnt eigentlich der Weihnachtsmann?

Von Eckehard Schwarz 24.12.2009, 04:53

Woher kommt der Weihnachtsmann ? Was hat es mit dem Weihnachtsbaum auf sich ? Wenn Eltern ihren Kindern diese Fragen beantworten wollen, sollten sie den folgenden Exkurs in die Geschichte der Weihnachtszeit lesen.

Altmark. Jedes Jahr zur Weihnachtszeit die gleiche Frage : Vati, wo kommt eigentlich der Weihnachtsmann her ? Das Familienoberhaupt erklärt dann wichtig, dass dieser aus dem hohen Norden, aus Himmelpfort oder sonstwo her kommt, Hauptsache der Nachwuchs glaubt es und stört nicht weiter den Weihnachtsfrieden. So einfach ist das aber nicht.

Schaut man ins Adressbuch, entdeckt man, dass der liebe alte Mann gleich an mehreren Orten in Deutschland seine Rentiere stationiert hat. So gibt es ein Weihnachtsmannpostamt im niedersächsischen Himmelsthür bei Hildesheim und gleich noch einmal in Himmelpfort in Brandenburg. Aber auch in Nikolausdorf bei Garrel in Niedersachsen hat er eine Postanschrift. Darüber hinaus haben der Nikolaus und das Christkind mehrere, zum Teil sogar irreführende Adressen. So erreichen wir den Nikolaus im bereits erwähnten Nikolausdorf und noch einmal im saarländischen St. Nikolaus. Das Christkind macht es dem Wunschzettelübermittler auch schwer, einmal wohnt es in Himmelspforten in Niedersachsen, dann auch in Engelskirchen in Nordrhein-Westfalen und noch im bayerischen Himmelstadt. Da sind die Österreicher besser dran. Sie schicken ihre Wunschzettel einfach alle an das Postamt Christkindl im Christkindlweg in 4411 Christkindl.

Der Weihnachtsmann ist ein Weltenbummler. So gibt es gleich zweimal die Anschrift seiner Wohnung am Nordpol, einmal in Kanada in Santa Claus, wo der Straßenname sinnigerweise gleich noch HOH OHO heißt, und einmal in Nuuk auf Grönland. Auch über eine Sommerresidenz verfügt der Weißbärtige. Diese befindet sich in Santa Claus im verhältnismäßig warmen US-Staat Indiana. Weitere Adressen von ihm wurden in Napapiiri in Finnland, Tomten in Schweden und Drobak in Norwegen entdeckt. Hat der Weihnachtsmann in Europa und Amerika am Weihnachtstag sein Werk getan, ist noch lange nicht Feierabend. Er fährt nach Russland in sein Haus in Weliki Ustjug, von wo aus er am Silvestertag als Väterchen Frost die russischen Kinder beglücken muss.

Äpfel statt Kugeln

am Christbaum

Doch was hat es eigentlich mit dem Weihnachtsbaum auf sich ? Wie viele Bräuche ist auch das Weihnachtsfest eine Mischung aus vorchristlichem Brauchtum und Christentum. In der Literatur wird der Ursprung vorwiegend bei den Völkerstämmen in Mittel- und Nordeuropa angesiedelt. Dort feierte man die Wintersonnenwende als Wiedergeburt des Lichts. Schon damals war es üblich, immergrüne Pflanzen wie die Mistel als Zeichen der Fruchtbarkeit und als Abwehr des Bösen in seine Unterkunft zu holen.

Der Weihnachtsbaum spielte bis weit in das 19. Jahrhundert hinein noch keine Rolle bei uns Altmärkern. Aber wiederum die Misteln wurden benutzt, um in den Raunächten die bösen Geister zu vertreiben. Sie waren für Naturheilkunde und Aberglauben wichtig.

Laut Literatur schmückte aber bereits im Jahre 1419 die Freiburger Bruderschaft der Bäckerknechte im Heilig Geist Spital, einem Armenhaus, einen Weihnachtsbaum mit Äpfeln, Lebkuchen, Nüssen und Papierrosen. Dieser Schmuck war nicht zufällig und voller Symbolik. So ist der Apfel ein Zeichen der Fruchtbarkeit, die Nüsse symbolisieren den Neubeginn des Lebens und das Licht den Sieg über die Dunkelheit. Später wurden Papierrosen als Zeichen des Christentums sowie Glitzerkugeln und Lametta als Symbol der kostbaren Gaben der Heiligen Drei Könige hinzugefügt.

Auch im " Narrenschiff " von Sebastian Brant, das 1494 erschien, wird eine " Weihnachtsmaien " aufgestellt. Der erste mir bekannte Tannenbaum mit Lichtern ist auf einem Kupferstich von Lucas Cranach dem Älteren zu sehen. Dies war jedoch noch lange kein Brauch, der von der Bevölkerung getragen wurde. Die überwiegende Bevölkerung hatte nicht die finanziellen Möglichkeiten, einen Baum mit Papierrosen, Äpfeln, Dörrobst oder gar Zuckersachen zu schmücken. So waren es die reichen Zünfte in den Hansestädten wie Hamburg und Bremen ( 1597 nachgewiesen ), die Weihnachtsbäume in ihren Zunfthäusern aufstellten, um unter ihnen zu feiern. Da diese sehr schön aussahen, übernahm die reiche Stadtbevölkerung schnell diesen Brauch. Die Bäume waren jedoch oft ohne Kerzen, wahrscheinlich wegen der hohen Brandgefahr. Es waren auch nicht immer Tannen, sondern je nach Region sehr häufig auch Buchsbaum, Eibe, Wacholder oder ein Mistelstrauch.

" Salonfähig " wurde der Weihnachtsbaum, als der Adel diesen Brauch annahm. So stellte die Herzogin Dorothea Sybille von Schlesien in ihrem Schloss einen geschmückten Baum auf. Der Siegeszug des Weihnachtsbaums war nicht mehr zu stoppen.

Die Preußen waren schon immer etwas sparsamer. 1754 berichteten die Zeitungen in Berlin vom einen Brauch, Fichten, die anstelle von Tannen im märkischen Sand gut wachsen, mit goldenen und roten Kartoffeln zu schmücken, um sie sich in das Zimmer zu stellen. In Berlin war jedoch die Weihnachtspyramide wesentlich verbreiteter, diese bestand aus Holzstäben und war mit buntem Papier und Lichtern geschmückt.

Bereits um das Jahr 1770 wurden in vielen Städten große geschmückte Weihnachtsbäume aufgestellt. Sie waren Mittelpunkt der Weihnachtsmärkte. In Berlin stand der erste Baum 1780 und 1815 in Danzig.

In der napoleonischen Zeit war der französische Einfluss auf die Deutschen anfangs sehr stark. Man wollte ganz auf die Weihnachtsbäume verzichten. Statt dessen wurden die Gabentische mit Myrte und Efeu geschmückt. Die Geschenke lagen um Lichterpyramiden herum.

Dann vollzog sich in Deutschland ein Brauchtumswechsel, der eng mit dem Weihnachtsbaum verbunden war. Brachte zuvor der Nikolaus am 6. Dezember die Gaben, so wurde es jetzt der Weihnachtsmann, der diese unter den Weihnachtsbaum legte. Erst wurden übrigens nur die Kinder beschenkt, erst Ende des 19. Jahrhunderts auch Erwachsene. Am Weihnachtsbaum hingen vor allem Früchte, gefärbte Nüsse, Zuckerwerk und nach dem Ersten Weltkrieg auch immer häufiger Schokoladenringe.

Die ersten Weihnachtsbaumkugeln gab es um 1830, es waren bleiverspiegelte Glasnüsse. Der Baum wurde traditionell nur mit zwölf Kerzen, für jeden Monat eine, geschmückt. Industriell wurden die Glaskugeln seit 1870 hergestellt. Justus Liebig aus Morgenstern bei Gablonz erfand eine Technologie, Glaskörper von innen zu versilbern. In diesem Jahr wurde der Weihnachtsbaum auch zu einer " deutschen Sache ". Der frisch gekrönte Kaiser Wilhelm I. feierte das Weihnachtsfest mit einem festlich geschmückten Baum im Schloss von Versailles. Im kaiserlich geprägten und von der deutschen Einheit begeisterten Deutschland wurde dieser Baum zum " Vater aller Weihnachtsbäume ".

Ein Baum zieht

um die ganze Welt

Nachdem Auswanderer aus dem Raum Wetzlar bereits 1848 den Weihnachtsbaumbrauch nach Amerika brachten, setzt er bis 1900 seinen Siegeszug um die Welt fort. Es gibt heute kaum ein christliches Land, in dem er nicht zu Weihnachten steht.

Das Weihnachtsfest war bis etwa 1540 kein besinnliches Fest wie heute, sondern es wurde ausgelassen gefeiert und getanzt. Erst ein päpstlicher Erlass beendete diese oft ausschweifenden Feiern, die noch sehr stark mit heidnischen Sonnenrelikten wie Feuerreifen und großen Holzfeuern beladen waren. Auch der Name Weihnachten ist nicht christlichen, sondern heidnisch-germanischen Ursprungs. Er kommt aus dem mittelhochdeutschen " wihennahten " und bedeutet im Plural " in den heiligen Nächten ", was die Etymologen auf die Zeit der Mittwinternächte beziehen. Die Bezeichnung Christfest für Weihnachten, wie sie von der Kirche immer wieder verwendet wurde, konnte sich in unserer Altmark nicht durchsetzen. Das trifft auch auf die Bezeichnung Christbaum zu, obwohl die Begriffe dem heutigen Fest der Weihnacht besser entsprechen würde.

Übrigens : Bevor der Nikolaus und nach 1800 der Weihnachtsmann die braven Kinder belohnte und die bösen bestrafte, war es in vielen Gegenden Deutschlands Frau Holle mit ihrem Gefolge. Diese Figur ist ebenfalls heidnischen Ursprungs und verkörpert auch als Freya, Schneefrau oder später Christfrau bezeichnet, den Winter. Schon diese Figuren belohnten die fleißigen und straften die faulen Menschen. In einigen Orten der Altmark übernahm dann der Burklaos oder Klaosbur diese Aufgaben, doch dieser Brauch ist schon vor 1900 erloschen. Liest man in alten Chroniken über diesen Brauch und die dazu gehörenden Figuren, so erinnert es sehr stark an die zu Pfingsten üblichen Figuren im Erbsstrohgewand, deren Gefolge, mit Peitschen oder Ruten versehen, die Mädchen belohnten oder straften.

Die " Wilden Jäger " des Jul-Festes waren lange Zeit besonders in der Altmark sehr gefürchtet, da sie als Verkörperung des Gottes Wotan und seines Totenheeres die Menschen gern erschreckten. Um die Aufmerksamkeit der wilden Reiter nicht auf sich zu ziehen war es in weiten Teilen der Altmark untersagt, Arbeiten mit drehenden Teilen wie zum Beispiel das Spinnen auszuführen. Auch Haare schneiden oder Schuhputzen waren verpönt. Besonders der Brauch, nicht Wäsche zu waschen und sie vor allem nicht aufzuhängen, da sonst der Himmelswagen sich eventuell darin verhaken könnte und aus Zorn darüber Wotan oder Freya ein Familienmitglied sterben lassen würde, blieb in der Altmark lange erhalten.

Zum Abschluss des kleinen Exkurses in das Brauchtum der Weihnachtszeit hier noch ein Service für alle weiblichen Singles, die gern heiraten möchten und in der Nähe einen Hühnerhof mit Hahn wissen. In einem alten Buch findet sich folgender Spruch : Schreit am Weihnachtsmorgen zuerst der Hahn, dann bekommt sie einen Mann ; fängt die Henne das Gackern an, denn muss sie warten auf den Mann.