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Pferdequäler mit Punktsieg vor Landgericht

07.03.2014, 14:52

Der Ströbecker Pferdehalter Herbert G. hat im Berufungsverfahren vor dem Magdeburger Landgericht einen Punktsieg errungen. Die Kammer milderte das wegen quälerischer Tiermisshandlung vom Amtsgericht Wernigerode gefällte Urteil gegen den Polizeibeamten leicht ab.

Magdeburg/Danstedt l Zwar bleibt das Urteil, das eine Wernigeröder Richterin im Herbst vorigen Jahres gegen Herbert G. gefällt hatte, im Kern bestehen. In Details milderte die achte Schöffen-Strafkammer des Landgerichts unter dem Vorsitz von Richter Ulf Majstrak aber das Strafmaß: Statt einer achtmonatigen Bewährungsstrafe wurde nun die vom Staatsanwalt geforderte sechsmonatige verhängt. Zudem werden nicht 16 von 24 Pferden ersatzlos eingezogen, sondern nur zehn.

Es sind jene zehn Pferde, bei denen für die Kammer nach der Befragung von Zeugen und eines Sachverständigen eines klar bewiesen war: Diese Tiere mussten erhebliche Zeit massiv leiden, weil sie vom Angeklagten unzureichend betreut wurden, weil er ihnen die notwendige tierärztliche Behandlung vorenthielt und auch die Fütterung in den heruntergekommenen früheren LPG-Ställen in Danstedt zu knapp bemessen war.

Warum genau all das passiert ist, bliebt auch am gestrigen zweiten Tag der Berufungsverhandlung offen. Der angeklagte Polizeibeamte verfolgte den Prozess teilnahmslos und unternahm keinerlei Anstalten, zur Erhellung der Vorgänge beizutragen. Verteidiger Olaf Schröder sprach in seinem Plädoyer von "gewisser Überforderung" seines Mandanten und davon, dass diesem "einiges aus dem Ruder gelaufen ist". Alles in allem, schlussfolgerte Schröder, seien im Herbst 2012 in Danstedt wohl eher die Ordnungsbehörden als die Staatsanwaltschaft gefordert gewesen.

Argumente, denen die Kammer zumindest teilweise folgte. Darin beispielsweise, dass sie Herbert G. die Befähigung zur Pferdehaltung abspricht und sie ihm nun für drei Jahre gänzlich verbietet. Die Richter folgten hier dem Antrag von Staatsanwalt Ralf Ebbing und bestätigten in diesem Punkt das Urteil der ersten Instanz. Deutliche Worte fand Richter Majstrak in seiner mündlichen Urteilsbegründung auch in Richtung der Ordnungs-Behörden. Vieles, was hier verhandelt worden sei, hätte sicherlich für die Veterinäre Anlass zum Handeln gewesen sein müssen.

Mitarbeiter des Kreis-Veterinäramtes stehen seit der spektakulären Beschlagnahme der 24 Pferde am 29. November 2012 in der Kritik und sehen sich mit staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen konfrontiert. Wenige Tage zuvor hatten Polizeibeamte die heruntergekommenen Ställe in Danstedt kontrolliert. Während sie sofort Alarm schlugen, hätten sie bei den Kreis-Veterinären einen Tritt auf die Bremse und dem Hang zum Bagatellisieren verspürt, wie eine Polizeibeamtin nun als Zeugin vor Gericht sagte: Alles längst nicht so schlimm in Danstedt, so der Tenor im Amt.

Während Mitarbeiter des Kreis-Veterinäramtes wegen der gegen sie laufenden Ermittlungen schon in der ersten Instanz die Aussage verweigert hatten, berichtete am Donnerstag ein Tierarzt aus Halberstadt. Dr. Jörg Deike war in jenen Novembertagen mit Behördenmitarbeitern vor Ort gewesen, um fünf Tiere zu untersuchen. Er sprach von "sehr schlechten" Ernährungszuständen, chronischen Erkrankungen und dringendem Handlungsbedarf. Die Hälfte des Tierbestandes sei mäßig bis dünn gewesen.

Fakten, die Dr. Robert Schmitz untermauerte. Der 46-Jährige ist Oberarzt an der Pferdeklinik der Freien Universität Berlin und war bei der Beschlagnahme als Sachverständiger zugegen. Schmitz untersuchte alle Tiere und berichtete nun der Kammer im Detail über 16 besonders arg betroffene Pferde. Mit Blick auf Ernährungs- und Pflegezustände wiederholte er sich immer wieder: "mäßig" bis "sehr schlecht" oder "hochgradig unterernährt". Am Ende zog die Kammer jene zehn Tiere ein, bei denen Schmitz daraus resultierende Schmerzen und Qualen bejaht hatte. Ein Einzug aller Tiere, wie es Staatsanwalt Ebbing gefordert hatte, sei nicht möglich, so der Richter.

Ob Herbert G. das Urteil - er muss 70 Prozent der Verfahrenskosten tragen - akzeptiert, blieb offen. Eine Revision sei wahrscheinlich, so der Verteidiger. Für den 59-Jährigen G. geht es letztlich um einiges. Zwar scheint ihm kein gänzlicher Verlust von Beamtenstatus und Pensionsansprüchen mehr zu drohen, gegenwärtig sei er aber bei halbierten Bezügen vom Dienst entbunden, so der Verteidiger. Offenbar nicht nur wegen des Strafverfahrens. Nach Volksstimme-Informationen geht es wohl auch um unerlaubte Nebentätigkeiten, die er nicht angezeigt haben soll. Mit disziplinarischen Schritten muss G. bei Rechtskraft des Urteils in jedem Fall rechnen.