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Ein roter Faden soll die nah an Magdeburg liegende Ohrestadt bis in das Jahr 2030 führen Wolmirstedt muss eine eigene Rolle finden

Von Gudrun Billowie 07.12.2013, 02:08

"Wolmirstedt 2030" heißt der Arbeitstitel, unter dem die Stadtentwicklung vorangetrieben werden soll. Ein Jahr lang werden ein Stadtplanungsbüro und Akteure vor Ort einen roten Faden entwickeln.

Wolmirstedt l Die kommenden Monate könnten spannend werden. Alles, was Wolmirstedt ausmacht, kommt auf den Prüfstand. Und es werden Fragen gestellt, die auf den ersten Blick unangenehm scheinen. "Ist diese Stadt wirtschaftlich sinnvoll?", nennt Stadtplaner Stephan Westermann eine der Fragen. Kann sich eine Stadt, die so nah am Oberzentrum Magdeburg liegt, überhaupt behaupten? Und wenn ja, wie?

Die Antworten suchen die Stadtplaner zusammen mit den Mitgliedern einer sogenannten Lenkungsgruppe. In dieser Lenkungsgruppe arbeiten Vertreter der Wohnungswirtschaften, der Verwaltung, aus Wirtschaft und Kultur mit. Ein erstes Treffen hat es bereits gegeben. Da wurde unter anderem über Raumordnung gesprochen, beispielsweise die Lage der Gewerbegebiete in der Stadt und im Verhältnis zu den Ortsteilen. Im Januar wird es eine erste Rohauswertung der Fragebogenaktion geben. "Wir hoffen auf ein soziales Portrait", so Westermann.

In Wolmirstedt waren 550 Haushalte zum Leben in dieser Stadt befragt worden. "Einen Punkt konnten wir bei einer ersten Sichtung der Fragebögen bereits herauskristallisieren", sagt Stephan Westermann, "nämlich dass sich die Wolmirstedter besonders gern auf der Schlossdomäne und in der Ohreniederung aufhalten."

Im Juli sind die Bürger wieder gefragt. "Wir bieten eine offene Leitbildwerkstatt an", sagt Stephan Westermann. "An einem Sonnabend wollen wir dazu Wirtschaftsakteure, Sportler, Kleingärtner und Kirchenvertreter einladen."

Stephan Westermann und seine Kollegen nähern sich Wolmirstedt behutsam. "Derzeit kenne ich nur den Weg vom Bahnhof zum Rathaus", gesteht er. Dieser Blick von außen und die Blicke der Wolmirstedter, die von innen heraus auf die Stadt schauen, sollen herausfinden, was Wolmirstedt speziell macht oder in Zukunft speziell machen kann. Der Slogan "So wie wir hat es keiner" kommt Marlies Cassuhn spontan in den Sinn.

Stephan Westermann gefällt dieser Satz der stellvertretenden Bürgermeisterin, denn er sieht Wolmirstedt nicht als Insel, sondern im regionalen Verbund und schaut dabei vor allem nach Magdeburg. "Diese Metropolregion muss ihre Struktur finden", sagt er, "und Wolmirstedt muss in dieser Struktur eine eigene Rolle definieren." An der Nähe zu Magdeburg entscheidet sich laut Westermann viel. Auch die Gestaltung der Innenstadt. "Wir können wir das Zentrum gestalten, ohne das Alleecenter zu kopieren?", nennt Westermann eine Herausforderung.

Auch bei den Investitionen sieht er Grenzen. "20 Jahre Förderung sind vorbei", stellt er klar. Darum muss genau geschaut werden, an welcher Stelle investiert wird, "denn Investitionen produzieren Folgekosten", so der Stadtplaner.

Stadt bietet eine Menge

Bürgermeister Martin Stichnoth wirft scherzhaft den Bau einer Schneehalle in den Raum. Auch wenn er das kein bisschen ernst meint, sind Überlegungen, ob ein Schwimmbad oder ein Kino oder eben eine Schneehalle gebaut werden, immer unter dem Aspekt der nachfolgenden Unterhaltung zu führen. "Die Ausgaben und die Einnahmen einer Stadt müssen miteinander funktionieren, damit diese Stadt wirtschaftlich sinnvoll ist", sagt Stephan Westermann, "und dafür ist die Gewerbesteuer am wichtigsten."

Bis auf die verzichtbare Schneehalle hat Wolmirstedt schon eine Menge zu bieten. Martin Stichnoth zählt auf: "Wir sind eine Schulstadt, haben einen gut ausgebauten öffentlichen Personennahverkehr, viele Einkaufsmöglichkeiten, eine gute ärztliche Versorgung, kurze Wege und liegen nah an der Landeshauptstadt."

Viel Gutes und trotzdem ein Stadtentwicklungskonzept? "Eine Stadt ist nie fertig", sagt Stephan Westermann, "außerdem ist es für Investoren, Land, Bund, europäische Union oder andere Geldgeber wichtig zu sehen, dass eine Stadt weiß, wo sie hin will. Das schafft Vertrauen." Martin Stichnoth sieht auch Planungsbedarf. "Wir müssen über Lückenbebauung reden", sagt er, "beispielsweise auf der Fläche des ehemaligen Krankenhauses. Außerdem müssen wir Leuchttürme schaffen. Aber welche?"

Marlies Cassuhn hofft auf eine sachliche Diskussion in die Zukunft. "Wir dürfen nicht sagen, es sei schon hundert Jahre so gewesen, also lassen wir es so."