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Streusalz wird knapp / Bauhof beginnt winterdienstfreie Straßen zu beräumen Schnee, Schnee und noch mehr Schnee

Von Judith Kadow und Tobias Dachenhausen 29.12.2010, 04:27

Wieder 20 Zentimeter Neuschnee in einer Nacht – Zerbst versinkt im Schnee. An den Straßenrändern türmen sich mittlerweile meterhohe Schneeberge auf, die die Straßen immer mehr verengen. Währenddessen wird das Streusalz knapp, Müllfahrzeuge bleiben stecken und der Bauhof hat damit begonnen Straßen zu beräumen, die laut Satzung eigentlich nicht vom Winterdienst bedient werden.

Zerbst. Für die Anhalt-Bitterfelder Kreiswerke stellt sich die momentane Wettersituation nicht einfach dar. Auf der gestrigen Biotonnen-Tour musste ein Müllwagen aus den Schneemengen in der "Großen Wiese" befreit werden, erst dann konnte die Tour fortgesetzt werden. "Wir versuchen alles, aber Kreisverkehre, die nicht geräumt wurden, können wir einfach nicht befahren, so dass sicherlich Tonnen stehen geblieben sind", erklärt Heike Tauber, Leiterin der Niederlassung Straguth der Anhalt-Bitterfelder Kreiswerke.

Dort wo geräumt ist, versuchen die Mitarbeiter ihr bestes. "Die schweren Container werden bereits über die Schneeberge gehoben, aber irgendwann sind auch Grenzen erreicht", sagt sie. Neben den riesigen Schneemengen ist das Zufrieren der Behälter ein weiteres großes Problem. Oft können die Tonnen nicht komplett entleert werden, da auch der Inhalt anfriert. Hier können die Bürger aber entgegenwirken. "Bei der Biotonne sollte man Zeitungspapier auf den Boden legen und beim Restmüll darauf achten, dass er in eine Tüte gewickelt ist", informiert Tauber.

Erster Einsatz wegen gebrochener Äste

Während gestern morgen die Müllmänner nicht weiterkamen, rückten acht Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Zerbst und Ortswehrleiter Steffen Schneider gegen 7.40 Uhr aus, um einen bedrohlich über die Straße hängenden Kiefernast abzusägen. Der Einsatz war – im Gegensatz zu Altmärkischen Verhältnissen – in Zerbst eine Premiere, wie Schneider von der Zeit seit Heiligabend berichtete. "Nur ein einziges Mal mussten wir ausrücken, und da ging es um Hilfeleistung beim Öffnen einer Wohnung."

Gestern war wegen der über Nacht gefallenen durchschnittlich 20 Zentimeter Neuschnee schon das Ausrücken schwierig. "Der Hof vor dem Gerätehaus ist recht groß. Da dauert es schon eine Zeit, bis die Massen beräumt sind." Feuerwehr-Ausfahrten haben höchste Priorität beim Räumdienst, dennoch "wird es langsam ein bisschen heftig, was wir hier an Schnee abbekommen", findet Schneider.

Dem Ausrücken folgte das Suchen. Drei Fahrzeuge wühlten sich über die schneebefrachteten Straßen rings um das Flugplatzgelände. "Wenn man sich in den Straßen durch die Wälder so umschaut, dann muss man schon befürchten, dass es bald tatsächlich Bäume gibt, die unter der Last einfach wegbrechen", so der Wehrleiter.

Die Schneemengen drohen jedoch nicht nur für Bäume zu schwer zuwerden, auch die Dächer vieler Gebäude haben nun gewichtige Mengen zu tragen. Dies war auch ein Punkt auf der Liste von Ordnungsdezernent Andreas Fischer, der sich bei einem Rundgang durch die Stadt potentiell gefährdete Gebäude ansah – vor allem jene mit Flachdächern wie die Turnhalle Jannowitzbrücke. "Wir haben in der Stadt derzeit eine Pulverschneehöhe von rund 30 Zentimetern", erklärt Fischer. Davon ausgehend sind keine Sperrung nötig. Bei der Turnhalle sei dies beispielsweise erst aber einer Schneehöhe von 50 Zentimetern zu überlegen, abhängig von der Witterung. Bei Regen könnte sich die Schneelast nahezu verdoppeln. "Ansonsten ist jeder Eigentümer eigenverantwortlich für die Räumung seines Daches verantwortlich", betont Fischer. Das gilt auch für Supermärkte mit großen Dachflächen. "Ich kann nicht unsere Feuerwehr überall hinschicken, damit sie die Dächer freiräumt."

Des Weiteren ist ein Ergebnis des Rundganges, dass zwei Fremdfirmen seit gestern damit beauftragt sind, einer Liste folgend, die Zerbster Straßen von Schnee zu beräumen, die sonst nicht vom Winterdienst bedient werden. "Das ist mit unseren Kapazitäten des Bauhofes nicht zusätzlich machbar", fügt Fischer hinzu. Man werde von Fall zu Fall entscheiden, wie groß die Räumarbeiten in den Straßen ausfallen – ob der Schnee lediglich bei Seite geschoben wird oder ob ein Abtransport notwendig ist.

In diesem Zusammenhang appelliert Fischer an die Dauerparker, die vielerorts in Zerbst die Räumdienste blockieren: "Oftmals können wir die Straßen nicht bedienen, weil die Autos im Weg stehen. Für ein Fahrzeug mit Räumschild sind die Straßen zu eng, für ein kleines Multicar die Schneemengen zu massiv." Von morgen an wird das Ordnungsamt mit den Räumfirmen daher im Notfall an den Haustüren klingeln und so versuchen, den Dauerparker direkt auf das Problem aufmerksam zu machen. "Wer kann, möge bitte auf seinem Hof parken oder den Wagen umparken."

Derweil spitzt sich der Engpass an Streusalz kontinuierlich zu. Die Bundesstraßenmeisterei fährt seit Weihnachten unter der Vorgabe, Streusalz sparsam einzusetzen. "Das bedeutet, dass wir Kreuzungen und Anstiege salzen, aber nicht die gerade verlaufenden Straßen", erklärt Oliver Grafe, Fachbereichsleiter Straßenbau im Landesbetrieb Bau Niederlassung Ost in Dessau. Die Lage sei jedoch keinesfalls katastrophal. "Es ist noch Salz da, aber es wird eng." Die Schichten werden weiterhin nach Plan gefahren, Sonderfahrzeuge kamen nicht zum Einsatz. Der "Salz-Sparzwang" werde deshalb ausgegeben, da Lieferengpässe es unkalkulierbar machen, wann neue Salzlieferungen ankommen.

Recht leer sieht es auch in den Streusalz-Depots der Kreisstraßenmeisterei und des städtischen Bauhofes aus. "Ein bisschen loses Salz ist noch da, aber die Big Bags, mit Salz gefüllte Behälter, werden zum Wochenende hin aufgebraucht sein", schätzt Bauhoifleiterin Regina Frens ein. Die nächste Big-Bag-Lieferung erwartet sie erst zum 11. Januar. "Bestellt haben wir neues Salz rechtzeitig, aber die Lieferanten kommen der Nachfrage einfach nicht nach." Bis dahin wird zwar tapfer weiter Schnee geschoben, aber kaum gestreut – im Notfall wird auf Split zurückgegriffen.

Doch das ist nicht das einzige Problem. "Momentan haben wir große Schwierigkeiten, die Straßen freizukriegen", fügt Frens hinzu. Die Mengen an Schnee zu entfernen, erfordert einen hohen zeitlichen Aufwand.

Die Kreisstraßenmeisterei ist derzeit unermüdlich mit zwei Fahrzeugen unterwegs. Auch hier wird das Salz knapp, aber noch sind Reserven da, teilt Landkreis-Sprecherin Marina Jank auf Nachfrage mit. Außerdem seien alle Kreisstraßen bei Begegnungsverkehr passierbar.

Schneeschieber: Lage ist angespannt

Wer vor der Tür Schneeschieben will, wird Probleme haben, einen Schieber kaufen zu können. Auch in den Baumärkten ist die Situation angespannt. Schaufeln und Schneeschieber sind heiß begehrt. "Einige Schaufeln sind noch da, aber unsere Schieber sind ausver-kauft", sagt Thomas Panjas, Marktleiter des toom-Baumarktes in Zerbst. Die Firmen kommen mit der Lieferung nicht hinterher. "Bestellt ist alles, doch anscheinend gibt es kleine Probleme bei der Herstellung", sagt der Marktleiter. Die unglaublichen Schneefälle der letzten Tage haben ein deutlich stärkeres Anrennen auf die Läden zur Folge. Aber noch reagieren die Kunden geduldig und sachlich. "Sie nehmen das so hin. Wir können an der Situation ja auch nichts ändern", erklärt Panjas.

Die Straßen bleiben also auch in den kommenden Tagen glatt. Obwohl der Berufsverkehr gestern relativ ruhig durch den Landkreis rollte, betont Michael Däumich, Pressesprecher der Polizeireviers Anhalt-Bitterfeld, nochmals, den Witterungsverhältnissen entsprechend zu fahren. "Viele Unfälle passieren, weil die Autofahrer zu schnell unterwegs sind oder aber den Sicherheitsabstand zum Vordermann nicht groß genug halten." Daher bittet Däumich zum wiederholten Male: "Fuß vom Gas und Abstand halten."