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Rebensaft aus Kleinleitzkau Weinberg prägt Landschaft und Gemeinde

Leckerer Wein aus Kleinleitzkau? Heute kaum noch vorstellbar, dabei kommt der Name Weinberggemeinde nicht von ungefähr. Die Volksstimme hat sich auf Spurensuche begeben.

26.11.2014, 01:15

Garitz/Kleinleitzkau l Sicher ist, dass die Gemarkung in Garitz schon immer Weinberg hieß. Das belegen alte Flurkarten, die erhalten geblieben sind. Außerdem gibt es alte Rechnungsbücher, in denen vermerkt ist, dass Kleinleitzkau im Mittelalter Wein an das Zerbster Nonnenkloster geliefert hat. "Die Siedlung gehörte nämlich den Nonnen", sagt Ullrich Hahn, Gemeindekirchenratsvorsitzender der Weinberggemeinde. Abwegig sei der Anbau von Wein dort nicht, denn im Mittelalter waren die klimatischen Verhältnisse in Anhalt mit denen im Mittelmeerraum zu vergleichen. "Die Durchschnittstemperatur lag damals bei acht Grad und die Winter waren frostfrei", so Hahn. Der Wein konnte sich dort also prächtig entwickeln.

Zeugnis dafür liefert auch die Stadt Zerbst selbst. Die Straße Weinberg am Gymnasium Francisceum hat ihren Namen nach Ullrich Hahns Schätzungen ebenfalls nicht zu Unrecht. Im Schulgarten gedeiht trefflicher Wein ...

Neben dem tatsächlichen Anbau von Wein, hat der Weinberg eine weitere, christliche Bedeutung. Als die Kirchengemeinden in Garitz, Kleinleitzkau, Bärenthoren und Polenzko im Jahr 2006 fusionierten, wurde nach einem Namen gesucht. Er sollte alle Gemeinden repräsentieren. Pfarrer Thomas Meyer hatte aufgrund des Weinberges zwischen Garitz und Kleinleitzkau dann die Idee. Weinberg kann aber auch sinnbildlich verstanden werden.

In einem Gleichnis im Matthäus-Evangelium vereinbart der Besitzer am Morgen mit Arbeitern einen Tageslohn von einem Silberstück. Im Laufe des Tages stellt er weitere Arbeiter ein, denen er den gleichen Lohn zahlt. Das ruft bei den Arbeitern, die den ganzen Tag gearbeitet haben, Unmut hervor. Der Besitzer sagt ihnen, dass sie doch wussten, worauf sie sich einlassen, doch jeder das Gleiche bekommen habe und er zudem mit seinem Geld umgehen könne, wie es ihm beliebe. Der Weinberg steht dabei für das Reich Gottes, das für jeden offen steht. Der Mensch muss nur bereit sein, sich zum Glauben zu bekennen, dann würde jedem, egal ob von Anfang an fromm oder erst später zum Glauben gefunden, die Gnade Gottes zustehen.

"Das ist ein sehr schönes Bild für unsere Gemeinde", sagt Ullrich Hahn. Denn auch die Weinberggemeinde hat im Nachhinein mit Trüben noch eine fünfte Gemeinde in ihre Reihen aufgenommen.

Der Weinberg hat also nicht nur einen regionalen Bezug, er dient auch als Leitbild der Kirchengemeinde. Dort, wo früher Wein angebaut wurde, war zwischenzeitlich einmal eine Deponie für Gartenabfälle und sonstigen Unrat. "Wenn man da ein bisschen buddeln würde, könnte man sicherlich auch ein paar Autos finden, die da entsorgt wurden", sagt Ullrich Hahn.

Ob sich dort heute wieder Wein anbauen ließe, das weiß er nicht. "Rein theoretisch wäre das bei der Südlage aber machbar, es müsste sich nur jemand finden, der sich darum kümmert." Bislang sei aber noch niemand auf diese Idee gekommen.

Der Anbau von Wein gliedert sich in die Entstehungsgeschichte der Ortschaften ein. Viele von ihnen feierten in diesem Jahr ihr Jubiläum. Kleinleitzkau kann damit auf 800 Jahre Besiedlung zurückblicken. "Die klimatischen Verhältnisse waren einfach so gut, dass hier viele Dörfer entstanden sind", erklärt Ullrich Hahn. Bei Garitz, das `erst` 750 Jahre alt ist, gibt es Hinweise auf eine frühe Besiedlung durch Slawen. Deutsche und Slawen hätten dann zunächst in Koexistenz gelebt, bevor sie sich vermischt hätten. Im 30-jährigen Krieg wurde der Ort dann komplett aufgegeben. Für die Bewohner rund um den Weinberg galt es danach zunächst, die Kirche wieder aufzubauen. Auch das ist in alten Rechnungsbüchern belegt.

Die vielen erhalten und gepflegten kleineren Dorfkirchen sind eine Besonderheit des Kirchenkreises Zerbst. "Es gibt nirgends so viele Kirchen pro Quadratmeter wie hier", erklärt Ullrich Hahn. Gemeinsam mit dem Gemeindekirchenrat versucht er deshalb, zumindest die Kirchen der Weinberggemeinde zu erhalten. "Es gab immer mal Zeiten, wo die Kirchen leer waren, aber dann haben sich die Menschen ihnen irgendwann wieder zugewandt", so Ullrich Hahn.