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Rocco Rösch aus Straguth bietet die traditionelle Pferderückung an Kraftstrotzende 1 PS ziehen die Stämme zur Fahrgasse

Von Daniela Apel 04.03.2010, 05:53

Zu den forstwirtschaftlichen Dienstleistungen von Rocco Rösch gehört das Holzrücken mit Pferden. Mit seinen kraftstrotzenden Haflingern bietet der Straguther eine bestandsschonende Alternative zum maschinellen Transport der gefällten Bäume. Vor allem in Naturschutzgebieten ist der gelernte Schäfer im Einsatz.

Straguth. " Ich war schon immer ein Pferdenarr ", verrät Rocco Rösch. Bereits als Kind konnte er es kaum erwarten, dass der Unterricht endlich vorbei war und er zu seinen geliebten Vierbeinern eilen konnte. " Mappe in die Ecke und ab in den Pferdestall ", beschreibt der 41-Jährige seine tierische Leidenschaft. Gern wäre er Pferdewirt geworden. " Doch es war ein Privileg, da ranzukommen ", blickt er zurück und ergänzt schmunzelnd : " Und meine Noten sind nicht die besten gewesen. "

So erlernte der Straguther den Beruf des Schäfers. Mit der Umstrukturierung der Landwirtschaft nach der Wende " habe ich immer weniger Arbeit gehabt und die Wege wurden länger ", schildert er die damalige Situation. Sogar bis nach Australien und Neuseeland verschlug es Rocco Rösch zum Schafe scheren. Da entschloss sich der dreifache Familienvater, mit forstwirtschaftlichen Dienstleistungen den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. " Mein Vater war Waldarbeiter und Holzrücker ", erzählt er von seinen ersten Begegnungen mit dem Metier. Nicht zuletzt ermöglichte ihm die Neuorientierung, sein Faible für Pferde mit der Arbeit zu verbinden.

Nach zweistündigem Einsatz ist erst mal Pause

Neben Holzeinschlag, Jungkulturpflege, Baumpflanzungen und der Brennholzvermarktung bietet der 41-Jährige die Pferderückung an. " Das ist eine bestandsschonende Maßnahme ", schildert Rocco Rösch, wie er mit einem PS das aufgearbeitete Holz zur Rückegasse bringt. Von den befahrbaren Waldwegen können die Stämme dann maschinellabtransportiertwerden. So zählen Naturschutzgebiete zu den Einsatzstellen des Straguthers. In der letzten Februarwoche beispielsweise holte er mit seinen Tieren gefällte Bäume aus einem geschützten Erlenbestand bei Dobritz. Zuvor war er im Zerbster Stadtwald bei Garitz tätig. Daneben führen ihn viele Aufträge nach Brandenburg, wo das Holzrücken mit dem Pferd gefördert wird.

" Drago " und " Backira " heißen die Rückepferde von Rocco Rösch. Während es sich beim Hengst um einen Haflinger-Mix handelt, ist " Backira " eine reine Haflinger-Stute. Beide sind zwölf Jahre alt und lösen sich gegenseitig bei der kraftfordernden Arbeit ab. " Nach eineinhalb bis zwei Stunden wechsel ‘ ich die Pferde ", erläutert der 41-Jährige. Maximal sechs Stunden – nach dreien legt er eine einstündige Pause ein – sind die Tiere am Tag gemeinsam im Einsatz. Stamm um Stamm ziehen sie energisch aus dem Bestand. " Ein Pferd kann das Doppelte seines eigenen Körpergewichts ziehen ", erklärt der Straguther. Bis zu einer Tonne kann das sein. Um solch eine Leistung zu erbringen, erhalten " Drago " und " Backira " dreimal täglich Kraftfutter und ein Hafer-Gerste-Gemisch. Als Nascherei zwischendurch gibt es ab und zu eine Möhre.

Ausbildung beginnt mit Trockenübungen

Neben dem erfahrenen Duo besitzt Rocco Rösch mit " Ronny " noch eine Kaltblutstute, die sich in der Ausbildung zum Rückepferd befindet. Diese beginnt sozusagen mit Trockenübungen. " Das Tier wird erst mal bloß durch den Wald geführt ", berichtet er. Das Pferd soll sich dabei an das Knacken der Äste und andere Waldgeräusche wie ein davonsprintendes Reh oder den Klang einer Motorkettensäge gewöhnen. " Es muss nervenstark sein ", gibt der 41-Jährige zu bedenken, da Pferde von Natur aus Fluchttiere sind. Ist die Hürde erfolgreich überwunden, wird mal eine leichte Holzstange zum Ziehen ans Geschirr gehängt. Dann steht dem richtigen Arbeitseinsatz nichts mehr im Weg, vielleicht sogar im sportlichen Kräftemessen.

Dieses Jahr will der Straguther, der Mitglied im Reitund Fahrverein Steckby ist, an der Anhaltischen Holzrückemeisterschaft teilnehmen. Bisher verfolgte er das Geschehen stets nur als Zuschauer.