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Was in den Gemeinderäten 2009 noch so geschah – Teil 2 von 5 "Anhalt-Bitterfeld bringt uns nur Kummer"

Von Manuela Langner 05.01.2010, 05:54

Langweiliges Sitzungsleben ? In vielen Gemeinderäten der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Elbe-Ehle-Nuthe war davon auch 2009 nichts zu spüren. Mit jeder Menge Spaß ( und Ernst ) bei der Sache gingen die Frauen und Männer ihr Ehrenamt in der einen Stadt und den 20 Dörfern an.

Dobritz / Lindau / Reuden / Polenzko / Grimme / Deetz. Zum Verbot von Gartenfeuern, das Landrat Uwe Schulze im Februar verhängt hatte, täglich von Bürgern mit Beschwerden konfrontiert, und mit einer Erhöhung der Kreisumlage in Aussicht, kommentierte die Dobritzer Bürgermeisterin Margrit Eiserbeck auf der Ratssitzung im März illusionslos, fast schon traurig : " Anhalt-Bitterfeld hat uns bislang nur Kummer gebracht. "

Wie Lindau die Anlieferung an das Osterfeuer handhaben wolle, musste sich Stadträtin Annett Seeger in Lindau Anfang März mehrmals und hartnäckig bei Bürgermeister Helmut Seidler erkundigen, um eine Antwort zu erhalten. Der Stadtchef verwies schließlich auf die nächste Sitzung. " Dann ist das Osterfeuer ja fast vorbei ", protestierte Annett Seeger. " Gott sei dank ", rief der Bürgermeister. Die Anwesenden lachten und Helmut Seidler räumte ein, dass er derzeit keine vernünftige Lösung für den Osterfeuerplatz sehe.

" Sie können ruhig alle hierbleiben ", lud der Reudener Bürgermeister Elard Schmidt die Teilnehmer an der Informationsveranstaltung zum Bau des Schmutzwasserkanals Anfang März ein, zur anschließenden Ratssitzung im Bürgerhaus zu bleiben. " Macht mal alleine weiter ", gaben einige Männer ihrem Gemeinderat eine Abfuhr. Die große Mehrheit blieb jedoch und konnte erfahren : " Der Bürgermeister hat zu uns gesagt, dass wir zusehen sollen, dass wir hinkommen ", sagte Sachgebietsleiterin Iris Herschel zur Auslegung des geänderten Flächennutzungsplanes als Vorbereitung für die Bebauung der Festwiese.

Einen Schreibfehler machten Ende März die Polenzkoer in ihrem Haushaltsplan aus. Statt 62 000 Euro waren 62 Millionen Euro vermerkt. " Damit kaufen wir Zerbst auf und lassen uns nicht eingemeinden ", waren sich die Ratsmitglieder einig.

" Wir werden nicht aufgelöst. Ihr werdet aufgelöst. Wir gehen über ", reagierte Kämmerin Kerstin Gudella gleich darauf bei der Diskussion der Umlage an die Verwaltungsgemeinschaft. " Wir gehen unter ", kommentierte Ratsmitglied Klaus-Dieter Abt.

In Zernitz freute sich der Gemeinderat währenddessen, dass die Jagdgenossenschaft Ersatzpflanzungen finanziell unterstützen wollte. Ratsmitglied Heinz Sachse bekräftigte die Ausführungen von Bürgermeisterin Birgit Jacobsen. " Du gehst doch aber nicht auf die Jagd ?", fragte ihn sein Ratskollege Martin Reichel einigermaßen verwirrt. " Das hat doch damit nichts zu tun. "

" Jetzt könnte ich

was Böses sagen "

" Jetzt könnte ich was Böses sagen ", begann Bürgermeister Helmut Seidler in Lindau, behielt seinen Gedanken jedoch für sich.

Ganz andere Probleme hieß es in Grimme zu bewältigen. Der Gemeinderat diskutierte über das Anbringen eines oder zwei Wappen am Schlauchturm. Nicht die Wappen an sich, sondern Hubsteiger und Befestigung stellten sich als die Kostentreiber heraus. " Können wir das nicht von der Feuerwehr anbauen lassen ?", lautete also der Vorschlag. Die Antwort kam prompt : " Wie lange wollen wir denn darauf warten ?"

" Die sind beschnitten genug ", bekräftigte Elard Schmidt im März zu den Bäumen in der Dorfstraße. Das änderte aber nichts an der Tatsache, dass Friedrich Schulze zwei Sitzungen später das Thema erneut ansprach. " Man muss ja wenigstens durchkommen ", forderte er.

" Wenn man mit dem Fahrrad fährt, da hat er schon recht ", pflichtete ihm seine Ratskollegin Annegret Lorenz bei. " Wir fangen jetzt keine Baumdiskussion an ", sprach der Bürgermeister ein Machtwort und jeder wusste : Selbst ist der Mann ( oder die Frau ). Zu Sitzungsbeginn hatten die Reudener sehnsüchtig auf den stellvertretenden Bürgermeister Ehrhardt Busse gewartet, der wegen der Jahresrechnung / Entlastung des Bürgermeisters zeitweise die Sitzungsleitung übernehmen musste. " Du bist heute hier der Chef ", wurde er begrüßt. " Warum denn das ?", fragte er zurück. " Weil der Bürgermeister heute nichts zu sagen hat. Naja, jedenfalls bei den Punkten sieben und acht. "

In Deetz war das zwei Tage später nicht viel anders. " Du machst gar nichts, du hast Mitwirkungsverbot ", bremste Kämmerin Kerstin Gudella Bürgermeister Ulrich Weimeister in seinem Tatendrang. " Ich habe Mitwirkungsverbot ", schob Thoralf Sandmann hinterher. 2005 und 2006 sei schließlich sein Vater Karl-Heinz Sandmann Bürgermeister gewesen. Kerstin Gudella schüttelte den Kopf. " Es wird der Bürgermeister entlastet, der im Amt ist. " Daraufhin schüttelte Piet van Kampen den Kopf. " Man kann doch nicht einem die Schuld für etwas geben, der gar nichts dafür kann. " So ist das aber.

" Wir kriegen bald wieder internationale Studenten, sollen die denken : ‚ Wie sieht es denn hier aus ?‘", sprach Annemarie Trunschel die Deetzer Dreckecken an. " Denkst du, bei denen sieht es anders aus ?", fragte ihr Ratskollege Wolfgang Knopf zurück.