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Die französische Kulturbeauftragte über Filme und die Landeshauptstadt "Mein Zuhause ist hier in Magdeburg"

02.04.2014, 01:16

Seit ein paar Tagen laufen in Sachsen-Anhalt die französischen Filmwochen. In Magdeburg zeigen das Cinemaxx und der Moritzhof mehrere Kinoperlen. Volksstimme-Redakteur Alexander Dinger sprach mit der Kulturbeauftragten der französischen Botschaft, Violaine Varin, über ihre Lieblingsfilme und Magdeburg.

Volksstimme: Frau Varin, was ist Ihr deutscher Lieblingsfilm?

Violaine Varin: Huch (überlegt). Ich bin eine leidenschaftliche Kinobesucherin. Ich kann Ihnen sagen, welcher Film mir zuletzt wirklich gut gefallen hat: "Sein letztes Rennen" mit Didi Hallervorden. Ich fand diesen Film wirklich sehr berührend und schön. Das "Leben ist nichts für Feiglinge" war auch sehr interessant.

Volksstimme: Wie reifte die Idee für die Filmwochen?

Violaine Varin: Ursprünglich waren es die Französischen Filmtage Halle. In Magdeburg haben wir mit dem Moritzhof letztes Jahr für den 50. Jahrestag des Élysée-Vertrages das Projekt Ciné.folie! entworfen, das auch Kino als Schwerpunkt hatte. Auf Wunsch der Veranstalter in Magdeburg und Halle haben wir uns dafür entschieden, unsere Kräfte zu bündeln und unsere Ideen zu sammeln. So sind die französischen Filmwochen in Sachsen-Anhalt entstanden. Dessau haben wir dazugeholt, weil es dort seit Jahren das Projekt Cinéfête gibt. Das ist ein bundesweites Festival für Schüler, koordiniert von der französischen Botschaft.

Volksstimme: Wie haben Sie die Filme ausgesucht? Es sind viele Produktionen, die hier noch nicht liefen.

Violaine Varin: Unser hauptsächliches Anliegen ist es, Filme zu zeigen, die hier noch nicht gelaufen sind. Dann zeigen wir natürlich auch Kinderfilme und Produktionen, die in Deutschland schon gelaufen sind. Dort geht es um Qualität und wie erfolgreich der Film war.

Volksstimme: Es geht aber nicht nur um Einschaltquote?

Violaine Varin: Es ist nicht der Hauptpunkt. Es geht in erster Linie um Qualität. Ein Programmpunkt ist zum Beispiel die Biopic-Retrospektive. Wir zeigen beispielsweise Filme über Gabrielle "Coco" Chanel, Serge Gainsbourg, Yves Saint Laurent und Édit Piaf. Ich bin der Meinung, dass sich so das Publikum nicht nur mit der französischen Kinokultur, sondern auch mit der Kultur an sich auseinandersetzen kann.

Volksstimme: "Gainsbourg, vie héroique" und "La Môme" liefen in Deutschland bereits im TV.

Violaine Varin: Ja, das sind zum Teil alte Filme. Das ist auch eher eine themenbezogene Auswahl.

Volksstimme: Im weitesten Sinne sind die französischen Filmwochen auch ein deutsch-französisches Projekt. Französische Kultur läuft in deutschen Kinos. Die Auswahl fand gemeinsam statt. Sehen Sie in der deutsch-französischen Freundschaft Nachholbedarf?

Violaine Varin: (überlegt) Ich würde nicht das Wort Nachholbedarf, sondern Ergänzungsbedarf verwenden. Die französische Kultur - wie die deutsche auch - entwickelt sich ständig und lässt sich nicht nur auf Piaf oder Gainsbourg reduzieren. Man darf nicht nur über das Traditionelle und zum Teil auch Klischeebeladene berichten.

Volksstimme: Im Gegensatz zu Deutschland ist Frankreich als große Filmnation bekannt. Was machen Sie anders? Warum ist französisches Kino so viel besser?

Violaine Varin: Ich bin nicht der Meinung, dass es so viel besser ist. Irgendwie verkaufen sich die Franzosen besser. Ich habe in Deutschland wirklich sehr viele schöne Filme gesehen. Es schaffen leider zu wenige Produktionen bis nach Frankreich. "Was bleibt" von Hans-Christian Schmid mit Lars Eidinger und Corinna Harfouch wurde in Frankreich viel beachtet. Ich bin zum Beispiel sicher, dass das "Letzte Rennen" sehr vielen Franzosen gefallen würde. "Barbara" wurde auch in Frankreich gezeigt und war erfolgreich.

Volksstimme: Gibt es deutsche Themen, die in Frankreich funktionieren? In Barbara geht es ja um die DDR und große schwere Geschichte. Oder gehen auch reine Komödien?

Violaine Varin: Nein, es schaffen nicht nur geschichtliche Filme. Aber die Mischung funktioniert. Eine der erfolgreichsten war zum Beispiel "Good Bye, Lenin!". Ich persönlich wünsche mir manchmal, dass es nicht immer um Geschichte von Deutschland oder Frankreich geht, sondern um Geschichten von Menschen. Aber ich glaube wirklich, dass das deutsche Kino stark im Kommen ist.

Volksstimme: Denken Sie wirklich, dass Deutsche einen Film wie "Ziemlich beste Freunde" drehen könnten?

Violaine Varin: Das ist schwierig. "Ziemlich beste Freunde" war natürlich ein sehr französischer Film. In diesem Film werden sehr viele kleine Details französischer Kultur aufgegriffen, die man eigentlich nur als Franzose versteht. Es war daher eine große Überraschung, dass der Film auch im Ausland so erfolgreich war.

Volksstimme: Was haben Sie 2014 noch geplant?

Violaine Varin: Wir haben im Zusammenhang mit dem Gedenkjahr zum Ersten Weltkrieg ein Projekt mit dem Namen "Frieden-Paix". Das ist eine internationale Ausstellung, die in Magdeburg stattfinden wird. Dann bereiten wir die "Fete de la musique" am 21. Juni in zehn Städten vor. Fünf Gruppen aus Frankreich treten da in je zwei Städten auf. Wir unterstützen auch das Laternenfest und das Akkordeon Akut Festival in Halle sowie weitere frankophile Initiativen durch ganz Sachsen-Anhalt.

Volksstimme: Seit wann sind Sie Magdeburgerin?

Violaine Varin: Ich bin seit September 2011 in der Stadt. Ich bin aber in ganz Sachsen-Anhalt unterwegs. Es gibt unter anderen Projekte in Halle, Quedlinburg, Dessau.

Volksstimme: Wie oft fahren Sie eigentlich nach Hause?

Violaine Varin: (lacht) Sie haben die Frage falsch gestellt. Mein Zuhause ist hier in Magdeburg. Ich bin zwei- bis dreimal im Jahr in Frankreich.

Filmprogramm im Internet: www.franzoesische-filmwoche.de