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Joseph Ratzinger wird als einer der großen Kirchenmänner in die Geschichte eingehen Benedikt XVI.: Ein Bewahrer, kein Reformer

12.02.2013, 01:18

Fast acht Jahre dauerte das Pontifikat von Benedikt XVI. Nun zieht er selbst einen Schlussstrich. Radikale Umwälzungen waren nicht sein Ziel.

Rom (dpa) l Eine richtungweisende "Ära Benedikt" ist es nicht geworden. Ein klarer Reformwille war nicht zu sehen. Dennoch wird der Bayer aus Marktl am Inn den Gläubigen trotz seines lediglich knapp achtjährigen Pontifikats in Erinnerung bleiben als einer, der das Gesicht seiner Kirche immens geprägt hat. Denn vor seiner von Krisen geschüttelten Zeit als Papst Benedikt XVI. war er über 20 Jahre lang als Kardinal Joseph Ratzinger "oberster Glaubenshüter" der Kirche.

Auch das Bild bleibt: Benedikt, der sich 2010 dem üblen Missbrauchsskandal der Kirche gestellt hat. Zwei Jahre später traf ihn die "Vatileaks"-Krise um veruntreute Dokumente.

Am Abend des 19. April 2005 tritt als Nachfolger des charismatischen polnischen Pontifex Johannes Paul II. derjenige auf den Balkon des Petersdomes, der fast ein Vierteljahrhundert lang der mächtigste Mann hinter Karol Wojtyla war. "Ich bin doch nur ein einfacher, kleiner Arbeiter im Weinberg des Herrn", erklärte der frisch gewählte Papst, der als Präfekt der Glaubenskongregation oft als "Inquisitor" angefeindet worden war. Er sah auch als Papst seine Aufgabe darin, den konservativen Kurs seines polnischen Vorgängers fortzusetzen und als brillanter Theologe und Vielschreiber den Gläubigen Lesefutter zu bieten.

Er wollte die Einheit der Kirche bewahren auch in heiklen Jahren - so gut es eben geht. Und er hielt deshalb trotz aller Kritik an den Werten fest, die er als überlebensnotwendig ansieht. So blieben lange geforderte Reformen etwa beim Zölibat oder der Sexualmoral aus.

Benedikt blieb der ablehnenden Haltung zu Abtreibung, Sterbehilfe und Kondomen treu, betonte weiter die "Einzigartigkeit" der katholischen Kirche und ließ begrenzt liturgische Formen aus der Zeit vor den Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) wieder zu.

Neben dem Missbrauchsskandal lastete die Krise um die Piusbrüder bleiern auf dem Pontifikat - und legte vatikanische Defizite offen. Mit der umstrittenen Rücknahme der Exkommunikation der Piusbischöfe durch Benedikt schoss der Vatikan ein glattes Eigentor, wurde doch "übersehen", dass sich darunter der Holocaust-Leugner befand.

Die Muslime waren verärgert über Benedikts Islam-kritisches Zitat in der "Regensburger Rede" im September 2006. Nicht nur der Streit um die Piusbrüder und den "Weltkriegs-Papst" Pius XII. verärgerte die jüdischen Kreise. Kritiker bedauerten den Stillstand in der Ökumene.

Die große Reform erwartete wohl kaum jemand von dem Papst, der seine Kirche als "Global Player" für eine Welt der Werte, der Ökologie und des sozialen Handelns zu erhalten versuchte. Mehr Krisen drohten. Harte Zeiten, in denen auch wohlmeinende Enzykliken wie "Gott ist Liebe" oder "In der Hoffnung gerettet" keine Dämme bauen. Wie er Christsein im Kern forderte, das schaffte Probleme.