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Seit 1. Mai gilt Mopedführerschein ab 15 / Erinnerungen an die erste "Karre" Mit dem Star zur Freundin "geflogen"

Von Oliver Schlicht und Bernd-Volker Brahms 06.05.2013, 01:28

Magdeburg. Das erste Moped kam in der Regel noch vor der ersten Freundin. Entsprechend emotional ist die Erinnerung. Aus Anlass der Einführung des "Führerscheins ab 15" hat die Volksstimme Prominente nach ihrer Mopedgeschichte befragt.

l Magdeburgs Oberbürgermeister, Lutz Trümper (SPD), hat schon mit 14 angefangen. "Fahrrad mit Hilfsmotor. Meine beiden Brüder haben da ständig an etwas gebastelt", erzählt er. Das war auch nötig. "Wir waren vier Kinder zu Hause. Geld war immer knapp. Da wurde nichts neu gekauft. Auch unsere Fahrräder haben wir aus Teilen vom Schrottplatz zusammengeschraubt."

Familie Trümper lebte in Oschersleben. Aber viele Kumpels an der Erweiterten Oberschule (DDR-Gymnasium) kamen zu Beginn der 1970er Jahre vom Dorf. "Wollte man etwas zusammen unternehmen, war ein Moped wichtig", erinnert sich der Oberbürgermeister. Auf der "Karre" etwas mit Mädchen zu unternehmen, war bei dem jugendlichen Lutz nicht drin. "Mit 15 hatte mir mein großer Bruder eine KR 50 zusammengeschraubt. Aber die hatte nur einen Sitz." Erst später folgte eine Schwalbe.

Auch bei Verkehrsminister Thomas Webel (CDU) lief in Sachen Mädchen mopedmäßig nicht viel. Der Grund: Er hatte kein eigenes Moped. "1200 Mark war viel zu viel. Aber einen Führerschein hatte ich", erzählt er. Denn in der Niederen Börde, wo der junge Thomas aufwuchs, haben die Schüler im Praxis-Unterricht bei der LPG alle mit 14 den Traktor-Führerschein gemacht. "Und damit durfte man auch Moped fahren. Ab und zu hat mir ein Kumpel sein Moped geliehen." Um bei den Mädchen zu landen, war das eigene Moped ohnehin nicht zwingend nötig, hat Webel als Teenager herausgefunden. "Höflichkeit ist sehr wichtig im Umgang mit Mädchen. Und man muss sie immer ernst nehmen." Das Übrige tat damals ein gepflegter Langhaarschnitt.

Vehement für die Wiedereinführung des Moped-Führerscheins ab 15 gefochten hat der CDU-Landtagsabgeordnete Hardy Peter Güssau aus Stendal. Im Alter von 14 Jahren bekam er 1977 sein erstes Moped - eine Simson Mokick S 50. Mit 1400 Mark war die alles andere als billig. "Das Geld hatte ich aus der großen Kasse der Jugendweihe. Den Rest hat Oma gesponsert", erinnert sich Güssau. Der junge Bursche musste sich damals das Mopedfahren hart erarbeiten. "Für eine halbe Stunde fahren musste ich eine halbe Stunde im Garten arbeiten." So kam es, dass Mutter Güssau Ende der 1970er Jahre wohl einen der am besten gepflegtesten Gärten von Stendal hatte.

"Der Star hat mich mit meiner Frau zusammengebracht."
Reiner Haseloff

Mit den Kumpels ist "Rocker-Hardy" zwischen Stendal und Arneburg sogar Rennen gefahren. "Die letzten vier, fünf Kilometer vor Arneburg war die beste Straße im gesamten Kreis", erinnert er sich. Mit rund 60 Gleichgesinnten trafen sie sich in Stendal an den Wochenenden beim Russensportplatz. "Wir grüßen uns heute noch alle untereinander."

Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hat sein Moped "Star" erst nach der Wende verkauft, und selbst das "war nicht einfach, weil so viele Erinnerungen daran hingen", sagt er. Die wichtigste: "Der Star hat mich mit meiner Frau zusammengebracht." 1972 ist der 17-jährige Reiner mit dem Moped 180 Kilometer weit nach Hoyerswerda (Sachsen) zum Geburtstag eines Kumpels gefahren - und hat dort Gabriele zum ersten Mal getroffen, mit der er bis heute verheiratet ist. "Wir haben beide alles mit dem Star gemacht. Urlaub, Kirchentage. Erst 1981 habe ich mein erstes gebrauchtes Auto erworben."

Doch den Star hat er zu Hause in Wittenberg im Alter von 15 Jahren gekauft. Über 1000 Mark. Ein Drittel des Geldes hat der junge Haseloff bei Arbeitseinsätzen in der LPG und am Band eines Elektrobetriebes zusammenverdient. Den Rest gab die Mutter. "Ich weiß noch, wie sie das ganze Geld vom Familiensparbuch abgehoben hat. Wir waren drei Kinder zu Hause und hatten kaum Geld auf der hohen Kante." Mit einer Flasche voll Benzin ist der "Reinerchen" dann zum Laden in Wittenberg gerannt. Höchste Eisenbahn. "Da war die Mutter eines Freundes Verkäuferin und hatte den Star zurückgestellt. Rot und schillernd grün war seine Farbe. Das weiß ich noch wie heute", erzählt der Ministerpräsident mit einem Hauch Wehmut.

"Meine Schwalbe war grün und hatte Automatik", verrät auch IHK-Präsident Klaus Olbricht nicht ohne Stolz. Der Unternehmer wuchs in dem Dorf Gnoien südöstlich von Rostock auf. 25 Kilometer Schulweg - da war die Schwalbe unbezahlbar.

Auch er bekam die "Moped-Fleppen" im Praxisunterricht bei der LPG zum Traktorführerschein mit. In der 9. Klasse war das, Ende der 1960er Jahre. "Acht Mark hat das gekostet. Die Theoriefragen passten auf ein Blatt Papier." Und auch die praktische Fahrprüfung war nicht wirklich eine Hürde. "Da mussten wir nur alle auf dem Hof eine Acht fahren. Mehr nicht", erinnert sich IHK-Präsident Olbricht schmunzelnd an alte Zeiten.