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Hochwasserschäden Polderbauern fühlen sich betrogen

Von Hagen Eichler 20.02.2014, 02:18

Havelberg l Ihre Wiesen und Felder wurden gezielt geflutet, um andere zu retten. Den Schaden bekommen Polderbauern jedoch nur teilweise ersetzt.

Zum zweiten Mal seit ihrem Bestehen sind im vergangenen Sommer die sechs bei Havelberg gelegenen Polder vollgelaufen. Das Manöver sollte die Flutwelle kappen, die im Juni elbabwärts rollte. Wittenberge, Hitzacker und Lauenburg wurden entlastet. Landwirte wie Hubert Aselmeyer hingegen, der 500 Hektar im Warnauer Polder südöstlich von Havelberg bewirtschaftet, haben den Schaden bis heute.

Bundesländer ohne präzise Entschädigungsregelung

Denn obwohl die Polder auf staatliche Anordnung geflutet wurden, bekommen die Bauern ihre Verluste nur teilweise ersetzt. Grünfutter und Mais für Aselmeyers Kühe wurden ebenso vernichtet wie Weizen, Roggen und Lupine. Auf 500.000 Euro beziffert der Familienbetrieb den Schaden. Erstattet habe ihm das Land jedoch nur 60 Prozent, ärgert sich Aselmeyer: "Unsere Flächen saufen ab, damit anderswo die Häuser nicht nass werden, und das ist auch in Ordnung so. Aber es kann doch nicht sein, dass dann unsere Existenz bedroht ist."

Rund zwei Dutzend Landwirte ackern in den Havelpoldern, Großbetriebe sind ebenso darunter wie Nebenerwerbslandwirte. Ein Staatsvertrag legt fest, unter welchen Umständen das Wehr geöffnet wird. Eine präzise Entschädigungsregelung haben die beteiligten Länder jedoch nicht festgelegt. Hilfszahlungen entnehmen sie aus dem Wiederaufbaufonds nach der Flut.

Bürgermeister hält Teilentschädigung für rechtswidrig

Die Höhe ist jedoch je nach Bundesland unterschiedlich: In Brandenburg gab es für die Polderbauern in der Regel 100 Prozent. In Sachsen-Anhalt sind es nach Auskunft des Agrarministeriums entsprechend den Erträgen der vergangenen drei Jahre "im Schnitt 80 Prozent".

Der Havelberger Bürgermeister Bernd Poloski (parteilos) hält die Teilerstattung für rechtswidrig. "Bei einer vom Staat getroffenen Entscheidung gilt das Prinzip der Staatshaftung", sagt er. Die Ungleichbehandlung sei niemandem zu vermitteln. Auch der Stendaler Kreistag hat sich mit einer Resolution hinter die Bauern gestellt.

Landwirtschaftsminister Hermann Onko Aeikens (CDU) will indes an der bisherigen Regelung festhalten. "Sie ist fair, unbürokratisch und rechtlich sauber", sagt sein Sprecher Detlef Thiel. Die vor 60 Jahren angelegten Polder hätten den Landwirten auch Vorteile gebracht. "Früher wurden diese Flächen regelmäßig überschwemmt und haben wenig Ertrag gebracht. Jetzt sind sie durch Deiche geschützt und werden nur sehr selten überflutet."