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Verlierer-Frust "Pegida" ist späte Folge der Wende

Die Wut der Dresdner Demonstranten ist auch die Folge von Enttäuschungen nach dem Ende der DDR, vermutet die Magdeburger Landesbischöfin Ilse Junkermann. Sie fordert eine neue Debatte über die Lasten der Wende.

Von Hagen Eichler 07.01.2015, 02:07

Magdeburg l Für die leitende Theologin der mitteldeutschen Landeskirche ist es kein Zufall, dass die Anti-Islam-Bewegung vor allem in Ostdeutschland Widerhall findet. Die Demonstranten hätten angesichts von Einwanderern und Flüchtlingen Angst, ihre vertraute Umgebung zu verlieren. Eine andere schwere Erschütterung hätten sie mit der Wende bereits hinter sich, sagte Junkermann im Volksstimme-Interview.

Trotz allen Bemühens um Anpassung hätten bei vielen Ostdeutschen weder die erste noch die zweite Umschulung zum Erfolg auf dem Arbeitsmarkt geführt. Diese "Verlierer-Erfahrungen" wirkten nun nach. Dass der tatsächliche Ausländeranteil in Ostdeutschland verschwind gering sei, spiele dabei keine Rolle. Der Protest wurzele nicht in Fakten, sondern in der Gefühlswelt der Menschen.

Christen könne sie nur empfehlen, an den Gegendemon-strationen teilzunehmen, sagte Junkermann. Allerdings habe "Pegida" auch einen positiven Aspekt: Die Märsche seien ein Weg, sich politisch einzubringen. "Ich will das positiv sehen, als ein Ansatz, sich mehr zu beteiligen und nicht mehr zu schweigen." Sie wolle die Bewegung nicht rechtfertigen, die Menschen müssten aber ernst genommen werden.

Von der Politik forderte Junkermann klare Konzepte zur Einwanderung. "Es fehlt das Eingeständnis, dass wir Fachkräfte brauchen und tatsächlich eine Einwanderungsgesellschaft sind. Wir bräuchten klare Kriterien, wie viel Integration wir verlangen können und wo wir andere Kulturen respektieren."

Am Montag hatte die "Pegida"-Bewegung in Dresden 18000 Menschen auf die Straße gebracht, einige zeigten christliche Symbole wie das Kreuz. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sprach "Pegida" jegliche christliche Motivation ab. Gegen Fremdenfeindlichkeit sowie jeden Missbrauch des Etiketts "christlich" müsse man klare Kante zeigen. In Köln ließ Dompropst Norbert Feldhoff die Außenbeleuchtung des Doms aus Protest abschalten. Der katholische Magdeburger Bischof Gerhard Feige sagte am Dienstag in seiner Predigt zum Epiphaniastag, "dass Parolen dieser Art mit der jüdisch-christlichen Überlieferung nicht vereinbar sind". Seiten 2 und 5