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Kulturhistorisches Museum Magdeburg Klapp-Sonnenuhr für die Reise

In einer Serie stellt die Volksstimme gemeinsam mit dem
Kulturhistorischen Museum Exponate der Ausstellung "Am Vorabend der
Reformation" vor. Heute: die Klapp-Sonnenuhr.

14.01.2015, 09:59

Magdeburg l Ein Bereich der Ausstellung widmet sich den Wallfahrten, die zahllose Pilger auf teilweise monatelangen Reisen quer durch Europa führten. Da drängt sich die Frage förmlich auf, wie man vor 500 Jahren derart immense Wegstrecken meisterte und sich in der Fremde zurechtfand. Antwort gibt ein auf den ersten Blick eher unscheinbares Objekt aus der Mitte des 16. Jahrhunderts - eine kleine hölzerne Klapp-Sonnenuhr.

Öffnet man sie, so spannt sich zwischen ihren zwei achteckigen Schalen ein kleiner Polfaden. Sein Schatten zeigt auf der Stundeneinteilung die Zeit an. Die Ausrichtung erfolgte mit einer Kompassnadel, die sich einst unter einer Glasabdeckung in der Kompassschale der Uhr befand, aber leider verloren ging. Da bei der Herstellung der Uhren ihre Polfäden vor Ort auf den höchsten Stand des Polarsterns über dem Horizont eingestellt wurden, zeigten sie nur in diesem Breitengrad die exakte Zeit an. Einige Uhren hatten daher einen je nach Grad in der Länge verstellbaren Polfaden.

Kompassuhren gab es etwa seit 1500. In dieser Zeit schuf der aus Erfurt stammende Arzt, Astronom und Kompassmacher Erhard Etzlaub die erste Straßenkarte mit genauer Entfernungsangabe, eine ungeheuere Innovation in der damaligen Kartographie. Die Straßen sind als punktierte Linien dargestellt - jeder Punkt steht für eine deutsche Meile, ca. 7,4 Kilometer. Zur Linken der Klappsonnenuhr findet der Ausstellungsbesucher eine Abbildung dieser Karte.

Weil auf ihr die Reiserouten nach Rom dargestellt sind, ist sie als "Romwegkarte" bekannt. Durch Abgreifen der Entfernungstabelle am unteren Kartenrand mit einem Stechzirkel konnte man Distanzen rasch ermitteln. Hier sind auch eine Klappsonnenuhr, deren Kompassnadel die Einordung ermöglicht, und ein Text, der den Gebrauch von Kompass und Karte erklärt, aufgedruckt. Eine Tabelle am rechten Rand verzeichnet die Breitengrade. Links sind die jeweiligen maximalen Tageslängen dazu angegeben. Für Reisende waren solche Angaben unerlässlich, denn viele Städte schlossen ihre Tore vor Einbruch der Dämmerung. Das praktische Navigationssystem aus Romwegkarte und Kompassuhr erfreute sich schnell großer Beliebtheit und wurde in hoher Auflage produziert und verkauft.

Öffnungszeiten des Museums: dienstags bis freitags 10 bis 17 Uhr, sonnabends/sonntags 10 bis 18 Uhr