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Talsperre Wendefurth Die Welle kam und mit ihr Reifen und Baumstämme

Von Oliver Schlicht 17.04.2015, 03:25

Blankenburg l Das Bodetal erlebte am Donnerstag am Vormittag ein ungewöhnliches Naturschauspiel. Die klar und ruhig dahinfließende Bode verwandelte sich ab Wendefurth in einen wilden trüben Fluss. In dem Gewässer trieben flussabwärts plötzlich Baumstämme, Schuhe, Autoreifen und anderer Unrat, die vom Ufer mitgerissen wurden. Nach nur einer halben Stunde beruhigte sich die Bode wieder. Die kurzzeitige Hochwasserwelle ebbte im Flussverlauf langsam ab, soll aber bis nach Staßfurt spürbar gewesen sein.

Schuld an dem Spektakel war die Funktionsprobe eines großen Ringkolbenventils an der Talsperre Wendefurth. "Getestet wurde das Öffnen und Schließen einer Stauklappe unter voller Wasserlast", erklärte Maren Dietzel, Betriebsleiterin im Talsperrenbetrieb des Landes. Solche Prüfung sei etwa alle drei Jahre notwendig. Dietzel: "Hinzu kam noch eine andere Reparatur, die bei der Gelegenheit ausgeführt werden konnte." Im vergangenen Herbst sei ein Blitz in die Staumauer eingeschlagen. Ein dabei zerstörtes elektronisches Steuerelement konnte jetzt ausgewechselt werden.

Das Ringkolbenventil gibt das Wasser der Talsperre durch ein Rohr mit einem Durchmesser von zwei Metern frei. Es wurde in zehn Minuten langsam geöffnet. 30 Kubikmeter Wasser ergossen sich dann pro Sekunde am Fuße der 43 Meter hohen Staumauer in das Unterbecken und von dort weiter direkt in die Bode. Ein Novum der Talsperre Wendefurth im Harz. Nur sie gibt ihr Wasser direkt in die Bode ab.

Der Talsperrenbetrieb hatte deshalb über die bevorstehende Ventilöffnung informiert, damit Anlieger am Oberlauf der Bode ihr Hab und Gut sichern. Das geschah nicht überall, wie das Treibgut zeigte. Den höchsten Wasserstandsanstieg erreichte die Bode in Thale, weil das Flussbett dort enger als in anderen Orten ist. Dietzel: "In Thale stand die Bode kurzzeitig etwa 60 Zentimeter höher."

Einige Schaulustige beobachten die "Welle" vom Ufer aus. Hilmar Schröter, Vorsitzender vom Fliegenfischer- und Gewässerschutzverein Bodetal, hielt Wacht am Fischbruthaus. 80000 Bachforellensetzlinge in Aufzuchtbecken werden dort sonst mit Bodewasser versorgt. Gestern nicht. "Ich habe die Brunnenpumpe angeworfen, damit der Dreck im Wasser nicht unsere Filter zusetzt", erzählte er. Aus Anglersicht sei das plötzliche Wildwasser eine gute Sache. "Die Kiesbänke werden freigespült. Für den Fischbesatz ist das gut."