Extremismus Anlaufstelle: Über 400 Beratungen wegen rechter Gewalt
Alle fünf Tage wird ein Angriff von Rechts registriert, viele Betroffene sind minderjährig: Wer rechte Gewalt erlebt, braucht Hilfe. Die Betroffenenberatung Niedersachsen sieht ein echtes Problem.

Hildesheim - Die Zahl der Beratungen bei rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt bleibt in Niedersachsen hoch. Über 400 Beratungen seien 2024 gezählt worden - im Vergleich zum Vorjahr 2023 sei das eine konstant hohe Zahl, teilte die Betroffenenberatung Niedersachsen mit. Im Durchschnitt sei alle fünf Tage ein neuer Angriff von Rechts registriert worden. Etwa ein Viertel der Betroffenen sei noch minderjährig gewesen.
68 neue Fälle - 84 Betroffene
Insgesamt nahm die Betroffenenberatung den Angaben zufolge für das Jahr 2024 genau 68 neue Fälle mit 84 direkt Betroffenen auf. Bei mehr als einem Drittel der Angriffe (24) lautete das hauptsächliche Tatmotiv Rassismus, aber auch politische Gegnerinnen und Gegner (17) wurden angegriffen. Sechs Angriffe, darunter ein Brandanschlag, waren antisemitisch motiviert. Auch mindestens 21 Kinder und Jugendliche wurden Opfer rechter Gewalt. Grund sei neben einer allgemein sinkenden Hemmschwelle das immer jüngere Alter der Täter.
Die Erfassungskriterien wurden nach Angaben einer Sprecherin umgestellt, daher sind die Zahlen für 2024 nur eingeschränkt mit denen der Vorjahre vergleichbar.
Auf Kooperation mit der Polizei angewiesen
Dennoch: „Die Zahlen zeigen: Der Bedarf an Unterstützung bleibt hoch – Woche für Woche“, sagte die Sprecherin. Die Betroffenenberatung hört zu, begleitet und unterstützt – etwa bei Entlastungsgesprächen zur Verarbeitung der Angriffsfolgen oder bei der Beantragung von Entschädigungsleistungen wie Schmerzensgeld.
Angewiesen sei das Team auf die Kooperation mit der Polizei. „Leider gibt es noch keine verbindliche Verweisstruktur seitens der Polizei“, sagte Kara Evers, die Koordinationsleitung der Betroffenenberatung. „Viele Betroffene berichten, dass sie die Unterstützung wesentlich früher, nämlich unmittelbar nach dem Angriff, gebraucht hätten, um das Erlebte zu verarbeiten - doch sie wurden nicht an uns weitervermittelt.“ Die Folge: Die Beratungsteams könnten keinen Kontakt aufnehmen, Betroffene erhielten keine Unterstützung.