Abgeordnetenhaus Berliner SPD will Wahlsieg mit Hoffnungsträger Krach
Steffen Krach wagt den Sprung von Hannover zurück nach Berlin. Als Spitzenkandidat soll er die zerstrittene Hauptstadt-SPD einen und das Rote Rathaus zurückerobern. Was sagt er dazu?

Berlin - Gut ein Jahr vor der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus hat die SPD einen Herausforderer für CDU-Regierungschef Kai Wegner benannt. Der geschäftsführende Landesvorstand nominierte einstimmig Steffen Krach als Spitzenkandidaten, der seit 2021 Regionspräsident in seiner Geburtsstadt Hannover ist. Zuvor war der 46-Jährige viele Jahre im Berliner Politikbetrieb tätig, darunter zwischen 2014 und 2021 als Staatssekretär für Wissenschaft.
Der erweiterte SPD-Landesvorstand berät am kommenden Sonntag über die Personalie. Am Montag will sich Krach, der seine Nominierung als große Ehre bezeichnete, bei einer Pressekonferenz der Berliner Öffentlichkeit vorstellen. Endgültig zum Spitzenkandidaten gekürt werden soll er am 15. November auf einem Parteitag. Das dürfte Formsache sein: Krach genieße in der Partei großen Rückhalt, heißt es aus der SPD.
Parteitag im November
Läuft also alles wie geplant, fordert er bei der Wahl am 20. September 2026 den Regierenden Bürgermeister Wegner heraus, dessen CDU seit 2023 mit der SPD als Juniorpartner koaliert. Die Grünen-Parteispitze hat bereits im Juli ihren Fraktionsvorsitzenden Werner Graf als Spitzenkandidaten vorgeschlagen. Bei den anderen Parteien ist noch offen, wer antritt.
„Kraft, Erfahrung und Ideen“
„Unser Ziel ist es, bei den Abgeordnetenhauswahlen im nächsten Jahr stärkste Partei zu werden“, erklärte der geschäftsführende SPD-Landesvorstand um die Parteichefs Martin Hikel und Nicola Böcker-Giannini. „Unser Ziel ist es, das Amt des Regierenden Bürgermeisters für die SPD zurückzugewinnen.“ Mit Krach könne das erreicht werden. „Krach bringt als erfahrener und erfolgreicher Politiker Kraft, Erfahrung und Ideen für ein besseres Berlin mit. Er steht für eine ambitionierte Politik, die nicht verwaltet, sondern Berlin im Sinne der Menschen gestaltet.“
Kandidat hob nicht den Finger
Krach selbst sagte später in Hannover, es sei eine große Ehre, für die SPD Berlin nominiert zu werden. „Ich habe nicht hier aus Hannover meinen Finger gehoben und habe gesagt: Ich möchte aus Hannover weg. Das war so nicht, sondern ich wurde aktiv angesprochen, und ich habe mir das dann natürlich sehr reiflich auch mit meiner Familie überlegt.“
Als er 2020 seine Kandidatur als Regionspräsident in Hannover bekanntgab, habe die SPD bundesweit auch bei 13, 14 Prozent gelegen, fügte er hinzu. „Und es haben auch damals ganz viele Menschen gesagt: Das ist hier aussichtslos. Wir haben dann das Ruder herumgerissen, und das habe ich auch für Berlin vor.“ Seine genauen Pläne für Berlin wolle er am Montag erläutern.
SPD zuletzt auf absteigendem Ast
Krach ist ein Hoffnungsträger der Berliner SPD, die seit vielen Jahren immer schlechtere Wahlergebnisse einfährt. Den vorläufigen Tiefpunkt auf Landesebene markierte die Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus im Februar 2023, als die SPD mit 18,4 Prozent ihr schlechtestes Resultat überhaupt erzielte. Sie lag klar hinter der CDU (28,2 Prozent) und nur 53 Stimmen vor den Grünen auf Platz zwei. Das Rote Rathaus, zuvor gut zwei Jahrzehnte in SPD-Hand, war verloren.
Krach gilt, so heißt es in der SPD, als kompetent, als frisches Gesicht mit neuen Ideen. Er kann innerhalb der von Flügeln und mitunter Grabenkämpfen geprägten Partei wohl auf breite Unterstützung zählen. Und: Viele trauen ihm zu, auch bei den Wählerinnen und Wählern gut anzukommen.
Zuletzt waren diverse Namen für die Spitzenkandidatur gehandelt worden. Dazu gehörte der langjährige SPD-Fraktionschef Raed Saleh, der als mächtiger Strippenzieher in der Partei gilt, aber dort nicht nur Freunde hat. Er unterstützt die Kandidatur Krachs. Ambitionen hatte auch Franziska Giffey, die von 2021 bis 2023 Regierende Bürgermeisterin war und heute Wirtschaftssenatorin ist. Sie führte die SPD in die Wahlkämpfe 2021 und 2023.
Krach kennt Berlin gut
Krach ist seit 1998 SPD-Mitglied und kam aus Niedersachsen 2002 zum Studium nach Berlin. Anschließend arbeitete der Diplom-Politologe in verschiedenen Positionen in der damaligen Senatsverwaltung für Bildung und Wissenschaft. 2012 bis 2014 leitete er die Bund-Länder-Koordinierungsstelle der SPD-Bundestagsfraktion, ehe er in zwei Berliner Senaten des damaligen Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) als Staatssekretär für Wissenschaft wirkte. Nicht nur die SPD bescheinigte ihm hier gute Arbeit.
2021 Wechsel nach Niedersachsen
Seit November 2021 ist Krach direkt gewählter Regionspräsident der Region Hannover. In dem Amt ähnlich dem eines Bürgermeisters ist er oberster Repräsentant der Region und Chef der Verwaltung. In Hannover erwarb sich Krach schnell den Ruf eines Mannes, der nach mehr strebt. Schon für die Nachfolge des langjährigen niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) wurden ihm Außenseiterchancen eingeräumt. Vor wenigen Monaten war er in Niedersachsen auch als neuer Wirtschaftsminister im Gespräch.
Amtszeit in Hannover läuft bis 2026
Regulär läuft Krachs Amtszeit im Herbst 2026 aus, für eine neue Amtsperiode tritt er nicht an. Wie er seinen Job in Hannover mit seiner neuen Aufgabe in Berlin unter einen Hut bringt, ist offen. Über den genauen Übergang wolle er mit den Fraktionsvorsitzenden der Regionsversammlung beraten, so Krach. „Es wird mit Sicherheit eine Regelung notwendig sein, die mir auch die Freiräume für einen Wahlkampf ermöglicht.“ Wichtig sei, „dass es keine Neuwahlen geben muss, sondern dass wir ganz normal hier in der Region Hannover zum 13. September 2026 wählen können, und das ist auch möglich“.
Krach ist verheiratet und hat drei Kinder. Privat machte er Schlagzeilen, als er 2023 als Regionspräsident für zwei Monate komplett in Elternzeit ging.