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Prozess Bewährungsstrafe für 82-Jährigen wegen Handels mit Marihuana

Durch den Verkauf von Cannabis will ein ehemaliger Seemann seine Rente aufbessern. Zöllner kommen dem 82-Jährigen durch einen Zufall auf die Spur. Vor Gericht fällt eine Kammer ein mildes Urteil - und macht dies vor allem an den besonderen Umständen der Taten fest.

Von dpa Aktualisiert: 05.06.2023, 14:24
Der 82-jährige Angeklagte (r) steht im Landgericht Aurich.
Der 82-jährige Angeklagte (r) steht im Landgericht Aurich. Lars Penning/dpa

Aurich - Mit dem Handel von Marihuana wollte sich ein 82 Jahre alter ehemaliger Seemann in Emden seine Rente aufbessern - nun ist er dafür vor Gericht zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Trotz eines langen Vorstrafenregisters und einer laufenden Bewährung des Angeklagten sprach das Landgericht Aurich am Montag ein Urteil wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz nur in minderschweren Fällen aus. Die Vorsitzende Richterin erklärte in der Urteilsbegründung, es handele sich um einen „Sonderfall“. „Wir haben berücksichtigt, in welchen Lebensumständen Sie das getan haben“, sagte die Richterin zu dem Angeklagten und verwies auf die glaubhaft versicherte Altersarmut des 82-Jährigen, der zuletzt auch mit gesundheitlichen Rückschlägen zu kämpfen hatte.

Der Rentner hatte zuvor ein umfassendes Geständnis abgelegt. Nachdem er 35 Jahre zu See gefahren war, teils auch als Kapitän, sei er mit seiner Rente von nur rund 800 Euro nicht ausgekommen, gab der Mann mit längeren weißen Haaren vor Gericht an. Zunächst habe er sich mit Gartenarbeit etwas dazu verdient. Als sich sein Gesundheitszustand verschlechterte, sei diese körperliche Arbeit nicht mehr möglich gewesen. Der 82-Jährige gab an, ein anderer Drogenhändler habe ihn schließlich zum Handel mit Marihuana animiert.

Fahnder des Zolls waren dem 82-Jährigen laut der Staatsanwaltschaft durch einen Zufall auf die Spur gekommen, nachdem sie einen Kiosk auf Schwarzarbeit kontrolliert hatten. In der Wohnung des Angeklagten fanden die Beamten bei mehreren Durchsuchungen im vergangenen Jahr und Anfang dieses Jahres nicht nur mehrere Dutzend Gramm Marihuana, sondern auch ein Messer und einen 65 Zentimeter langen Knüppel.

Für die Staatsanwaltschaft stand daher zunächst auch der Vorwurf eines bewaffneten Handeltreibens im Raum. Der Angeklagte versicherte aber vor Gericht glaubhaft, dass er den Knüppel und das Messer nicht für seine Drogengeschäfte nutzen wollte.

„Ich habe überhaupt keine Zweifel daran, was der Angeklagte gesagt hat“, sagte der zuständige Staatsanwalt. Auch angesichts der insgesamt 24 Vorstrafen des Angeklagten nahm der Staatsanwalt aber keine Verurteilung der Taten als minderschwere Fälle an und forderte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten.

Die Verteidigerin wies in ihrem Plädoyer dagegen auf die besonderen Umstände des Falles hin. Ihrem Mandanten sei es nicht darum gegangen, sich „den Luxus des Lebens zu leisten“. Er habe „aus der Not heraus“ gehandelt, um seine Existenz zu sichern. Den Drogenhandel habe er erst begonnen, als die körperliche Arbeit nicht mehr möglich gewesen sei. Das Gericht folgte bei dem Strafmaß dem Antrag der Verteidigung.

Die Richterin ermahnte den Rentner im Urteilsspruch auch, nachdem dieser zuvor bereits wegen Drogenhandels verurteilt worden war. „Das ist die allerletzte Warnung“, sagte sie. Dem 82-Jährigen wird nun ein Bewährungshelfer gestellt, zudem bekommt er regelmäßig Besuch von der Polizei. „Ich werde so etwas nie wieder tun“, versicherte der 82-Jährige in seinem letzten Wort. Gegen das Urteil kann das Rechtsmittel der Revision eingelegt werden.