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Flüchtlinge Blauer Brief von Hamburg an Berlin wegen Abschiebungen

Laut der sogenannten Dublin-Regel ist das EU-Land für Asylverfahren zuständig, in das Flüchtlinge zuerst kommen. Nun streiten Hamburg und Berlin über eine Abschiebung.

Von dpa Aktualisiert: 24.07.2025, 16:50
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher wirft den Berliner Behörden vor, die Abschiebung von mehreren Afghanen nach Schweden zu verhindern (Archivbild).
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher wirft den Berliner Behörden vor, die Abschiebung von mehreren Afghanen nach Schweden zu verhindern (Archivbild). Marcus Brandt/dpa

Hamburg/Berlin - Zwischen den Stadtstaaten Hamburg und Berlin gibt es Streit wegen der Abschiebung von Flüchtlingen. In ungewöhnlich scharfen Worten warf Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) seinem Berliner Amtskollegen Kai Wegner (CDU) vor, die Ausweisung mehrerer Afghanen aus einem Berliner Kirchenasyl verhindert zu haben. Wegner wiederum wies die Vorhaltungen zurück, der Vorgang liege in alleiniger Verantwortung Hamburgs. 

In dem Brief Tschentschers an Wegner, über den die „Berliner Zeitung“ berichtete, geht es um sogenannte Dublin-Fälle. Die Afghanen sollten von Hamburg nach Schweden abgeschoben werden.

Hamburgs Senatssprecher Christopher Harms bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass Tschentscher ein entsprechendes Schreiben an Wegner geschickt hat. „Anlass ist die rechtlich vorgeschriebene Rücküberstellung von Personen, die sich nach den in Hamburg vorliegenden Informationen zum entsprechenden Zeitpunkt in einer Berliner Kirchengemeinde aufgehalten haben und deren Kirchenasyl nach Prüfung durch das BAMF abgelehnt wurde“, sagte er. BAMF steht für Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. 

Senatssprecher: Hamburgs Bitte um Amtshilfe wurde abgelehnt

Zur Durchsetzung der Überstellung lägen auch jeweils gerichtliche Beschlüsse vor. Die zuständigen Behörden in beiden Städten hätten dazu im Austausch gestanden. „Hamburg hat um Amtshilfe bei der Durchführung gebeten, diese jedoch nicht erhalten.“ Daraufhin habe der Erste Bürgermeister den Regierenden Bürgermeister um Unterstützung gebeten, „in diesem Sinne tätig zu werden“.

Berlin widerspricht 

Wegner und Berlins Innensenatorin Iris Spranger stellten den Fall anders dar. „Für die angesprochenen Fälle der Überstellung nach der Dublin-III Verordnung ist allein die Freie und Hansestadt Hamburg zuständig“, erklärten beide schriftlich.

Da Berlin das Kirchenasyl achte, sei die Berliner Polizei zur Unterstützung bei einer Abschiebung außerhalb der Kirchenräume bereit gewesen. „Gleichzeitig wurde Hamburg angeboten, mit eigenen Polizeikräften die Durchsuchungen durchzuführen. Die Hamburger Polizei wollte den Einsatz in Berlin auch entsprechend durchführen, hat dann jedoch kurz vor Ablauf der Frist auf Intervention des Hamburger Innenressorts auf einen Einsatz in Berlin verzichtet, sodass die Überstellungsfrist abgelaufen ist.“ 

Es geht um Christen aus Afghanistan 

Laut „Berliner Zeitung“ sind die Afghanen in der evangelischen Dreieinigkeits-Gemeinde in Berlin-Steglitz untergebracht. Gegenüber dem Blatt sprach Pfarrer Gottfried Martens von „drei Personen in unserem Kirchenasyl, für die die Hamburger Ausländerbehörde zuständig ist“. Als überzeugte konvertierte Christen drohe ihnen bei einer Abschiebung nach Afghanistan „unmittelbare Gefahr an Leib und Leben“, wird er in der Zeitung zitiert.

Nach Angaben des Hamburger Senats geht es aber nicht um eine Rückführung in das Heimatland der Afghanen, sondern in das für ihre Asylverfahren zuständige EU-Land Schweden.

Tschentscher schreibt von Missbrauch des Kirchenasyls 

In seinem Brief schreibt Tschentscher der „Berliner Zeitung“ zufolge, dass der Rechtsstaat auf vielfältige Weise angegriffen werde. So komme es etwa „zu einem systematischen Missbrauch des Kirchenasyls, indem Flüchtlinge in Kirchenräume aufgenommen werden, deren Bleiberecht nach den Regeln des Kirchenasyls bereits überprüft und deren Rückkehrpflicht in einen anderen EU-Mitgliedsstaat rechtskräftig festgestellt wurde“.

Berlins Regierungschef Wegner bestätigte den Eingang des Schreibens seines Amtskollegen. „Über die Wortwahl eines Schreibens entscheidet jeder selbst, unsere Tonlage ist dies nicht“, fügten er und Innensenatorin Spranger hinzu.  

Hamburg hat bereits aus Kirchenasyl abgeschoben

Im September vergangenen Jahres war in Hamburg bereits ein Afghane aus einem Kirchenasyl nach Schweden abgeschoben worden. Da er kurze Zeit später wieder in Hamburg aufgetaucht war, musste er abermals in das skandinavische Land überstellt werden.