Seuche bei Kranichen Brandenburg erlebt beispiellosen Ausbruch der Vogelgrippe
Das Ausmaß der Vogelgrippe bei Kranichen in Brandenburg ist einmalig. Die Seuche trifft viele Tiere auf dem Zug gen Süden. Experten warnen vor einer raschen Ausbreitung. Geflügelhalter sind alarmiert.

Fehrbellin-Linum/Kremmen - Es ist der bislang schlimmste bekannte Vogelgrippe-Ausbruch bei Wildvögeln in Brandenburg: Mehr als 1.000 Kraniche rund um das Linumer Teichgebiet sind laut Behörden-Schätzung tot - ein solches Ausmaß gab es bislang nicht. Wegen des Herbstzugs der Vögel gen Süden wächst aber die Gefahr der Verbreitung auf Geflügelhaltungen weiter.
In Brandenburg wurde ein dritter Fall bestätigt: Rund 5.000 Gänse des Spargelhofes Kremmen in Oberhavel müssen getötet werden. Vor Tagen waren mehr als 9.000 Enten und Gänse in zwei Betrieben betroffen. In Mecklenburg-Vorpommern waren es zuletzt zwei Legehennen-Betriebe mit insgesamt sogar rund 150.000 Tieren gewesen.
Die Vogelgrippe oder Geflügelpest ist eine Infektionskrankheit, die vor allem bei Wasservögeln und anderen Vögeln vorkommt. Eingeschleppt in Betriebe kann sie große wirtschaftliche Schäden verursachen.
Institut: Ungewöhnliche Häufung bei Kranichen
Unter den Wildvögeln sind in diesem Herbst in Deutschland laut Friedrich-Loeffler-Institut auffällig oft Kraniche von dem hoch ansteckenden Influenzavirus betroffen. Das sei schon etwas ungewöhnlich, sagte FLI-Präsident Christa Kühn im RBB-Inforadio. Es habe vermutlich mit dem Zeitpunkt des Vogelzugs zu tun, mit dem Wetter und den Zugrouten. Es sei ein „sehr dynamisches Geschehen“ zu beobachten mit täglich steigenden Zahlen.
Helfer sammelten Hunderte Kadaver an den Linumer Teichen im Kreis Ostprignitz-Ruppin ein. Auch andere Landkreise meldeten Funde toter Kraniche. Betroffen sind zudem Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Höhepunkt des Vogelzugs
Angesichts des Höhepunkts des Herbstzugs sei noch mit einer deutlichen Zunahme weiterer Todesfälle sowie einer raschen Verbreitung in Mitteleuropa und auf dem weiteren Zugweg zu rechnen, teilte das Landesamt für Umwelt mit. Wie in den Vorjahren überflogen die Kraniche auch das Havelländische Luch, ein Gebiet, das laut Landesumweltamt für den Erhalt der letzten deutschen Großtrappen-Populationen von entscheidender Bedeutung ist.
Auch Großtrappen und Greifvögel betroffen?
Dort bestehe eine akute Infektionsgefahr für die Großtrappen sowie für eine Vielzahl weiterer Vogelarten, darunter Wasservögel, Rabenvögel und Greifvögel als Konsumenten von Kadavern. Die Geflügelhaltungen entlang der Flugwege der Wildvögel seien ebenfalls gefährdet.
Zehntausende Kraniche rasten jedes Jahr in Brandenburg vor ihrem Weiterflug gen Süden. Laut Schätzung des Naturschutzbundes Nabu hielten sich zuletzt noch um die 6.900 Kraniche rings um Linum auf. Um die 20.000 Kraniche seien aber bereits aufgebrochen. Großtrappen, die zu den schwersten flugfähigen Vögeln der Welt zählen und im Havelland brüten, wurden vor dem Aussterben bewahrt.
Betriebe verlieren tausende Puten, Enten und Gänse
Im Vogelzuggebiet liegt auch der Hof von Malte Voigts in Kremmen im Kreis Oberhavel. Im Gänsegehege lag plötzlich ein toter Kranich, wie er der dpa schilderte. „Die Kraniche fallen tatsächlich im Flug vom Himmel.“ Nach Laboranalysen bestand Klarheit, dass sich sein Geflügel mit dem hochpathogenen Influenzavirus H5N1 angesteckt hat.
Rund 5.000 Gänse müssen nun gekeult werden - kurz vor der Hochsaison für den Verkauf von Enten und Gänsen vor Weihnachten. Wie hoch sein Schaden ist, konnte der Betriebsleiter des Spargelhofes Kremmen, Voigts, bislang nicht sagen. Betroffene Landwirte setzen auf Entschädigung durch die Tierseuchenkasse.
Betriebsleiter: Solidarität unter Landwirten groß
Er könne nun nicht so viele frische Gänse anbieten wie normalerweise, sagte Landwirt Voigts, der mit artgerechter Freilandhaltung wirbt. Aber er wolle von anderen Bauern aus Brandenburg Tiere aus Freilandhaltung dazu kaufen. Die Solidarität unter Landwirten sei groß. Seine Enten seien zudem bisher nicht betroffen - sie sind um die 15 Kilometer entfernt von den Gänsen.
Die Landkreise riefen die Geflügelhalter auf, erhöhte Schutzvorkehrungen unbedingt einzuhalten. Rund um betroffene Betriebe wurden Schutz- und Überwachungszonen eingerichtet.