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Polizei Chat mit Gewalt-Inhalten: 18 Bedienstete werden entlassen

Ein Bild von Hitler oder eine zerstückelte Frauenleiche - in einem Chat unter Polizeischülern sollen Dutzende Posts mit strafbaren Inhalten gepostet worden sein. Für 18 Beteiligte soll die Karriere bei der Polizei enden.

Von dpa 15.02.2023, 17:43
Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) nimmt an einer Pressekonferenz teil.
Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) nimmt an einer Pressekonferenz teil. Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Magdeburg - In Sachsen-Anhalt sollen 18 Polizeibedienstete entlassen werden, weil sie als Polizeischüler an einem Klassenchat mit nationalsozialistischen, antisemitischen, rassistischen und gewaltverherrlichenden Inhalten beteiligt gewesen sein sollen. „Von den 18 Bediensteten haben nach derzeitigem Erkenntnisstand 11 aktiv Nachrichten, Videos und Bilder mit entsprechenden Inhalten in die Chatgruppe eingestellt“, sagte Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) am Mittwoch in Magdeburg.

Der Chat habe von September 2017 bis Dezember 2021 bestanden. Von über 5000 Einzelnachrichten seien mindestens 50 antisemitisch, rassistisch oder gewaltverherrlichend gewesen.

„Die Inhalte dieses Klassenchats haben nicht nur mich erschüttert“, sagte Zieschang. „Dieser Klassenchat ist eine Schande für die Landespolizei.“ Der Fall sei in der Geschichte der Landespolizei einmalig. Im Zuge von Ermittlungen der Polizeiinspektion Halle gegen einen ehemaligen Anwärter des Ausbildungsjahrgangs 2017 der Fachhochschule in einer anderen Sache sei der Chat bekannt geworden, sagte die Ministerin.

Gegen 4 der 18 Polizeibediensteten wurden strafrechtliche Ermittlungen wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Volksverhetzung und Verbreitung gewalt- und tierpornografischer Schriften eingeleitet. Die Beteiligten stammten aus den Geburtsjahrgängen 1984 bis 2001, sagte Zieschang. Es seien pornografische Inhalte gepostet worden, als manche noch minderjährig gewesen seien. Einige der Beteiligten hätten sehr gute Abschlüsse. Eine sehr schnelle Erklärung würde der Dimension nicht gerecht, sagte die Innenministerin.

Sie nannte zwei Beispiele aus dem Klassenchat: Im Oktober 2017 etwa sei ein Bild von Adolf Hitler gepostet worden mit einer antijüdischen Aufschrift. Im Februar 2020 sei ein Foto veröffentlicht worden, das eine augenscheinlich zerstückelte Frauenleiche darstelle. Unklar ist, inwieweit es Widerstand gegen solche Posts gegeben hat. Das könne laut Zieschang auch außerhalb der Gruppe stattgefunden haben. Zwischenzeitlich seien drei Personen aus dem Chat ausgetreten und später wieder aufgenommen worden.

Zieschang betonte: „Dieses Verhalten und insbesondere die Inhalte des Chats, die mit der Pflicht zur Verfassungstreue nicht zu vereinbaren sind, werden von mir, von der gesamten Landespolizei nicht toleriert. Sie widersprechen unserem Berufsethos und unserem Leitbild.“

„Wir stehen am Beginn der Aufarbeitung“, betonte Zieschang. Der Polizeirabbiner solle einbezogen werden, ebenso wie der Ansprechpartner für jüdisches Leben in Sachsen-Anhalt und auch Experten für interkulturelle Kompetenz.

2018 hatte die Fachhochschule Polizei in Aschersleben mit Drogenvorwürfen gegen Polizeianwärter für Schlagzeilen gesorgt. Mehrere angehende Polizisten wurden damals gekündigt. Es ging etwa um den Verdacht von Drogenbesitz und -handel.

Bodenlos und bestürzend sind die bekannt gewordenen Vorgänge aus Sicht des innenpolitischen Sprechers der Grünen-Landtagsfraktion, Sebastian Striegel. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Rüdiger Erben, betonte: „Vom ersten Tag der Ausbildung in der Polizei an muss mit den jungen Menschen intensiv gearbeitet werden. Es geht nicht nur um die Vermittlung von Fachwissen, sondern auch von Werten.“

Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Chris Schulenburg, erklärte: „Die Landespolizei und die Innenministerin nehmen den Vorfall sehr ernst. Die zugesagte weitere Aufarbeitung ist für das Vertrauen in die Landespolizei existenziell. Es muss gegen die Betroffenen hart und konsequent durchgegriffen werden.“