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Freiwillige Grundausbildung Eintauchen in die Truppe - Marine-Rekruten treten Dienst an

Früh aufstehen, viel Kameradschaft erleben: In Wilhelmshaven lernen Marine-Rekruten die Bundeswehr kennen. Erstmals seit Jahren wird dort wieder ausgebildet. Was die jungen Leute nun erwartet.

Von Lennart Stock (Text) und Hauke-Christian Dittrich (Fotos und Video), dpa Aktualisiert: 29.10.2025, 17:18
Der Sprung in eine Rettungsinsel in einem Lehrschwimmbecken gehört in Wilhelmshaven zur Grundausbildung neuer Rekruten.
Der Sprung in eine Rettungsinsel in einem Lehrschwimmbecken gehört in Wilhelmshaven zur Grundausbildung neuer Rekruten. Hauke-Christian Dittrich/dpa

Wilhelmshaven - Wer in Wilhelmshaven in den Dienst bei der deutschen Marine eintauchen möchte, sollte halbwegs schwindelfrei sein. Für die neuen Rekrutinnen und Rekruten am Marinestützpunkt Heppenser Groden steht an diesem Nachmittag die Übung für eine Schiffsevakuierung auf dem Stundenplan. „Hat jemand Höhenangst?“, fragt ein Ausbilder die gut zwei Dutzend jungen Rekruten, die in einem Halbkreis am Beckenrand vor ihm stehen. Ein Rekrut hebt die Hand. „Kriegen wir alles hin“, sagt der Ausbilder gelassen. Keiner brauche Angst zu haben. Alles werde abgesichert. 

Die Aufgabe: Aus gut fünf Metern Höhe sollen die angehenden Marinesoldaten durch eine orange Rettungsrutsche in eine aufgeblasene Rettungsinsel im Schwimmbecken rutschen - so wird die Evakuierung von einem Schiff simuliert. 

Die Rekruten, die am Beckenrand stehen, sind erst seit gut vier Wochen bei der Bundeswehr - und sie sind die Ersten, die nach Jahrzehnten wieder am größten deutschen Truppenstützpunkt ausgebildet werden. Mehr junge Menschen strebten zur Bundeswehr, sagt Kapitänleutnant Niels Schildwächter, Chef der neu aufgestellten Ausbildungs- und Schutzkompanie. Bislang findet die freiwillige Grundausbildung bei der Marine an den Marineschulen Bremerhaven, Parow (Mecklenburg-Vorpommern) und Plön (Schleswig-Holstein) statt. Wilhelmshaven kommt nun als neuer Standort dazu. 

Woher die Rekruten kommen

„Wir haben circa 90 Rekruten in der Kompanie. Die kommen aus ganz verschiedenen Bereichen Deutschlands“, sagt der Kompaniechef. Viele kämen aus NRW und aus dem Nordwesten Niedersachsens. Für alle sei es der erste Kontakt zu Marine. „Hier lernen sie das, was sie für ihren täglichen Dienst brauchen“, sagt Schildwächter - unabhängig davon, in welchem Bereich die Rekruten später eingesetzt werden. 

Die Kleiderordnung, Rechte und Pflichten von Soldaten, Erste Hilfe sowie Schießtraining sind etwa Bestandteil der zwölfwöchigen Grundausbildung. Und es geht um marinespezifische Aspekte. Wie funktioniert ein Marineschiff? Wie verhält man sich an Bord? Wie nutzt man eine Rettungsweste?

Landen in der Rettungsinsel

Dafür schlüpfen die Rekruten vor ihrem Sprung in die Rettungsinsel in knallorange Überlebensanzüge samt aufblasbarer Rettungsweste. „Das Neopren bis ganz an die Augenbrauen ziehen“, ruft der Ausbilder. Dann klettern die Rekruten nach und nach auf den Sprungturm und rutschen durch die Rettungsrutsche erst in die Rettungsinsel, danach lassen sie sich ins Wasser fallen. Die roten Rettungswesten öffnen sich mit einem Zischen. 

Matrose Marco ist einer der Ersten, der hinunterrutscht. Die Enge in der Rutsche sei schon ein komisches Gefühl, sagt er nach der Übung. „Aber ich würde es wieder machen.“ Ohnehin gefalle ihm die Grundausbildung. „Ich wollte mir das Ganze mal angucken.“ Viele Freunde, die bei der Bundeswehr seien, hätten gut über den Dienst gesprochen. Vor allem die Kameradschaft hebt der Matrose hervor. Aber manches sei härter als anfangs gedacht. Die Freundin und die Familie nicht zu sehen und das frühe Aufstehe falle ihm schwer. 

Dienstbeginn 5.00 Uhr

„Aufstehen tue ich so 4.45 Uhr. Da klingelt der Wecker, dann bin ich pünktlich aus dem Bett“, sagt Marco, dann folge Zähneputzen und Anziehen. „Und dann geht es schon zum Antreten.“ Je nach Stundenplan stehe Theorie oder Praxis an. „Dann liege ich meistens um 21.00 Uhr im Bett, wenn es gut läuft.“

Die Unterkünfte für die Freiwilligen sind übrigens komfortabler als früher, heißt es bei der Marine. Statt Acht-Mann-Stuben teilen sich in Wilhelmshaven zwei Rekruten ein Zimmer mit einem Hochbett. Es gibt einen Kühlschrank und einen Fernseher. Ein Bad teilen sich vier Rekruten. Große Gemeinschaftsbäder gibt es nicht mehr. 

Kompaniechef Schildwächter ist von seinen Nachwuchskräften angetan. „Mein erster Eindruck ist erstmal, dass die Rekrutinnen und Rekruten gut sind.“ Manche brächten schon Vorwissen mit etwa zum Nato-Alphabet oder zu Dienstgradstrukturen. Viele seien im Unterricht motiviert und wissbegierig. „Da entstehen sehr angeregte Gespräche.“ 

Was noch nicht rund läuft

Allerdings habe die neue Grundausbildung etwas holprig begonnen, sagt der Soldat. Wie das eben so sei, wenn etwas Neues an einem Standort passiere. „Die Verfahren müssen sich erstmal finden“, sagt Schildwächter. „Insbesondere die weiten Wege innerhalb der Kaserne sorgen dafür, dass wir einen hohen organisatorischen Aufwand haben.“ Und so müssen die Rekrutinnen und Rekruten zwischen Unterkünften, Hörsälen und Kantine viel marschieren. 

Nach der freiwilligen Grundausbildung sollen viele Rekruten am Stützpunkt in Wilhelmshaven bleiben - etwa als Sicherungssoldaten, die für die Sicherheit der militärischen Anlagen sorgen oder sie werden auf die Flotten verteilt. 

Auch Matrose Marco kann sich vorstellen, länger bei der Bundeswehr zu bleiben, auch wenn es angesichts der Weltlage die Gefahr gebe, in einen Krieg gehen zu müssen. „Ich denke, das sollte einem in jedem Fall bewusst sein“, sagt der 19-Jährige. Er persönlich mache sich darüber keine großen Sorgen. 

Für den Matrosen und seine Kameraden steht nun am 13. November ein wichtiges Ereignis an. Dann wollen sie ihre Gelöbnis am Rathausplatz in Wilhelmshaven ablegen und so auch der Öffentlichkeit zeigen, dass in der Jadestadt nun wieder Soldatinnen und Soldaten ausgebildet werden.