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Umfrage Sorge vor hohen Preisen bleibt größte Angst der Deutschen

Zum Teil sind die Ängste der Deutschen bei Frauen und Männer unterschiedlich ausgeprägt. Und auch zwischen Ost und West gibt es in einigen Fällen deutliche Unterschiede, wie eine neue Umfrage zeigt.

Von Mia Bucher, dpa Aktualisiert: 18.09.2025, 14:05
Die Angst vor steigenden Lebenskosten belegt schon zum 15. Mal Platz 1 der Rangliste (Symbolbild).
Die Angst vor steigenden Lebenskosten belegt schon zum 15. Mal Platz 1 der Rangliste (Symbolbild). Hendrik Schmidt/dpa

Berlin - Manche politischen Krisen sind im Alltag nur schwer greifbar, hohe Preise hingegen bekommen Menschen in Deutschland meist unmittelbar zu spüren - etwa an der Supermarktkasse oder auf der Nebenkostenabrechnung. Erneut zählt die Angst vor steigenden Lebenshaltungskosten dieses Jahr zur größten Sorge der Deutschen, wie eine repräsentative Befragung im Zuge der Langzeitstudie „Die Ängste der Deutschen“ zeigt. Demnach hat rund jeder zweite Mensch (52 Prozent) Sorge, dass die Kosten zum Beispiel für den Einkauf, Miete nach oben gehen.

„Das Preisniveau ist nach wie vor hoch, auch wenn die Inflationsrate deutlich gesunken ist“, sagte Politikwissenschaftlerin Isabelle Borucki, die die Studie als Beraterin begleitet, bei der Vorstellung der Ergebnisse in Berlin. Für die Menschen fühle es sich daher nicht so an, als sei die Belastung verschwunden. Solche Alltagsängste seien besonders hartnäckig, weil sie tief in die tägliche Lebensrealität der Menschen eingriffen.

Angst vor steigenden Preisen ist bei Frauen höher

Seit dem Start der jährlichen Befragung im Jahr 1992 steht die Angst vor steigenden Lebenshaltungskosten schon zum 15. Mal an oberster Stelle des Rankings. „Entscheidend ist, Entscheidungen nachvollziehbar zu erklären. Dann sinkt auch das Angstpotenzial“, sagt Borucki in Richtung Politik.

Auffällig ist: Frauen bereitet die Angst vor steigenden Lebenshaltungskosten mit einem Anteil von 57 Prozent deutlich mehr Sorge als Männern, bei denen der Anteil bei 47 Prozent liegt. „Frauen geben vielleicht eher zu, ängstlich zu sein“, vermutet Borucki. Außerdem hätten Frauen ein höheres Bewusstsein für ungleiche Bezahlung, zum Beispiel weil sie häufig weniger verdienten als Männer.

Finanziellen und politische Sorgen dominieren Top 10

Die Umfrage „Die Ängste der Deutschen“ wird von der R+V-Versicherung in Auftrag gegeben. Für die diesjährige Befragung wurden zwischen Mai und Juli rund 2.400 Menschen im Alter ab 14 Jahren von Meinungsforschern befragt. Die Teilnehmer sollten vorgegebene Themen auf einer Skala von eins (gar keine Angst) bis sieben (sehr große Angst) bewerten. Daraus wird die Rangfolge ermittelt, die die größten Ängste abbildet. Die größten Ängste sind die, die am häufigsten die Werte 5 bis 7 erhalten haben. 

Die Top zehn der Rangliste ist dieses Jahr von finanziellen und politischen Sorgen geprägt. Auf Platz drei (49 Prozent) liegt die Angst vor Steuererhöhungen beziehungsweise Leistungskürzungen, auf Platz vier die Angst, dass Wohnen in Deutschland unbezahlbar werde (48 Prozent). 

Sind die Deutschen gelassener geworden? 

Was die Herausgeber der Studie überrascht: Im Vergleich zum Vorjahr ist der Grad der Besorgnis mit Ausnahme von zwei Fällen bei allen Ängsten leicht gesunken. Einen noch niedrigeren Angstindex habe es seit Beginn der Langzeitstudie nur einmal gegeben: im Jahr 2021. Nur die Angst davor, dass weltweit autoritäre Herrscher immer mächtiger würden, ist 2025 im Vergleich zu 2024 leicht größer geworden, die Angst vor einem Krieg mit deutscher Beteiligung auf gleichem Niveau geblieben.

Sind die Deutschen gelassener geworden? Viele Probleme wie internationale Krisen, Kriege und hohe Preise seien nach wie vor da, sagte Borucki. Doch die Wahrnehmung habe sie geändert. „Nach mehreren Jahren, die von Pandemie, Energiekrise und eben auch Kriegsausbrüchen geprägt waren, haben sich die Menschen an eine Art Dauerkrise gewöhnt“, so die Professorin von der Philipps-Universität Marburg. „Man könnte auch sagen, der Ausnahmezustand ist zum Normalzustand geworden.“

Teils deutliche Unterschiede zwischen Ost und West

Selbst die Sorgen im Zusammenhang mit Migration sind deutlich zurückgegangen, obwohl sie dieses Jahr in politischen Debatten viel Raum eingenommen haben. 49 Prozent der Befragten gaben 2025 an, sich vor einer Überforderung des Staats durch Geflüchtete zu fürchten (Platz 2 des Rankings). 2024 waren es noch 56 Prozent. Auch die Sorge vor Spannungen durch Zuzug aus dem Ausland nimmt ab (2025: 45 Prozent, 2024: 51 Prozent). Beide Ängste lägen mit Ausnahme der Pandemiejahre auf dem niedrigsten Stand seit 2015, sagte Studienleiter Grischa Brower-Rabinowitsch.

Allerdings sind die Sorgen im Zusammenhang mit Migration in Ostdeutschland bei Weitem nicht so sehr zurückgegangen wie in Westdeutschland. Migration sei in Westdeutschland seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil der Gesellschaft, im Osten weniger, sagte Borucki. „Dadurch sind die Erfahrungswelten unterschiedlich.“ Außerdem seien wirtschaftliche Sorgen im Osten häufig stärker ausgeprägt, und das koppele sich mit kultureller Verunsicherung durch Zuwanderung. Eine mögliche Erklärung sei auch, dass Themen wie Migration und Integration im Osten öfter stärker problematisiert würden. 

„Für die Politik bedeutet das meiner Ansicht nach, dass eine einheitliche Botschaft eben nicht ausreicht, sondern man regional sehr unterschiedlich und auch sehr differenziert ansetzen muss“, so die Politikwissenschaftlerin. Wer Politik mache, müsse die deutlichen Unterschiede zwischen einzelnen Regionen ihrer Ansicht nach ernst nehmen.