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Femizide Getötete Leonie: Ex-Freund zu elf Jahren Haft verurteilt

Der gewaltsame Tod einer jungen Frau löste Bestürzung aus und war in Hannover Anlass für eine Demonstration gegen Femizide. Die 21-jährige Leonie wurde von ihrem Ex-Freund erstochen. Er soll nun lange ins Gefängnis.

Von Christina Sticht, dpa Aktualisiert: 04.06.2024, 13:15
Beamte der Spurensicherung arbeiten vor einem Haus in Hannover.
Beamte der Spurensicherung arbeiten vor einem Haus in Hannover. dpa

Hannover - Weil er seine gleichaltrige Ex-Freundin getötet hat, ist ein 21-Jähriger im Landgericht Hannover zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt worden. „Wir haben keinerlei Zweifel daran, dass Sie in Tötungsabsicht auf sie eingestochen haben“, sagte der Vorsitzende Richter Martin Grote am Dienstag zu dem Angeklagten. Die Gewalttat ereignete sich im November 2023 in der Wohnung der 21 Jahre alten Leonie, die sich zuvor nach knapp zwei Jahren von ihrem Freund getrennt hatte. Ihr Ex-Partner hatte noch um ein Treffen gebeten, Freunde von Leonie warteten auf der Straße vor dem Mietshaus in Hannover. 

Der Deutsche hatte während des Prozesses eingeräumt, seine Ex-Freundin mit dem Messer tödlich verletzt zu haben, aber behauptet, es sei versehentlich passiert, weil sie ihn an seinem Suizid hindern wollte. Dies passe nicht zur Spurenlage und zu den Messerstichen im Nacken von Leonie, sagte der Richter. Mindestens 17 Mal habe er in den Hals- und Bauchbereich eingestochen. „Mehr ins Leben kann man nicht zielen mit Messerstichen“, sagte der Richter. Das Gericht verurteilte den jungen Mann wegen Totschlags, nicht wegen Mordes. Das Urteil ist bisher nicht rechtskräftig. 

Wechselwäsche und Messer

Er sei nicht mit der Absicht, die 21-Jährige zu töten, zu ihr gefahren, sonst hätte er auch keinen Ring gekauft, erläuterte Grote. Vielmehr habe er sie zurückgewinnen wollen. In seinem Rucksack hatte der junge Mann Wechselwäsche dabei, für den Fall einer Versöhnung, aber auch das Tatmesser. Als letztes Druckmittel habe der 21-Jährige das Messer genommen und gedroht, sich selbst etwas anzutun. „Sie realisieren, dass auch dieses Druckmittel nicht zu einem Einlenken führt“, sagte der Richter. „Spätestens jetzt beschließen Sie, Leonie zu töten.“

Die junge Frau flüchtete verletzt auf die Straße zu ihren Freunden und starb dort infolge des massiven Blutverlustes. Der blonde, blasse Angeklagte saß mit gebeugtem Rücken und hörte mit unbewegter Miene den Ausführungen des Richters zu. Sein Gesicht wirkt jungenhaft, an seinem Hals sind lange Narben von Schnittwunden zu sehen. Nach der Attacke fügte sich der Angreifer selbst schwerste Verletzungen zu, doch er überlebte. Freunde von Leonie hatten die Polizei alarmiert, die Beamten konnten aber nicht Leonie, sondern nur den Täter retten. 

„Harter Kampf“ für Leonies Eltern

Die Eltern der 21-Jährigen traten in dem Prozess als Nebenkläger auf. Die Mutter verfolgte weinend die Urteilsbegründung. „Das ist für Leonies Eltern ein ganz harter Kampf“, sagte Nebenklage-Anwalt Matthias Waldraff nach der Verhandlung. Die Staatsanwaltschaft hatte eine zwölfeinhalbjährige Freiheitsstrafe gefordert, die Verteidigung nur drei Jahre Haft wegen Körperverletzung mit Todesfolge. Das Gericht sei unter der Forderung der Staatsanwaltschaft geblieben, weil der junge Mann Reue gezeigt habe und nicht vorbestraft sei, erläuterte der Richter. Zudem habe er das Tatgeschehen weitgehend eingeräumt.

Nach dem Gewaltverbrechen hatten mehrere Hundert Menschen in Hannover gegen Femizide demonstriert. Femizid bedeutet, dass Frauen aufgrund ihres Geschlechts getötet werden – also weil sie Frauen sind. Als häufigste Form gilt die Tötung von Frauen durch Partner oder Ex-Partner.