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Olympiasieger in Saarbrücken Hype um Tischtennis-Star: Fans aus China heiß auf Bundesliga

Tausende Kilometer Anreise, tausende Euro Kosten: Um ein Spiel in der deutschen Bundesliga zu sehen, nehmen chinesische Tischtennis-Fans viel auf sich. Ausgelöst hat diesen Hype ein Transfercoup.

Von Sebastian Stiekel, dpa 16.12.2025, 11:03
Tischtennis-Star Fan Zhendong und seine chinesischen Fans.
Tischtennis-Star Fan Zhendong und seine chinesischen Fans. Carmen Jaspersen/dpa

Saarbrücken - Seit 25 Jahren managt Sascha Greber das Tischtennis-Team von Werder Bremen. Aber so etwas hatte er vorher noch nicht erlebt. Den Internetvorverkauf für das Bundesliga-Spiel gegen den 1. FC Saarbrücken musste er nach einer halben Stunde abbrechen. Die Ticketanfragen kamen aus Shanghai, aus Peking, London oder Cambridge.

Chinesische Fans sind heiß auf die deutsche Bundesliga, seit der Champions-League-Gewinner Saarbrücken vor dieser Saison den Olympiasieger und langjährigen Weltranglisten-Ersten Fan Zhendong verpflichtet hat. Zu Hunderten füllen sie Hallen, die vorher nur selten ausverkauft waren.

Und es sind längst nicht nur Tischtennis-Begeisterte, die schon in Europa arbeiten und leben. Viele von ihnen kommen aus China selbst - und zahlen für eine mehrere tausend Kilometer lange Anreise auch umgerechnet mehrere tausend Euro.

„Bedeutender als Messi oder Federer“

Fan Zhendong sei in China „bedeutender als Messi oder Federer“, erklärt Greber. Der 1. FC Saarbrücken zieht für seine beiden Heimspiele in dieser Woche sogar vom Sportcampus Saar in die große Saarlandhalle um: Am Freitagabend geht es in der Champions League gegen den polnischen Club Doylidiy Bialystok, am Sonntag in der Bundesliga gegen den deutschen Rekordmeister Borussia Düsseldorf.

„Dadurch sieht jetzt auch jeder in Deutschland, was wir Spieler schon länger wissen“, sagt Saarbrückens Nationalspieler Patrick Franziska: „Wie groß Tischtennis in China ist.“

Von vielen großen Spielern der vergangenen Jahre war Fan Zhendong der größte. Von April 2020 bis März 2024 stand er an der Spitze der Weltrangliste. 2021 und 2023 gewann er den WM-Titel im Einzel. Im August 2024 erreichte er den Höhepunkt seiner Karriere: den Olympiasieg in Paris.

Danach war der 28-Jährige so ausgelaugt von der Jagd nach Titeln und der jahrelangen Auslese im chinesischen Team, dass er sich eine Pause nahm - und von dem Turnierveranstalter World Table Tennis (WTT) nach jedem verpassten Turnier zu einer Geldstrafe verdonnert wurde.

Diese Regeln akzeptierte Fan Zhendong nicht. Vor genau einem Jahr zog sich der beste Spieler der Welt von allen internationalen Turnieren und aus dem chinesischen Nationalteam zurück. Die Saarbrücker nutzten diese Chance, weil Patrick Franziska den Kontakt hatte - und ein Wechsel nach Europa genau das war, was der Chinese immer schon wollte.

„Ich sehe die Bundesliga als Herausforderung. Das wird meine Karriere und meinen Horizont erweitern“, sagte Fan Zhendong bei seiner Vorstellung in Saarbrücken.

Modenschau in Mailand, Fußball in Madrid

Seitdem sieht man ihn in Europa nicht nur gegen Werder Bremen (2:3) oder den deutschen Meister TTF Ochsenhausen (3:0) spielen. Sondern auch bei einer Modenschau in Mailand, einem Fußballspiel von Real Madrid, einem Treffen mit Zinédine Zidane - oder einer Feier mit seinem Freund Timo Boll.

„Für ihn ist es ein Abenteuer, mal Europa zu erleben“, sagt der Saarbrücker Manager Nicolas Barrois. „Er bewegt sich gern hier, saugt die europäische Kultur auf, schaut sich Fußballspiele an. Das ist einer der Hauptgründe, warum er jetzt hier Tischtennis spielt.“

Etwas bizarr ist: Fan Zhendong wechselte auch deshalb nach Europa, weil er in China nicht unerkannt über eine Straße gehen kann. Überall löst er dort Menschenaufläufe aus. Jetzt spielt er in Deutschland - und steht wieder im Zentrum eines Hypes. Auch wenn der natürlich kleiner ist als in seiner Heimat.

Herausforderung für den Club

Trotzdem reicht die Popularität des Olympiasiegers auch in Saarbrücken aus, um den Club vor „ziemliche Herausforderungen“ (Barrois) zu stellen. Er baute Zusatztribünen in seine Halle, er brauchte mehr Helfer und zusätzliches Sicherheitspersonal. „Wir hatten schon damit gerechnet, dass die Zuschauerzahlen steigen“, sagt der Manager. „Aber in dem Ausmaß war uns das nicht bewusst.“

Bislang haben aber Seiten von dem Tischtennis-Transfer des Jahres profitiert. Der Club hat den besten Spieler der Welt, die gesamte Bundesliga eine neue Attraktion. Patrick Franziska schwärmt vom gemeinsamen Training mit Fan Zhendong („Das zu sehen, das aufzusaugen, ist Wahnsinn“). Und auch ein chinesischer Fan sagte ganz beseelt nach dem Werder-Spiel zu „Radio Bremen“: „Ich musste einfach herkommen, um ihn spielen zu sehen!“