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Finanzen Kabinett legt Rekord-Haushalt 2024 vor: Einstellungsstopp

Sachsen-Anhalt plant mit immer weiter steigenden Ausgaben. Insbesondere die Personalkosten erreichen immer neue Höhen. Die Regierung plant nun strenge Maßnahmen. Der Landesrechnungshof unterdessen sieht einen gravierenden Haushaltstrick.

Von dpa 01.08.2023, 12:52
Michael Richter (CDU), Finanzminister von Sachsen-Anhalt.
Michael Richter (CDU), Finanzminister von Sachsen-Anhalt. Ronny Hartmann/dpa/Archivbild

Magdeburg - Sachsen-Anhalts Landesregierung legt dem Landtag einen Haushaltsentwurf mit einem Rekordvolumen vor. Das Ausgabevolumen betrage 14,7 Milliarden Euro und damit 2 Milliarden Euro mehr als im Haushalt 2022, sagte Finanzminister Michael Richter (CDU) am Dienstag nach dem Beschluss des Kabinetts in Magdeburg. Weil es im Plan mehr Ausgaben als Einnahmen gebe, sei eine globale Minderausgabe von 432 Millionen Euro veranschlagt, das sind knapp drei Prozent. Somit soll das Haushaltsvolumen 14,27 Milliarden Euro betragen. Nun ist der Landtag als Haushaltsgesetzgeber am Zug.

Der Landesrechnungshof sieht anders als der Finanzminister keinen tatsächlich ausgeglichenen Haushalt. „Es handelt sich um einen Scheinausgleich, den die Landesregierung nur mit einer dreiprozentigen globalen Minderausgabe erreicht. Ein Haushaltstrick, der in dieser Höhe verfassungswidrig und nach unseren Recherchen auch bundesweit einmalig ist“, erklärte ein Sprecher am Dienstag. „Niemand weiß bisher, wo die 432 Millionen Euro der globalen Minderausgabe eingespart werden sollen.“

Knapp ein Drittel der Ausgaben des Landes und damit 4,5 Milliarden sind Personalkosten, sagte Richter. Im Vergleich zu den Personalausgaben 2022 sei das eine enorme Steigerung von 585 Millionen Euro - vor allem wegen der Tarifsteigerungen, die nach dem deutlichen Plus im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen auch für die Länder zu erwarten sind. Die Personalkosten werden weiter steigen, ohne dass zusätzliches Personal eingestellt wird.

Um eine Finanzlücke zu schließen, verständigte sich das Kabinett laut Richter darauf, in den ersten fünf Monaten des kommenden Jahres auf Einstellungen und Nachbesetzungen in der Landesverwaltung zu verzichten. Zum Jahresende 2023 offen gebliebene Stellen sollen nicht vor dem 1. Juni 2024 besetzt werden können. Richter geht davon aus, dass es sich um 400 bis 500 Stellen handeln könnte. Davon ausgenommen seien zu übernehmende Absolventen, Lehrkräfte sowie die Polizei.

Aus Sicht des Landesrechnungshofs hat die Landesregierung damit „de facto bereits eine erste Haushaltssperre ausgesprochen“. „Es ist wahrscheinlich, dass weitere folgen werden.“ Der Landtag werde deshalb bei den nun anstehenden Haushaltsberatungen die Verfassungsgemäßheit des Haushaltes wiederherstellen und die globale Minderausgabe auf ein vertretbares Maß absenken müssen, damit der Haushalt die Ausgaben der Verwaltung auch tatsächlich steuere.

Der Finanzminister betonte die Vielzahl finanzpolitischer Herausforderungen. Dazu gehöre die Zinswende, der zu erwartende Tarifabschluss für Landesbedienstete, die hohen Energiekosten und das allgemein gestiegene Preisniveau.

Neben dem Personal fließt ein Großteil der Ausgaben an die Kommunen. Das sollen laut dem Plan der Regierung etwa 4,35 Milliarden Euro sein. Auf der Einnahmenseite erwartet der Finanzminister basierend auf der Steuerschätzung aus dem Mai gut 10,4 Milliarden Euro Steuern und steuerinduzierte Einnahmen. Hinzu kommen Zahlungen von Bund und EU in Höhe von mehr als 2,46 Milliarden Euro. „Ich gehe nicht davon aus, dass die Steuerschätzung im November uns großartig weitere Spielräume geben wird“, sagte Finanzminister Richter.

Mit Blick auf die kommenden Jahre sagte er: „Der finanzpolitische Spielraum wird enger.“ Es sei für 2025/26 ein Doppelhaushalt geplant. Dann müssten politische Schwerpunkte festgelegt werden. „Wir werden mit der Gießkanne nicht mehr alles bedienen können, nicht nur wir hier in unserem Land, sondern auch in den anderen Ländern. Und diese Diskussion werden wir im Kabinett führen müssen und werden sie auch führen, um dann Ihnen einen ausgeglichenen Haushalt 2025/2026 darstellen zu können“, betonte der Finanzminister.

Aus dem Parlament war mehrfach der Ruf nach einer frühzeitigen Vorlage des Etats gekommen, so dass er noch in diesem Jahr verabschiedet werden kann und vom Jahresbeginn 2024 an greift. Für die Landtagsdebatte Anfang September kann nun die erste Lesung im Landtag geplant werden. In diesem Jahr hatte der Landtag den Haushalt 2023 erst am 22. März verabschiedet.

Nicht nur vom Landesrechnungshof, auch aus der Opposition kam am Dienstag deutliche Kritik an den Plänen der Landesregierung. „Die globale Minderausgabe wird dazu benutzt, einen scheinbar ausgeglichen Haushalt vorzustellen“, erklärte der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Olaf Meister. Mit drei Prozent des Haushaltsvolumens sieht er den Bogen überspannt, ein bis zwei Prozent im laufenden Jahr einzusparen sei möglich.

Ähnliche Kritik kam von den Linken. „Die Landesregierung hat einen Entwurf für den Landeshaushalt 2024 beschlossen, der in wesentlichen Punkten noch gar nicht fertig ist.“ Wenn der Finanzminister jetzt schon davon ausgehe, dass die Mittel in der Höhe eingespart werden können, sollte das auch jetzt im Haushalt stehen, erklärte die haushaltspolitische Sprecherin der Linken, Kristin Heiß.

„Wir haben Bedenken, ob der Landeshaushalt bei einer globalen Minderausgabe in dieser Höhe noch verfassungsgemäß ist“, so Olaf Meister. Man habe den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst gebeten, die zulässige Höhe einer globalen Minderausgabe im Landeshaushalt zu prüfen. Die Besetzungssperre für Stellen im Landesdienst im ersten Halbjahr 2024 sei eine „sehr brachiale Sparmaßnahme, die dem Land schadet“, erklärten die Grünen weiter.