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Gasversorgung Kaum Gas im Speicher Rehden - Was die Netzagentur dazu sagt

Als 2022 in Deutschlands größtem Gasspeicher der Füllstand immer weiter sank, stieg bei den Behörden die Angst vor einem echten Engpass. Das ist mittlerweile anders.

Von Helge Toben, dpa Aktualisiert: 29.06.2025, 05:37
Deutschlands größter Gasspeicher in Rehden ist nur zu gut zwei Prozent gefüllt. (Archivbild)
Deutschlands größter Gasspeicher in Rehden ist nur zu gut zwei Prozent gefüllt. (Archivbild) Hauke-Christian Dittrich/dpa

Bonn/Berlin - In den deutschen Gasspeichern wird deutlich weniger Erdgas gelagert als noch vor einem Jahr. Am Freitagmorgen waren die Speicher nach Daten des europäischen Gasspeicherverbands GIE zu 49 Prozent gefüllt. Vor einem Jahr lag der Füllstand bei fast 80 Prozent. Deutschlands größter Speicher im niedersächsischen Rehden weist derzeit sogar nur einen Füllstand von 2,21 Prozent auf. 

Während Speicherbetreiber warnen, sieht die Bundesnetzagentur die Versorgungssicherheit dennoch gewährleistet. „Wir beobachten die Füllstände sehr genau“, erklärte Behördenpräsident Klaus Müller auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur dpa. Mit den Terminals für Flüssiggas (LNG) an Nord- und Ostseeküste gebe es andere Möglichkeiten als vor drei Jahren, als die russischen Gaslieferungen gestoppt wurden. „Deswegen kann die sichere Gasversorgung auch mit etwas niedrigeren Mengen in den Speichern gewährleistet werden.“

Füllstand Deutschland: 49 Prozent - EU: 57 Prozent

Der Gesamtfüllstand in Deutschland ändert sich täglich. Mit Ausnahme eines Tages hat er seit dem 11. April täglich zugenommen. Mit den 49 Prozent liegt Deutschland trotzdem unterhalb des EU-Durchschnitts, der am Donnerstagmorgen bei gut 57 Prozent lag. 

Der Speicher Rehden im Landkreis Diepholz fiel vor drei Jahren mit Füllständen von zeitweise unter einem Prozent auf. In der Energiekrise war die Sorge in Deutschland und Europa groß, dass nicht mehr genug Erdgas für Wirtschaft und Haushalte zur Verfügung stehen könnte. Gut ein Fünftel der gesamten Speicherkapazität entfallen auf Rehden. Der Speicher gehörte früher dem russischen Gaskonzern Gazprom, wurde 2022 nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine aber unter deutsche Verwaltung gestellt.

Bundesnetzagentur beobachtet Situation in Rehden „sehr genau“

Gas-Großhändler nutzen Speicher, um günstig eingekauftes Erdgas zu einem anderen Zeitpunkt gewinnbringend zu verkaufen - zum Beispiel im Winter, wenn der Bedarf groß ist. Zum niedrigen Füllstand in Rehden teilte die Behörde mit: „Die Buchung durch Speichernutzer richtet sich nach marktlichen Erwägungen.“ Die Bundesnetzagentur beobachte die Situation „sehr genau“.

Eine Verordnung schreibt vor, dass die meisten Speicher am 1. November zu 80 Prozent gefüllt sein müssen. Für bestimmte Speicher mit niedrigerer Ein- und Ausspeiseleistung gilt eine Vorgabe von 45 Prozent. Am 1. Februar müssen die meisten Speicher zu 30 Prozent gefüllt sein. Die staatlichen Speicherziele waren in der Energiekrise 2022 wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine, der Abhängigkeit von russischem Gas und leerer Speicher eingeführt worden, um die Gasversorgung zu sichern. Zuletzt wurden sie Anfang Mai gesenkt. 

Netzagentur sieht Alternativen

Auf die Frage, ob Rehden das Speicherziel von 45 Prozent erreichen wird, antwortete eine Behördensprecherin, dass das Speicherziel einzelner Speicher nicht einzeln zu betrachten sei, sondern es auf eine Gesamtschau ankomme. „Im Falle einer Versorgungsunterbrechung einzelner Leitungen könnten fehlende Mengen bis zum Eintreffen der LNG-Lieferungen vorrangig durch Kavernenspeicher im Norden sowie Porenspeicher im Süden kompensiert werden.“ 

Dem Speicher Rehden komme in einem solchen Szenario aufgrund seiner Lage und seiner geringeren Ausspeicherleistung deshalb mittlerweile eine geringere Bedeutung zu. „Aufgrund seiner geologischen Eigenschaften wären die eingespeicherten Gasmengen nur zeitverzögert verfügbar. Etwaige Engpässe könnten daher deutlich besser über den Gashandel überbrückt werden.“

Erdgasimport über Pipelines und Terminals 

Deutschland erhält derzeit das meiste Erdgas über Pipelines aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien. Über die deutschen LNG-Terminals kamen am Freitag gut 13 Prozent der importierten Gesamtmenge.

Die Betreibergesellschaft des Speichers Rehden, Sefe Storage, teilt auf Anfrage mit, dass das Speicherziel von 45 Prozent technisch noch erreicht werden könne. Dafür müsste ab Mitte August eingespeichert werden, erklärte eine Sprecherin. „Die Füllstandsvorgabe ist also grundsätzlich erreichbar, wobei eine Befüllung nur erfolgt, sofern die Kapazitäten auch verkauft werden können.“

Der Verband der deutschen Gasspeicherbetreiber Ines sieht als Grund für die niedrigeren Füllstände „eine gewisse Zurückhaltung am Markt“. „Obwohl wir gefüllte Gasspeicher für eine sichere Versorgung im Winter brauchen, ist offenbar eine rein marktwirtschaftliche Buchung und Befüllung bei den aktuellen Preisen nicht in jedem Fall möglich“, erklärte der Geschäftsführer der Initiative Energien Speichern (Ines), Sebastian Heinermann. 

Speicherverband hält Speicherziele für unzureichend

Eine vollständige Befüllung der Gasspeicher bis zum 1. November sei technisch schon heute nicht mehr möglich. „Vielmehr besteht die Gefahr, dass selbst die abgesenkte Füllstandsvorgabe verfehlt werden könnte.“

Der Branchenverband geht noch weiter: Ein deutschlandweiter durchschnittlicher Füllstand über alle Speicher von 70 Prozent zum 1. November gewährleiste keine ausreichende Versorgungssicherheit im Winter. „Selbst bei vollständiger Befüllung der Speicher in anderen EU-Staaten kann bei einem kalten Winter der Verbrauch in Deutschland nicht komplett gedeckt werden.“ Mit dem Absenken der Füllstandsvorgaben sei der Staat ein Stück weit aus der Verantwortung geflüchtet, die er sich selbst noch in der Krise gesetzlich zugeschrieben habe.