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Gaza-Krieg Klagen gegen Waffenlieferungen nach Israel erfolglos

Palästinenser sehen das Völkerrecht durch Waffenexporte von Deutschland an Israel verletzt und ziehen vor Gericht. Die Situation ist aber eine andere als noch vor einigen Monaten. Was bedeutet das?

Von dpa Aktualisiert: 12.11.2025, 18:27
Blick in den Verhandlungsraum des Verwaltungsgerichts Berlin in den Räumen des Kriminalgerichts Moabit.
Blick in den Verhandlungsraum des Verwaltungsgerichts Berlin in den Räumen des Kriminalgerichts Moabit. Paul Zinken/dpa

Berlin - Palästinenser im Gazastreifen sind mit ihrem Versuch gescheitert, deutsche Waffenexporte nach Israel gerichtlich verbieten zu lassen. Das Verwaltungsgericht Berlin wies ihre Klagen gegen die Genehmigungspraxis der Bundesregierung aus prozessualen Gründen zurück. (Az. VG 4 K 45/24 und VG 4 130/24).

Die Richter hatten über zwei unterschiedlich gelagerte Klagen zu entscheiden. In einem Fall argumentierte der Kläger, die Genehmigungspraxis verstoße gegen die völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands. Der Vorsitzende Richter Stephan Groscuth erklärte, dieser vorbeugende Rechtsschutz könne nur gewährt werden, wenn absehbar sei, dass die Bundesrepublik genau so wieder handele. „Das zu erwartende Handeln muss sich abzeichnen.“

Davon sei jedoch derzeitig nicht auszugehen. Die Bundesregierung habe ihre Genehmigungspraxis zu Kriegswaffenlieferungen nach Israel ausdrücklich geändert, so das Gericht. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) habe im August dieses Jahres erklärt, die Bundesregierung werde bis auf Weiteres keine Genehmigungen mehr für die Ausfuhr von Kriegswaffen erteilen. „Aus diesem Grund benötigten die Kläger derzeit keine gerichtliche Entscheidung.“

Ein Kläger bei Luftangriff gestorben

Im zweiten Verfahren griffen vier im Gazastreifen lebende Palästinenser – ein weiterer Kläger ist zwischenzeitlich bei einem Luftangriff gestorben – eine Genehmigung für die Ausfuhr von 3.000 tragbaren Panzerabwehrwaffen an. Sie wollten, dass diese nachträglich als rechtswidrig eingestuft wird. 

Dies sei nur möglich, wenn die Gefahr bestehe, dass die Bundesregierung unter denselben Bedingungen wie im Herbst 2023 erneut so handeln würde, argumentierte das Gericht in diesem Fall. Das lasse sich aber schon deswegen nicht vorhersagen, weil Entscheidungen über Kriegswaffenlieferungen „in den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“ fielen. 

Veränderte Situation im Gaza-Krieg 

Zudem hat sich die Situation im Gaza-Krieg im Vergleich zu der Lage unmittelbar nach dem beispiellosen Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 maßgeblich geändert, wie die Richter betonten. Die Genehmigung, um die es ging, war zu Beginn des militärischen Einsatzes erteilt worden. 

Um die deutschen Waffenlieferungen an Israel gibt es seit Monaten Diskussionen. Nach dem Terrorangriff der Hamas hatte die Bundesregierung ihre Rüstungsexporte nach Israel erheblich gesteigert und priorisiert bearbeitet. Im August jedoch ordnete Bundeskanzler Merz als Reaktion auf das seinerzeit zunehmend aggressive Vorgehen der israelischen Streitkräfte an, vorerst keine Ausfuhren von Rüstungsgütern nach Israel mehr zu genehmigen, die im Gaza-Krieg verwendet werden können. 

Danach genehmigte die Bundesregierung im September Rüstungslieferungen im Wert von mindestens 2,46 Millionen Euro, wie aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervorging. Zum Vergleich: Vom 1. Januar bis zum 8. August 2025 wurden Exporterlaubnisse im Wert von gut 250 Millionen Euro für Israel erteilt.

Kläger: Waffenruhe fragil

Im Gaza-Krieg gilt seit 10. Oktober eine Waffenruhe. Allerdings kam es seither mehrmals erneut zu Kampfhandlungen, bei denen drei israelische Soldaten und mehr als 240 Bewohner des Gazastreifens getötet wurden.

Die Kläger bezeichneten die derzeitige Waffenruhe als fragil und die humanitäre Situation als eine Katastrophe. Die Anordnung des Bundeskanzlers zu Waffenlieferungen reichen ihnen nicht aus, wie sie erklärten. Ihre Anwälte zeigten sich enttäuscht über das Urteil. 

Arzt: Zerstörungskraft der Waffen 

Der seit 22 Jahren in Berlin lebende Sohn des Klägers im ersten Verfahren war zunächst mit seinem Vater gemeinsam vor Gericht gezogen. Die Männer hatten bereits in mehreren Eilverfahren ohne Erfolg versucht, Kriegswaffenexporte zu stoppen. Am Rande der Verhandlung erklärte der 41 Jahre alte Oberarzt, er habe nicht mit einem Erfolg gerechnet. Er wolle aber alles versuchen. „Ich will meinen Eltern in die Augen schauen können“, sagte er.

Sichtlich angefasst berichtet er von den Geschehnissen im Gazastreifen, wo er nach eigenen Angaben mehrfach als Arzt war. Er sei Zeuge von Verletzungen geworden und habe die Zerstörungskraft von „Waffen made in Germany“ gesehen, sagte der Mann mit deutscher Staatsangehörigkeit.