Ex-Radprofi setzt sich nicht mehr gegen Dopingvorwürfe zur Wehr / Lebenslange Sperre verhängt Lance Armstrong riskiert alle Tour-Titel
Die Karriere des Lance Armstrong ist gestern zum zweiten Mal zu Ende gegangen. Der Rekordsieger der Tour de France hat den Kampf gegen die ständigen Dopingvorwürfe satt. Er will sich nicht mehr wehren. Nach der lebenslangen Sperre durch die amerikanische Anti-Doping-Agentur droht ihm die Aberkennung aller Tour-Titel.
Washington/Berlin (dpa) l Lance Armstrong hat nach einem jahrelangen Kampf gegen Dopingbeschuldigungen aufgegeben und sich in die Rolle des zu Unrecht Verfolgten verabschiedet. Der 40 Jahre alte Radstar aus den USA will sich gegen die Vorwürfe nicht mehr zur Wehr setzen. Nun droht ihm die Aberkennung seiner sieben Titel bei der Tour de France zwischen 1999 bis 2005.
"Es kommt ein Punkt im Leben jedes Menschen, an dem er sagen muss ¿genug ist genug.\' Für mich ist dieser Punkt jetzt gekommen", erklärte Armstrong auf seiner Homepage und schrieb von einer "Hexenjagd" durch den Chef der amerikanischen Anti-Doping-Agentur USADA, Travis Tygart.
Ein Dopinggeständnis legte Armstrong in seiner Mitteilung aber nicht ab. Ganz im Gegenteil. "Ich weiß, wer siebenmal die Tour gewonnen hat, meine Teamkollegen und alle, gegen die ich gefahren bin, wissen, wer die Tour siebenmal gewonnen hat", betonte der US-Amerikaner. "Es gab keine Abkürzungen, es gab keine speziellen Behandlungen. Dieselben Strecken, dieselben Regeln", schrieb Armstrong.
Bei seinen Erfolgen 2000, 2001 und 2003 hatte er die ebenfalls gestürzte deutsche Radsport-Ikone Jan Ullrich jeweils auf Platz zwei verwiesen. Ob Ullrich nun nachträglich zum Sieger in diesen Jahren aufsteigen kann, blieb zunächst fraglich.
Niemand könne an seinen Tour-Erfolgen etwas ändern, meinte Armstrong. "Vor allem nicht Travis Tygart." Dessen Behörde, die USADA, hat Armstrong unterdessen lebenslang gesperrt. Das könnte der Hobby-Triathlet wohl noch verkraften, will er sich doch nun mit aller Kraft seiner Krebs-Stiftung widmen. Nur die Aberkennung der Tour-Siege würde auch Armstrong schwer treffen.
Was bliebe, wäre nicht mehr der erfolgreichste Tour-Starter, sondern der größtmögliche Skandal der großen Schleife. Für ihn, für die Verbände wie auch den Internationalen Radsportverband UCI, die Tour selbst und den in Doping-Dauerschlagzeilen stehenden Radsport selbst.
"Das ist ein trauriger Tag für alle von uns, die den Sport und unsere Athleten-Helden lieben", teilte Tygart in einem Schreiben der USADA in einer ersten Reaktion mit. Der USADA-Chef legte aber auch noch einmal nach. "Das ist ein Herzen brechendes Beispiel, wie diese Gewinnen-um-jeden-Preis-Kultur im Sport, wenn sie nicht mehr kontrolliert wird, von fairem, sicherem und ehrlichem Wettkampf Besitz ergreift", sagte Tygart.
Armstrong sieht sich hingegen als Opfer. Das gesamte Verfahren habe einen "zu hohen Preis" von ihm und seiner Familie gefordert, begründete Armstrong seinen Entschluss, sich nicht mehr länger damit zu beschäftigen. Wenn er eine Chance gesehen hätte, in einer fairen Umgebung die Vorwürfe widerlegen zu können, hätte er "die Chance wahrgenommen", schrieb er.