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Tiere Nach Schockvideos: Anklage gegen Schweinemastbetrieb

Die Aufnahmen zeigten schockierende Bilder von kranken und schwer verletzten Schweinen. Den von Tierschützern veröffentlichten Videos folgten Ermittlungen gegen Mastbetriebe in NRW und Niedersachsen. In einem Fall haben sich die Vorwürfe bestätigt.

Von dpa 24.02.2023, 09:45
Ein Mikrofon in einem Gerichtssaal.
Ein Mikrofon in einem Gerichtssaal. Friso Gentsch/dpa/Symbolbild

Münster - Nach schockierenden Aufnahmen aus mehreren Schweinemastbetrieben vor allem in NRW ist in einem Fall Anklage wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz erhoben worden. Der Verdacht richte sich gegen einen Mastbetrieb in Velen im Kreis Borken, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Münster am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Ermittlungen gegen die anderen betroffenen Betriebe wurden teils eingestellt, teils laufen sie noch.

Die Organisation Deutsche Tierschutzbüro hatte im September 2022 drastische Missstände in Mastbetrieben angeprangert und Aufnahmen veröffentlicht, die aus sechs Betrieben in Nordrhein-Westfalen und in einem Fall aus einem Unternehmen aus Niedersachsen stammen sollen - alle seien Zulieferer von Westfleisch. Der Betrieb gilt als einen der deutschlandweit größten Schweineschlachter.

Ein Sprecher von Westfleisch teilte am Freitag mit, die Zusammenarbeit mit einem der betroffenen Schweinemastbetriebe sei beendet worden. Welcher der Betriebe gemeint ist, sagte er mit Verweis auf den Schutz der Betreiber auf Nachfrage nicht.

Laut Tierschutzbüro soll der Fall aus Velen demnächst vor dem Amtsgericht Borken in NRW verhandelt werden. Eine Gerichtssprecherin sagte: „Anklage ja, es ist aber noch kein Termin anberaumt.“

Nach Angaben der Tierschützer soll der Mastbetrieb als Kooperationspartner von Westfleisch in den vergangenen Jahren rund 50.000 Euro EU-Subventionen für Umwelt- und Tierschutzverbesserungen erhalten haben. Der Westfleisch-Sprecher teilte mit, man werde „den Verlauf der Anklage aufmerksam verfolgen, das Ergebnis bewerten und auf der Basis dann weitere Konsequenzen ziehen“.

In einem weiteren Fall stellte die Staatswaltschaft Münster das Verfahren gegen Zahlung einer „vierstelligen“ Geldauflage ein, wie Sprecher Martin Botzenhardt sagte. Der Landwirt aus dem Kreis Warendorf muss nach Angaben des Tierschutzbüros 3000 Euro zahlen. Jan Peifer vom Tierschutzbüro sagte, man habe dagegen Beschwerde eingelegt. „Aus unserer Sicht gibt es auch hier Verstöße gegen das Tierschutzgesetz“, sagte er. Die Organisation hatte die Ermittlungen mit schockierendem Videomaterial ausgelöst. Zu sehen waren Schweine mit blutenden Wunden, Abszessen, Entzündungen an Augen und Beinen, auch einige tote oder sogar verwesende Tiere im Stall.

Die Staatsanwaltschaften Paderborn und Detmold haben eigenen Angaben nach je ein Verfahren gegen betroffene Betriebe eingestellt. Diese wurden demnach vom jeweils zuständigen Veterinäramt untersucht. Die Detmolder Staatsanwaltschaft teilte mit, dass bei der unangekündigten Kontrolle die verletzten beziehungsweise kranken Tiere nicht aufgefunden worden seien. Aus Paderborn hieß es, bei der Kontrolle sei nichts strafrechtlich Relevantes festgestellt worden.

Im Tierschutzgesetz sind Strafen für „länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden“ vorgesehen.

Anhand der Videoaufnahmen lässt sich demnach nicht feststellen, ob die Tiere aufgrund einer Bindehautentzündung bereits erhebliche Schmerzen und Leiden hatten. Außerdem bekamen die Tiere laut den Ermittlern zum Zeitpunkt der Videoaufzeichnung Medikamente gegen Augenentzündungen. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Paderborn gegen einen weiteren Betrieb laufen noch.

Der Westfleisch-Sprecher teilte mit, Vorwürfe gegen Tierhalter würden sehr ernst genommen. „Klar ist: Jeder Verstoß gegen das Tierschutzgesetz ist einer zu viel. Man muss aber jeden Fall genau betrachten und einzeln analysieren und bewerten.“ Westfleisch habe gleich nach Bekanntwerden der Vorwürfe reagiert: Mitarbeiter waren demnach mit amtlichen Veterinären und einer externen Firma zur Kontrolle von Lebensmittelsicherheit bei den Betrieben. Es gebe weiter unangekündigte Prüfungen durch ein unabhängiges Institut.

Außerdem arbeite man seit Ende vergangenen Jahres bei einer „Offensive“ mit dem Titel „Tiergesundheit“ mit Vertretern von Wissenschaft und Veterinärmedizin zusammen. Ziel sei, „einen eventuell erhöhten Betreuungsbedarf bei den Landwirten früher zu erkennen, denn häufig sind die Gründe für mögliche Missstände in den Ställen vielschichtig.“