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Anschlag auf Weihnachtsmarkt Prozess gegen Todesfahrer von Magdeburg hat begonnen

Im Dezember 2024 fährt er mit einem Auto in die Menschenmenge auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt. Sechs Menschen sterben, über 300 werden verletzt. Nun steht der Täter vor Gericht.

Von dpa Aktualisiert: 10.11.2025, 11:27
Zum Prozessbeginn sitzt der Attentäter vom Magdeburger Weihnachtsmarkt hinter Glas.
Zum Prozessbeginn sitzt der Attentäter vom Magdeburger Weihnachtsmarkt hinter Glas. Jan Woitas/dpa

Magdeburg - Fast elf Monate nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt mit sechs Toten und mehr als 300 Verletzten hat unter starken Sicherheitsvorkehrungen der Prozess gegen den Todesfahrer begonnen. Der Angeklagte Taleb al-Abdulmohsen wurde am Morgen zunächst mit einem Hubschrauber nach Magdeburg und anschließend mit einer Fahrzeugkolonne zu dem eigens errichteten Interimsgebäude gebracht. 

Maskierte Justizbeamte führten den 51-Jährigen, der einen längeren grau melierten Bart trägt, in den Saal. Dort saß er in einer besonders gesicherten Glasbox. Zu Beginn des Prozesses hielt er einen Laptop mit verschiedenen Aufschriften hoch, unter anderem „MagdeburgGate“ und „Sept. 2026“. Was diese bedeuten, war zunächst unklar. 

Unterbrechung noch vor der Verlesung der Anklage

Noch vor Verlesung der Anklage wurde der Prozess zunächst unterbrochen. Hintergrund der Pause etwa eine dreiviertel Stunde nach Beginn der Verhandlung waren zwei Anträge der Verteidigung. Darin bemängelte der Anwalt des Angeklagten vor allem, dass sein Mandant während des Prozesses aus Sicherheitsgründen in einer Glasbox sitzen muss. Nach der Pause ging es mit der Anklageverlesung weiter. 

Die Anklage wirft dem aus Saudi-Arabien stammenden Mann unter anderem vollendeten Mord in sechs Fällen und versuchten Mord in 338 weiteren Fällen vor. Zahlreiche Medienvertreter aus dem In- und Ausland reisten zu dem Verfahren nach Magdeburg an. Das Landgericht Magdeburg hat bis zum 12. März 2026 zunächst knapp 50 Verhandlungstage angesetzt. Aktuell befindet sich der 51-Jährige im Gefängnis in Burg, nachdem er bereits mehrfach verlegt worden war. 

Rund 180 Betroffene und Hinterbliebene treten in dem Prozess als Nebenkläger auf, vertreten durch etwa 40 Anwälte. Es ist eines der größten Verfahren der deutschen Nachkriegsgeschichte. Damit alle Betroffenen teilnehmen können, wurde eigens ein Interims-Gerichtsgebäude errichtet. 

Am 20. Dezember 2024 war der damals 50 Jahre alte Taleb al-Abdulmohsen mit einem 340 PS starken Mietwagen auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt durch eine Menschenmenge gefahren. Seine Fahrt dauerte laut Generalstaatsanwaltschaft Naumburg eine Minute und vier Sekunden. Der Täter konnte zwischen einer Fußgängerampel und einer Betonblocksperre auf den Weihnachtsmarkt gelangen. Gleich nach der Tat wurde al-Abdulmohsen festgenommen. Er kam in U-Haft. 

Die Opfer

Bei dem Anschlag wurden sechs Menschen getötet: fünf Frauen im Alter von 45 bis 75 Jahren sowie ein neunjähriger Junge. Zudem wurden mehr als 300 Menschen verletzt oder traumatisiert. Sie kamen nicht nur aus Sachsen-Anhalt. Unter den Betroffenen des Anschlags sind nach Angaben des Bundesopferbeauftragten Menschen aus fast allen Bundesländern. Einige kommen auch aus dem Ausland wie etwa Spanien, den USA und Großbritannien. 

Der Angeklagte

Taleb al-Abdulmohsen stammt aus Saudi-Arabien. Vor der Todesfahrt war er im Maßregelvollzug in Bernburg (Salzlandkreis) als Arzt tätig. Sein Aufgabengebiet umfasste die psychiatrische Betreuung von Straftätern auf drei Stationen. Anfang Februar wurde bekannt, dass sich ein Kollege ein paar Monate vor dem Anschlag Sorgen um die Verfassung von al-Abdulmohsen machte und diese Hinweise auch an Vorgesetzte weitergab.

Auch mehrere Sicherheitsbehörden befassten sich immer wieder mit dem Angeklagten - er fiel aber als Gegner von Islamisten letztlich durch alle Raster. Nach Deutschland kam al-Abdulmohsen 2006, um hier die Facharztausbildung zu absolvieren. Nach seiner Ausbildung beantragte er im Februar 2016 Asyl und erhielt im Juli desselben Jahres Asyl als politisch Verfolgter.