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Verdacht der Tierquälerei Qual für Hühner? Verdacht löst Debatte um Tierwohl-Label aus

Drei Hähnchenmastbetriebe aus Brandenburg sollen gegen den Tierschutz verstoßen haben. Eine Fastfood-Kette reagiert. Auch ein Tierwohl-Siegel gerät in die Kritik.

Von dpa 08.10.2025, 15:35
Hähnchenmastbetriebe aus Brandenburg stehen im Verdacht, in ihren Ställen gegen den Tierschutz verstoßen zu haben. Auch die Fastfood-Kette KFC reagiert. (Symbolfoto)
Hähnchenmastbetriebe aus Brandenburg stehen im Verdacht, in ihren Ställen gegen den Tierschutz verstoßen zu haben. Auch die Fastfood-Kette KFC reagiert. (Symbolfoto) Christin Klose/dpa-tmn/dpa

Neuruppin - Gegen drei Hähnchenmastbetriebe in Brandenburg ermitteln Staatsanwaltschaften wegen Verstößen gegen den Tierschutz. Ihr Fleisch ging auch an die Fast-Food-Kette KFC. Das Besondere: Die in Verdacht stehenden Betriebe haben sich der Initiative Tierwohl angeschlossen, die nun nach eigenen Aussagen Sanktionen prüft. 

Das Unternehmen KFC, das mit hohen Standards beim Tierschutz wirbt, beendete die Zusammenarbeit und teilte mit: „Diese Betriebe wurden sofort ausgelistet (...).“ Während Tierschützer den Sinn von Tierwohl-Siegeln infrage stellen, spricht die Initiative Tierwohl - ein Zusammenschluss aus Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Lebensmittelhandel - von Einzelfällen. 

Geflügelfleisch wird in Deutschland immer beliebter. Der rechnerische Pro-Kopf-Verbrauch ist 2024 im Jahresvergleich um knapp 4 Prozent auf durchschnittlich 13,6 Kilogramm gestiegen. 

Videos aus der Hähnchenmast 

Die Verdachtsfälle wurden durch Videomaterial der Tierrechtsorganisation Aninova ausgelöst, die sich gegen Massentierhaltung einsetzt und gravierende Missstände in den Betrieben anprangert. Es geht um Anlagen in den Landkreisen Oder-Spree, Oberhavel und Prignitz. 

Aninova kritisiert etwa „Enge, Dreck und Leid“. Kranke und verletzte Tiere würden in den Mastanlagen sich selbst überlassen, teils auf engstem Raum und mit baulichen Mängeln. Auch tote Tiere seien darunter gewesen. Die Masthähnchen gingen an die Plukon Food Group, die unter anderem Geflügelfleisch-Produkte anbietet und auch die Fast-Food-Kette KCF beliefert.

Die Staatsanwaltschaft Neuruppin bestätigte zwei Ermittlungsverfahren aufgrund von Strafanzeigen wegen des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz. Auch die Staatsanwaltschaft in Frankfurt (Oder) ermittelt. Aninova hatte vor Monaten auch in Niedersachsen Missstände in einer großen Hähnchenmastanlage angeprangert. 

KFC und Plukon kündigen Konsequenzen an

Die Fast-Food-Kette KFC teilte mit, die geschilderten Missstände seien „inakzeptabel“ und verstießen gegen die Standards des Unternehmens im Bereich Tierwohl. Nach Einschätzung von Plukon stammt weniger als ein Prozent des gesamten Hähnchenbezugs von KFC in Deutschland aus den genannten Betrieben. In Zukunft seien aber zusätzliche Kontrollen auch bei anderen Geflügellieferanten geplant. 

Von Plukon hieß es: „Wir prüfen derzeit die im Raum stehenden Hinweise in enger Abstimmung mit den beteiligten Behörden und werden gegebenenfalls Korrekturmaßnahmen einleiten.“ 

Die einzelnen Betriebe, gegen die ermittelt wird, reagierten auf eine Anfrage bislang nicht.

Tierwohl-Initiative sperrt Betriebe

Nach Angaben der Initiative Tierwohl haben sie ein Gütesiegel für die Einhaltung von festgelegten Kriterien bei der Tierhaltung bekommen. In zwei der Betriebe seien im Juni Verstöße festgestellt worden, teilte die Initiative mit. Sie wurden daraufhin für einige Zeit gesperrt. 

Nun seien „Sanktionsverfahren“ eingeleitet. Dies könne spezielle Auflagen, Geldstrafen oder einen Ausschluss aus dem System zur Folge haben. Beim dritten Betrieb hätten bis zur Veröffentlichung der Bilder keine Hinweise auf Verstöße vorgelegen. Man habe den Betrieb aber sofort gesperrt.

Debatte um Tierwohl-Siegel

Die Tierrechtsorganisation Aninova kritisierte, Tiersiegel könnten ihre Versprechen nicht einhalten. Laut der Initiative Tierwohl, der nach eigenen Angaben mehr als 14.000 Betriebe angeschlossen sind, hält sich jedoch die „überwältigende Mehrheit“ an die geforderten Kriterien. 

Um ein Tierwohl-Label zu bekommen, müssen bestimmte Vorgaben erfüllt werden wie etwa mehr Maßnahmen zur Tiergesundheit, mehr Platz im Stall und tierschonende Verfahren. Jeder einzelne Betrieb wird laut Initiative mindestens zweimal pro Jahr überprüft, einmal davon ohne Vorankündigung.