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Archäologie Rund 5.000 Jahre alte Opfergruben bei Gerstewitz freigelegt

In Krisenzeiten hielten steinzeitliche Menschen rätselhafte Rituale ab. Deren Spuren sind noch nach Jahrtausenden erkennbar.

Von dpa 29.07.2025, 15:52
Menschliche Schädel und Tierknochen wurden gefunden.
Menschliche Schädel und Tierknochen wurden gefunden. Heiko Rebsch/dpa

Gerstewitz - Rund 5.000 Jahre alte Opfergruben haben Archäologen bei Gerstewitz nahe Weißenfels (Burgenlandkreis) entdeckt. „Das Areal war für die Menschen der Salzmünder Kultur ein sicherlich bedeutsamer ritueller Ort, an dem sie ihre Ahnen um Hilfe anriefen“, sagte die Archäologin und Abteilungsleiterin für Bodendenkmalpflege im Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie, Susanne Friederich. „Bislang wurden innerhalb eines geschützten Areals zwölf Gruben freigelegt, in denen sich Reste abgebrannter Häuser und Opfergaben fanden.“ Die Ausgrabungen erfolgten im Vorfeld des Baus der künftigen Stromtrasse Südostlink.

Hundeknochen und menschliche Schädel in den Gruben 

„Die Gruben sind 2 bis 2,50 Meter tief und im Durchmesser 2 bis 3 Meter groß“, sagte der örtliche Grabungsleiter Christian Pabst. „Die Gruben sind mit Hüttenlehm aus abgebrannten Häusern verfüllt.“

Die Ausgräber fanden in den Gruben niedergelegte Teile von Hundeknochen. „Die Hundeknochen sehen verwittert aus, so als ob sie Feuer abbekommen hätten. Daneben liegen menschliche Schädel. Sie zeigen keinerlei Spuren von Verwitterung“, sagte Projektkoordinatorin Xandra Dalidowski. Über Tage oder Wochen hinweg seien rituelle Zeremonien durchgeführt worden. Zudem wurde offenbar der heiße Bauschutt von abgebrannten Häusern in die Gruben geworfen.

Ofen war Grabstätte

Ebenso kam ein zur Grabstätte umgewidmeter Ofen zum Vorschein. „Hier wurden zwei Menschen, die man bereits über längere Zeit hinweg an einem anderen Ort aufgebahrt hatte, niedergelegt und endgültig auf die Reise ins Jenseits verabschiedet“, sagte die Archäologin.

Opferrituale sollten beim Überleben helfen

Die Menschen der Salzmünder Kultur, die in der Jungsteinzeit vor etwa 5.300 bis 5.000 Jahren im Süden des heutigen Sachsen-Anhalts lebten, waren Ackerbauern und Viehzüchter. Die Schädel ihrer Toten waren ein wichtiger Teil der Rituale. Die Ahnen wurden immer wieder in den Alltag integriert und gaben Kraft – vor allem, als vor rund 5.000 Jahren Einwanderer aus dem Norden in die fruchtbaren Landstriche Mitteldeutschlands drängten.

Die Menschen zelebrierten Opferrituale, in der Hoffnung, dass ihre Ahnen ihnen beistehen. Manchmal wurden Rinder oder Hunde geopfert. Möglicherweise war die Gegend um Salzmünde (Saalekreis) ihre letzte Zufluchtsstätte. Hier wurden vor rund 13 Jahren ähnliche Ritualspuren ausgegraben.

Der rund 170 Kilometer lange Teilabschnitt der künftigen Stromtrasse Südostlink durch Sachsen-Anhalt soll noch bis Ende 2025 archäologisch untersucht werden. Die gesamte Trasse ist rund 540 Kilometer lang und reicht von Wolmirstedt bei Magdeburg bis zum Standort Isar bei Landshut in Bayern.