Anschlag auf Weihnachtsmarkt Späterer Todesfahrer fiel bei Arbeitgeber mit Mails auf
Mit vielen Krankheitstagen und sonderbaren E-Mails fiel der spätere Todesfahrer vom Weihnachtsmarkt der Chefin des Maßregelvollzugs auf. Sie fragte sogar nach psychischen Auffälligkeiten.

Magdeburg - Die Leiterin des Maßregelvollzugs in Sachsen-Anhalt, in dem der spätere Todesfahrer vom Magdeburger Weihnachtsmarkt als Arzt tätig war, hat sich über eine mögliche psychische Erkrankung des Mannes Gedanken gemacht. Anlass seien auffällige Mails von einer privaten Mailadresse von Taleb al-Abdulmohsen mit ausschweifenden Angaben zu seinen privaten rechtlichen Auseinandersetzungen sowie Verfolgungsideen mit Bezug auf den saudischen Geheimdienst gewesen, sagte die Juristin im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Anschlag.
Sie habe die mehrseitigen Ausführungen nur überflogen und dann mit dem ärztlichen Direktor der Klinik in Bernburg darüber geredet, ob man sich Sorgen machen müsse. Der ärztliche Direktor habe eingeschätzt, der Kollege sei psychisch belastet, aber nicht psychisch krank. Ihr sei al-Abdulmohsen auch in anderer Hinsicht bekannt gewesen: Weil er häufig krank gewesen sei, habe eine Kündigung im Raum gestanden, mangels rechtlicher Voraussetzungen sei das aber nicht umgesetzt worden.
Dünne Personalakte
Dass Beamte den Arzt Anfang Oktober 2024 am Arbeitsplatz aufsuchten, habe sie gewusst. Da die Polizisten aber keine Angaben zu Ursache und Hintergrund des Besuchs gemacht hätten, habe sie keine Notwendigkeit gesehen, einzuschreiten. Erst nach dem Anschlag sei ihr die sehr dünne Personalakte bekannt geworden, in der Tätigkeitsnachweise über viele Jahre fehlten ebenso wie ein vorgeschriebenes Führungszeugnis. Die Einstellungsuntersuchung sei auch erst nach Ablauf der Probezeit terminiert gewesen.
Die Auswahlentscheidung habe die damalige ärztliche Direktorin des Maßregelvollzugs in Bernburg getroffen, so die Juristin. Sie sei überzeugt, dass die inzwischen verstorbene Frau die fachliche Qualifikation und persönliche Geeignetheit al-Abdulmohsens geprüft habe. Der Mann aus Saudi-Arabien war über eine Agentur an den Job bei der landeseigenen Gesellschaft Salus gekommen. Sein Aufgabengebiet umfasste die psychiatrische Betreuung von Straftätern.
Vor einem Jahr war der damals 50-Jährige mit einem Mietwagen über den Weihnachtsmarkt von Magdeburg gefahren. Sechs Menschen starben, mehr als 300 wurden zum Teil schwerst verletzt. Derzeit läuft am Landgericht Magdeburg der Prozess gegen ihn.