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Gesundheit Studium der Hebammenwissenschaften startet

Die neue akademische Ausbildung für Hebammen beginnt in diesem Wintersemester in Ludwigshafen. Das Studium bringt Veränderungen mit sich und war von den Expertinnen lang ersehnt.

Von dpa Aktualisiert: 18.09.2021, 22:05
Leere Sitzplätze in einem Vorlesungssaal.
Leere Sitzplätze in einem Vorlesungssaal. Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa/Symbolbild

Ludwigshafen - Ludwigshafen ist Vorreiter. An der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen (HWG) fangen Ende September die ersten angehenden Hebammen das Studium der Hebammenwissenschaften an. Seit Januar 2020 schreibt das Hebammengesetz grundsätzlich das duale Hochschulstudium mit dem Abschluss „Bachelor of Science“ für die Hebammenausbildung vor. Die bisherige schulische Ausbildung endet mit der Übergangsfrist 2022.

Der neue duale Bachelorstudiengang in Ludwigshafen soll nach Angaben der Hochschule fachliche Kompetenzen für die Hebammentätigkeit vermitteln und ist mit 46 Plätzen die einzige derartige Ausbildung in Rheinland-Pfalz. Neben dem Studium in Ludwigshafen werden die angehenden Hebammen auch in Praxiseinrichtungen ausgebildet, insbesondere Krankenhäusern und hebammengeleiteten Einrichtungen.

„Dieser Studiengang ist anders als alles vorherige“, sagt Nina Knape, Professorin für Hebammenwissenschaft und Studiengangsleiterin. Ihn zu erschaffen bezeichnet sie als sehr herausfordernd. „Jetzt sind wir für den gesamten Aufbau verantwortlich, auch dafür, dass die Studierenden alles an die Hand bekommen, was sie brauchen, um als Hebamme zu arbeiten.“ Der sogenannte primärqualifizierende Studiengang in Ludwigshafen dauert sieben Semester. Die Studierenden erhalten nach Angaben der Hochschule eine Vergütung von etwa 1300 Euro brutto im Monat.

Bislang konnten Auszubildende in Ludwigshafen einen dualen Studiengang belegen, der die dreijährige Berufsausbildung zur Hebamme mit einem hebammenspezifischen Hochschulstudium kombinierte und ergänzte. Jetzt entsteht an der HWG Ludwigshafen ein 900 Quadratmeter großes „Skills Lab“. Dort sollen die Studierenden nach der Theorie ins praktische Training einsteigen. Nicht nur das Abtasten des Bauchs, Blutdruckmessungen oder vaginale Untersuchungen werden geübt, sondern auch die Kommunikation mit den Frauen und ihren Familien simuliert.

Für die Geburtshilfe sei es sehr wichtig, dass eine Person, die derart viel Verantwortung trage wie eine Hebamme und alleine eine Geburt leite, eine fundierte Ausbildung habe, erklärt Knape. „Sie braucht unter anderem komplexes medizinisches und psychologisches Wissen und sie muss auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft sein.“

Deutschland war das letzte Land in der Europäischen Union, das die Hebammenausbildung akademisiert hat. In manchen anderen Bundesländern wie etwa Niedersachsen hatten die Landesregierungen zügig runde Tische zur koordinierten Umsetzung des neuen Hebammenstudiums gestartet, berichtet Ingrid Mollnar, Vorsitzende des Hebammenlandesverbandes Rheinland-Pfalz.

In Niedersachsen traten Hochschulen, Kliniken, die zuständigen Ministerien und Verbände, wie die der Hebammen, zeitig zusammen und besprachen sich miteinander. „Für Rheinland-Pfalz hätte ich mir diese frühe Unterstützung durch die Landesregierung zum Beispiel in Form einer Steuerungsgruppe ebenfalls gewünscht“, sagt Mollnar. Viele Themen wie die Einbindung von Hebammen in die außerklinische Praxis, hätten hierbei leichter besprochen werden können.

Der Verband fordert schon seit Jahren gut 80 Studienplätze für das Bundesland. Zum einen wegen des nach wie vor akuten Hebammenmangels, zum anderen weil sich die Aufgaben der Geburtshelferinnen geändert hätten und umfangreicher geworden seien. Die Landesregierung sehe mittlerweile die Notwendigkeit zur Erweiterung der Kapazitäten, meint Mollnar, Details seien jedoch noch nicht bekannt. Laut Wissenschaftsministerium ist der weitere Ausbau der Hebammenwissenschaft bereits in Planung und soll in den kommenden Semestern erfolgen.

Auch Jutta Breichler wäre froh darüber, wenn es mehr Studienplätze gäbe, obwohl das für sie bedeutet, keine Hebammen mehr fachschulisch ausbilden zu können. Die Leiterin der Hebammenschule am Diakonissen-Stiftungs-Krankenhaus in Speyer sagt: „Die Entwicklung ist traurig und erfreulich zugleich, schließlich haben wir uns jahrelang für das Studium eingesetzt.“ Das sei vor allem wichtig für die Vergleichbarkeit innerhalb der EU.

Bis zum Ende der Übergangsfrist 2022 freut sich Breichler über die ersten zwölf Studentinnen, die an der HWG Ludwigshafen studieren und in Speyer in der nach eigenen Angaben größten Geburtsklinik in Rheinland-Pfalz den berufspraktischen Teil des Studiums absolvieren. Ihre Kolleginnen von der Hebammenschule haben sie schon kennengelernt. „Uns ist es wichtig, dass alle gut zusammenarbeiten“, erläutert Breichler. Mehrmals im Jahr solle es künftig gemeinsame Fortbildungen oder andere Veranstaltungen geben.